Kohle-Dinosaurier vor Vattenfalls Konzernzentrale verspottet „Steinzeitmethoden“

Strafzahlung billiger als Abscheider
Titelbild
Nach der Pannenserie in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel zieht es immer mehr Menschen zum Ökostrom. (AP Foto/Daniel Roland)
Von 24. März 2008

Ein fünf Meter hoher und eine Tonne schwerer Urzeit-Koloss aus rostigem Stahl warf am 19. März seinen Schatten auf die Konzernzentrale Vattenfall in Hamburg. Dreißig Umweltaktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace hatten ihn und neben dem Dino noch einen 3 Tonnen-Berg aus Kohlebrocken, zum Protest aufgeschichtet. Auf Transparenten wurde gefordert: „Schluss mit der Dinosauriertechnik. Kein Kohlekraftwerk Moorburg“. Greenpeace fordert mit der Aktion, „endlich massiv in alternative Energiekonzepte zu investieren“ und befürchtet, Kohlekraftwerke in Deutschland könnten das Klimaschutzpaket der Bundesregierung zu großen Teilen boykottieren.

Bis 2020 könnte laut dem Greenpeace-Bericht „Energiekonzept Klimaschutz: Plan B“ der Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamt-energiebedarf verdreifacht werden. Dazu müsste der Staat Offshore-Windparks stärker fördern. Auch der Anteil von Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung könnte bis 2020 verdreifacht werden.

Konzepte für die Energieversorgung der Zukunft liegen auf dem Tisch. „Keiner sollte jetzt noch Zeit vergeuden mit Rückzugsgefechten für Kohle und Atom“, erklärt Energieexperte Karsten Smid. „Vattenfall muss endlich erkennen, dass der Klimaschutz keine überdimensionierten Kohlekraftwerke mehr zulässt. Die Zeiten für Klimakiller sind vorbei.“ Eine realistische Alternative zum Kohlekraftwerk Moorburg sei ein Gaskraftwerk mit einer Leistung von 800 Megawatt und mit effizienter Kraft-Wärme-Kopplung.
Trotz der alternativen Möglichkeiten der Energieerzeugung würde Vattenfall am Projekt des Steinkohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg festhalten und will weitere 3,5 Milliarden Euro in Kohletechnik investieren. Greenpeace liegen Daten vor, dass Energiekonzerne in ganz Deutschland den Bau von 20 Steinkohle- und drei Braunkohlekraftwerken mit einer Kapazität von etwa 21.000 Megawatt planen.

Bemerkenswert, dass Vattenfall-Chef Lars Göran Josefsson Klimaschutzberater der Bundeskanzlerin ist. In Hamburg hatte Vattenfall bereits versucht, eine Volkspetition gegen den Bau des Kohleriesen – initiiert von einem verbände- und parteienübergreifenden Bündnis, u.a. von BUND, NABU, ROBIN WOOD sowie der Hamburger Verbraucherzentrale – mit einer Vorabgenehmigung zu umgehen. Die Petition kam am 19.10.2007 mit circa 12.000 Unterschriften zustande. Der Hamburger Senat einigte sich dennoch mit Vattenfall, woraufhin der Protest groß war. „Wenn der Senat den Klimaschutz wirklich ernst nimmt, muss er Vattenfall für seine klimafeindlichen Ziele die Rote Karte zeigen und das Klimamonster Moorburg verhindern“, so Dirk Seifert, Energiereferent von ROBIN WOOD. „Das Kohlekraftwerk würde zu einer extremen Belastung für die Elbe führen und den Kohlendioxid-Ausstoß der Hansestadt mit einem Schlag um 40 Prozent in die Höhe treiben.“ Zudem würde das Kraftwerk durch die erhöhten Feinstaub-Emissionen die Gesundheit angreifen.
In einer Protestaktion kletterten am 12. März Umweltaktivisten von Robin Wood auf das Portal des Hamburger Rathauses und entfalteten gegen den geplanten Bau des Kohlekraftwerks ein Plakat. Am selben Tag hatten Aktivistinnen und Aktivisten von Robin Wood mit einer spektakulären Aktion erneut gegen den Bau des Kohlekraftwerks in Moorburg protestiert. Mehrere Kletterinnen und Kletterer bestiegen einen Strommast auf der Kraftwerksbaustelle und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift „Kohle macht krank“.

Vattenfall verspricht derweil ein sauberes, modernes Kohlekraftwerk mit einer CO2-Abscheidetechnik, die laut Greenpeace bisher noch nicht einmal im Versuchsstadium funktioniert. Wohin der СО2-Abfall in den Untergrund verpresst werden soll, ist selbst für Experten noch völlig unklar.

Aber darum braucht sich Vattenfall anscheinend nicht zu sorgen. Baut der Konzern die Anlage zur CO2-Abschneidung bis 2015 nicht, droht ihm gerade einmal eine Strafzahlung von 10,5 Millionen Euro. Das Geld müsste über den Zeitraum von drei Jahren in einen Klimafonds eingezahlt werden. Ein Witz, findet Smid, denn: Für einen Konzern wie Vattenfall sind 10,5 Millionen Euro nur Peanuts. Diese Vereinbarung gibt Vattenfall ein klares Signal: Besser Geld in eine Strafzahlung, als in eine extrem teure und völlig unsichere CO2-Abscheidetechnik zu investieren.

„Strömchen wechsel Dich“

Die Umweltorganisationen BUND und Robin Wood raten den Kundinnen und Kunden von Vattenfall, ihre Macht als Verbraucherinnen und Verbraucher zu nutzen und zu einem Öko-Stromanbieter zu wechseln. Nach der Pannenserie in Krümmel und Brunsbüttel vollzogen ohnehin viele Kunden den Wechsel. Es gibt mittlerweile „Ökostrom-Wechsel-Parties“ und Umweltminister Sigmar Gabriel forderte die Verbraucher auf, zu Ökostrom-Anbietern zu wechseln. „Jeder hat natürlich die Möglichkeit, durch den Wechsel zu einem Ökostromanbieter den Atomausstieg selbst zu vollziehen.“ Ökoanbieter, die ausschließlich saubere Energie anbieten, gewinnen immer mehr Kunden, wie zum Beispiel der Hamburger Anbieter Lichtblick, der bereits in fünf Bundesländern vertreten ist. Andere vermeintliche Ökostromanbieter bieten günstige Preise, werben auch u.a. per TV-Werbung für Stromlieferungen die per RECS-Zertifikat, „Renewable Energy Certificate System“, als Ökostrom deklariert sind, aber tatsächlich „schmutzigen“ Strom liefern, wie NABU berichtet.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 13 (26.Mrz. – 1.Apr. 2008)



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