„Können es auch verbocken“: Özdemir warnt Partei vor zu radikalem Wahlprogramm
Cem Özdemir hat Boris Palmer (beide Grüne) kritisiert. Palmer könne mehr als Tübinger OB sein, „wenn er sich im Griff hätte, was seine manchmal wirklich völlig inakzeptablen, auch in der Sprache unmöglichen und unangemessenen Äußerungen auf Facebook angeht“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Palmer mache einen tollen Job als Oberbürgermeister in Tübingen: „Der hält das, was andere nur versprechen. Ich sage das mit einem großen Bedauern, weil da ein großes Talent verschwendet wird“, so der ehemalige Grünen-Chef.
Aber: „Wir reden nun mal über erwachsene Menschen. Ich bin gelernter Sozialpädagoge und Erzieher, da komme auch ich an meine Grenzen.“ Dass Palmer ein noch höheres politisches Amt bekleide, komme aus seiner Sicht darum nicht in Frage.
Ex-Grünen-Chef warnt Partei vor zu radikalem Wahlprogramm
Vor dem Parteitag der Grünen hat der frühere Parteivorsitzende Özdemir vor einem Wahlprogramm mit zu radikalen Forderungen gewarnt. „Wir haben es selber in der Hand, wir können es auch verbocken“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“ (Freitagsausgaben). Die Partei müsse es vermeiden, Wähler zu verschrecken.
Zu den Wahlchancen der Grünen sagte Özdemir: „Wenn wir Grüne den Fehler machen, dass wir in Schönheit sterben wollen und jetzt glauben, dass wir bei dem Wahlprogramm mit Änderungsanträgen überall nochmal einen draufsetzen müssen, bringt uns das dem dringend notwendigen Klimaschutz nicht näher.“ Er warnte vor einem „theoretischen Übersteigerungswettbewerb“.
Die Grünen hätten sehr viel Zuspruch in der Bevölkerung. „Ich rate dazu, nah bei dem zu bleiben, was Annalena Baerbock und Robert Habeck als Regierungsprogramm zur Wahl vorgestellt haben.“
Dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl kommen die Grünen am Freitag zu ihrem Bundesparteitag zusammen. Die Delegierten wollen bei dem Online-Treffen abschließend über das Wahlprogramm entscheiden und die beiden Vorsitzenden Baerbock und Habeck zu Spitzenkandidaten küren. Im Mittelpunkt des ersten Tages steht die Rede von Habeck, Baerbock wird am Samstag sprechen. Baerbock ist zugleich Kanzlerkandidatin ihrer Partei.
Auf dem Parteitag werden Kontroversen beim Klimaschutz erwartet. Es gibt Forderungen, im Wahlprogramm einen höheren CO2-Preis zu verlangen, als es der Entwurf des Bundesvorstandes bislang vorsieht. Die Grünen wollen bei der Bundestagswahl stärkste Kraft werden und damit die Führung der künftigen Bundesregierung übernehmen.
Kampfabstimmung über Wahlalter-Absenkung
Die Grünen stehen bei ihrem Wahlprogramm-Parteitag vor einer Kampfabstimmung über das Wahlalter. Aus einer Übersicht der Grünen Jugend, über die die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ (Mittwochausgaben) berichten, geht hervor, dass sich Nachwuchsorganisation und Antragskommission an diesem Punkt nicht einigen konnten. Der Entwurf des Wahlprogramms sieht vor, das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen von 18 auf 16 Jahren abzusenken.
Die Grüne Jugend will das Wahlalter auf 14 Jahre senken. Grüne-Jugend-Sprecherin Anna Peters sagte dem RND: „Es wäre willkürlich, die Grenze bei 16 Jahren zu ziehen. Mit 14 Jahren ist man religionsmündig und teilweise strafmündig. Dann sollte man auch wählen können.“ Viele junge Menschen hätten in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie bereit sind, politisch Verantwortung zu übernehmen. „Es ist wichtig, für die Generation, die sich so engagiert für den Klimaschutz einsetzt, ein Zeichen zu setzen.“
Abstimmungen wird es auf dem Parteitag der Übersicht zufolge auch über die Forderung der Grünen Jugend nach einer Jobgarantie geben. „Wenn der private Sektor nicht genügend Jobs zur Verfügung stellen kann, dann muss der öffentliche Sektor dies in den Kommunen ausbessern“, fordert die Grüne Jugend. Für die Millionen unfreiwillig Arbeitslosen brauche es „eine Jobgarantie, die gut bezahlte Jobs in der Kommune bereitstellt“. Diese müssten sozialversichert sein und mit einem existenzsichernden Mindestlohn bezahlt werden.
Keine Einigung zwischen Parteivorstand und Nachwuchsorganisation gab es außerdem beim Thema Arbeitslosengeld I. Die Grüne Jugend will nun per Abstimmung auf dem Parteitag durchsetzen, die maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zu verlängern. Die Kosten sollen demnach notfalls steuerfinanziert werden. (afp/dts)
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