Gedenkfest zu NSU-Attentat wegen Sprengstoff-Alarm unterbrochen

Am Rande einer Gedenkfeier zum 20. Jahrestag des NSU-Nagelbombenanschlags kam es in Köln zu einem Großeinsatz der Polizei.
«Birlikte»-Fest (türkisch für Zusammenstehen) in der Keupstraße in Köln. Am 9. Juni 2024 hatten die NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt hier eine Nagelbombe gezündet.
Das Birlikte-Fest (türkisch für Zusammenstehen) in der Keupstraße in Köln. Am 9. Juni 2024 hatten die NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt hier eine Nagelbombe gezündet.Foto: Henning Kaiser/dpa
Epoch Times9. Juni 2024

In der Keupstraße in Köln-Mülheim musste am 9. Juni die Gedenkfeier an den terroristischen Nagelbombenanschlag vor 20 Jahren unterbrochen werden. An der Hauptbühne hatte ein Bombenspürhund angeschlagen. Der Bereich um den Veranstaltungsort wurde weiträumig abgesucht. Gegen 14:30 Uhr gaben die Ermittler jedoch nach einer Überprüfung Entwarnung,

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hätte um 14 Uhr auf der Veranstaltung sprechen sollen. Seine Anfahrt wurde Polizeiangaben zufolge für kurze Zeit unterbrochen.

Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), zu dessen Wahlkreis die Keupstraße gehört, waren vor Ort.

Hintergründe der Gedenkfeier

Das Attentat vom 9. Juni 2004 zählte zur rechtsextrem motivierten Anschlagsserie des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU), zu der zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge gehören.

Die NSU-Rechtsextremisten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zündeten damals in der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe – eine Glasflasche gefüllt mit über fünf Kilogramm Schwarzpulver und etwa 800 Zimmermannsnägeln, jeweils zehn Zentimeter lang. Die Bombe wurde auf dem Gepäckträger eines Fahrrads platziert, das vor einem Friseurladen abgestellt wurde.

Durch die Explosion wurden 22 Menschen verletzt, vier davon schwer. Die Ermittlungen gestalteten sich als schwierig. Die Polizei vermutete die Urheber lange Zeit im Umfeld der Opfer.

„Die Polizei hat uns nicht zugehört“, kritisiert Meral Sahin, Vorsitzende der Interessengemeinschaft Keupstadt.

Böhnhardt und Mundlos wurden 2011 tot gefunden, sie sollen sich durch Suizid einer Verhaftung nach einem missglückten Banküberfall entzogen haben. Die zum NSU-Trio zählende Rechtsextremistin Beate Zschäpe sitzt in Haft.

NRW-Ministerpräsident bittet um Entschuldigung

Am Tag vor der Gedenkveranstaltung bat der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die Betroffenen um Entschuldigung für die Fehler der staatlichen Behörden.

„Der Staat, dessen vorderste Aufgabe es ist, die Menschen zu schützen, muss eingestehen, dass er in der Keupstraße an diesem Anspruch gescheitert ist“, schreibt der CDU-Politiker in einem Gastbeitrag für den „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Er hat die Menschen nicht geschützt. Er hat sie weder vor körperlichen und seelischen Schäden noch vor falschen Verdächtigungen bewahrt.“

„Als Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen bitte ich deshalb alle, denen so lange nicht geglaubt wurde und die fälschlicherweise selbst ins Visier der Ermittlungen gerieten, obwohl sie Opfer waren, um Entschuldigung“, erklärte er weiter.

Wüst beklagte, die Anwohner der Keupstraße hätten „nicht nur den Schock des Anschlags und die Angst um das eigene Leben erfahren müssen, sondern auch Vorverurteilung und Diffamierung“. Teilweise sei sogar gegen die Betroffenen und ihre Angehörigen ermittelt worden. Auch die Gesellschaft und die Medien hätten Fehler gemacht, was die Einführung des „unsäglichen Begriffs der `Dönermorde`“ zeige.

Das „engstirnige Denken in geistigen Schubladen“ sei die Quelle der Fehler gewesen. „Gerade jetzt, wo rechtsradikale Parteien mit Vorurteilen und Ausgrenzung wieder erfolgreich Politik machen, muss die demokratische Mitte gemeinsam gegen ein solches Denken einstehen“, fordert der CDU-Politiker. NRW habe aus Fehlern gelernt. Polizei und Justiz spiegelten „heute selbst die gesellschaftliche Vielfalt unseres Landes stärker wider“. (dts/red/sua)

 



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