„Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt“? Anhaltender Widerstand gegen Cannabisgesetz
Am 22. März soll der Bundesrat über das Cannabisgesetz (CanG) abstimmen, das eine teilweise und kontrollierte Legalisierung von Anbau, Besitz und Konsum des Betäubungsmittels vorsieht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will auf diese Weise Konsumenten vor Strafverfolgung schützen, die Polizei entlasten und den Schwarzmarkt austrocknen. Ländervertreter bleiben skeptisch – auch Innenminister, die der SPD angehören. Es erscheint als wenig wahrscheinlich, dass Lauterbachs Zeitplan eingehalten werden kann.
Weitere Bedenken aus den Ländern gegen Cannabisgesetz
Bereits vor einigen Wochen hatten sich die Stimmen in den Ländern gemehrt, die eine Anrufung des Vermittlungsausschusses ins Spiel brachten. Damit wäre das anvisierte Inkrafttreten zum 1. April vom Tisch. Die Länder hatten ins Treffen geführt, dass der Zeitplan für die Legalisierung des Konsums zu diesem Datum zu kurz sei. Vor allem die Justiz wäre überfordert, die in der Kürze der Zeit tausende anhängige Verfahren nach der neuen Gesetzeslage ausrichten müsste.
Nun bringen die Länderminister weitere Einwände ins Spiel. Parteiübergreifend melden Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU), Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens und ihr baden-württembergischer CDU-Amtskollege Thomas Strobl Zweifel an Lauterbachs Schwarzmarkt-Prognose an. Dieser hatte im Bundestag in Aussicht gestellt, das Gesetz würde die Aufklärung von Kindern und Jugendlichen stärken und den Schwarzmarkt austrocknen.
Gegenüber „Bild“ äußern die Länderminister nun, dass damit nicht zu rechnen sei. Behrens bezieht sich auf „fachliche Einschätzungen“ und meint, das Gesetz würde in seiner jetzigen Form „gerade nicht dazu führen, dass der Schwarzmarkt eingedämmt wird“. Strobl äußert sich in gleicher Weise. Gerlach spricht gar von einem „Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt“.
Niederlande: Legalisierung des Konsums ohne legale Angebote stärkt Schwarzmarkt
Zumindest kurzfristig könnte sich ein solcher Effekt einstellen – immerhin sieht das Cannabisgesetz in der von Lauterbach eingebrachten Entwurfsfassung vor, dass der Konsum ab 1. April straffrei wird. Der legale Anbau von bis zu drei Pflanzen im privaten Bereich und vor allem die Abgabe in nicht gewerblichen Anbauvereinigungen sollen jedoch erst im September möglich sein.
Wer bis dahin die Möglichkeit zum legalen Konsum nutzen möchte, bleibt deshalb auf die Beschaffung bei illegalen Quellen angewiesen. Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) spricht von einem möglichen „Booster für den Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität“. Er geht von einer steigenden Nachfrage aus, die illegale Händler als einzige Anbieter bedienen.
Erfahrungen aus den Niederlanden und aus US-Staaten mit legalem Cannabis-Konsum bestätigen langfristig keine signifikante Steigerung des Konsums. Es sei maximal in einzelnen Bevölkerungsgruppen zu Verschiebungen gekommen. Allerdings hat die bloße Legalisierung des Konsums ohne gleichzeitige Anpassung der Angebotsstrukturen tatsächlich die organisierte Kriminalität gestärkt.
Der Schwarzmarkt blieb aufrecht, weil die sogenannten Coffee-Shops Cannabis zwar in begrenzten Mengen legal abgeben durften. Sie mussten sich den Stoff allerdings zuvor illegal besorgen. Eine ähnliche Situation würde im Fall eines Inkrafttretens des Lauterbach-Entwurfs für das nächste halbe Jahr auch in Deutschland entstehen. Die Mafia-ähnlichen illegalen Strukturen sattelten derweil auf Herstellung und Vertrieb härterer Drogen um.
Schwarzmarktpreise in Deutschland sind standortabhängig
Dass legales Cannabis nicht zu einem Verschwinden der illegalen Anbieterstrukturen führen wird, davon gehen auch die Innenminister von NRW, Herbert Reul, und Sachsen-Anhalt, Tamara Zieschang, aus. Reul bezweifelt, dass „langjährige, professionelle Akteure des organisierten Betäubungsmittelhandels nach einer Legalisierung von Cannabis ihre Tätigkeiten einstellen“.
Zieschang erwartet, dass illegale Drogen mit einem höheren Wirkstoffgehalt angeboten werden – und mangels Besteuerung würden die Einstiegspreise auch niedrig bleiben. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht auch in der geplanten Freigabe des Besitzes von bis zu 25 Gramm in der Öffentlichkeit eine Chance für illegale Dealer.
Diese, so der Minister, wiesen ein geringeres Verfolgungsrisiko auf, wenn sie täglich mehrere Verkaufsrunden mit jeweils nur 25 Gramm durchführen wollten. Tatsächlich würde der logistische Aufwand dadurch zwar höher. Bei Schwarzmarktpreisen zwischen sechs Euro entlang der niederländischen Grenze bis zu 16 Euro in Rosenheim wäre aber immer noch ein erheblicher Gewinn möglich.
Wendt: „Legalisierung von Cannabis bedeutet sogar mehr Arbeit für die Polizei“
Auch die Erwartung der Befürworter der Cannabis-Freigabe, dass die Polizei entlastet würde, weil sie eine opferlose Straftat nicht mehr ahnden müsste, wird sich möglicherweise nicht erfüllen. Dieser Auffassung ist zumindest Rainer Wendt, der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft.
Er geht von einem zusätzlichen Personalbedarf „im fünfstelligen Bereich“ bei Polizei und Ordnungsämtern aus, um die legalen Abgabestellen zu kontrollieren. Abhängig sei dies davon, wie viele „Anbauvereinigungen“ entstehen würden. Die Bundesregierung geht dabei von 3.000 solcher Vereinigungen aus, die in den kommenden Jahren entstehen würden.
Ähnlich wie Wendt äußert sich auch Thüringens Innenminister Georg Maier. Er erklärte gegenüber „Bild“:
„Tatsächlich können die Durchsetzung von Konsumverboten und Besitzmengenbeschränkungen sowie verkehrspolizeiliche Maßnahmen nicht ohne einen erheblichen Kontrollaufwand gedacht werden.“
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