Koalitionsvertrag: Ab heute verhandeln 16 Arbeitsgruppen die Details

Union und SPD beginnen am Donnerstag ihre Koalitionsverhandlungen. Am Nachmittag treffen sie sich im Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Zentrale in Berlin. Am Vortag hatten CDU, CSU und SPD die Mitglieder ihrer Verhandlungsteams benannt. In 16 thematischen Arbeitsgruppen sollen sie den Koalitionsvertrag erarbeiten.
Nach der Bundestagswahl am 23. Februar hatten Union und SPD am Samstag ihre Sondierungen für eine schwarz-rote Regierungskoalition abgeschlossen und die Verhandlungen angekündigt.
Was sind die Knackpunkte für die Verhandlungen?
Die Wirtschaft anzukurbeln und die Verteidigungsfähigkeit zu stärken, sind zwei der zentralen Themen.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann warnt: „Wenn Deutschland nicht wächst in den nächsten ein bis zwei Jahren, wenn dieser Koalition nicht klar ist, worum es geht, dass die Wirtschaft wieder läuft: Dann werden wir uns den ganzen Sozialstaat in dieser Form nicht mehr leisten können.“
Woher kommt das Geld?
Union und SPD schlagen ein Finanzpaket vor, es beinhaltet die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur. Es geht um nahezu eine Billion Euro.
Um die nötigen Grundgesetzänderungen mit Zustimmung des alten Bundestages noch durchzusetzen, werden die Grünen gebraucht. Im neuen Bundestag wäre das nur mit der AfD oder der Linken möglich. Bisher stellen sich die Grünen quer.
Kommt bis zur geplanten Abstimmung im Bundestag am 18. März keine Einigung zustande, müsste die Finanzfragen – die Grundlage für die Koalitionsverhandlungen – neu geklärt werden. Das könnte Gespräche weit zurückwerfen.
Einsparungen im Haushalt
Union und SPD haben im Sondierungspapier Einsparungen im Haushalt vereinbart, aber nicht konkretisiert. Die Union dürfte Sparrunden im Sozialetat vorschlagen, dem größten Bereich des Bundeshaushalts. Die SPD lehnt das ab.
Weitere wichtige Themen sind:
- Verteidigung (u.a. Taurus für Ukraine, nuklearer Schutzschirm mit Frankreich, Wehrpflicht)
- Migration (CDU will Asylbewerber an den Grenzen zurückweisen, die SPD hält eine Zustimmung der Nachbarländer für zwingend, Österreich blockiert.)
- Heizungsgesetz (CDU will es rückgängig machen, SPD nicht)
- Steuern (CDU will Freibeträge erhöhen und die Erbschaftssteuer auf Eigenheime senken, die SPD plant eine Vermögenssteuer einzuführen und Unternehmensvermögen beim Erben stärker besteuern.)
- Einsparungen in der Ministerialbürokratie (CDU plant eine Strukturreform und will bis 2029 jede 10. Beamtenstelle streichen, die Bundestagsverwaltung soll um mindestens 10 Prozent verringert werden)
- Klimageld (es soll die Bürger entlasten, wurde aber im Sondierungspapier nicht erwähnt)
- Reform des Bürgergelds (Die CDU fordert schärfere Sanktionen)
- Rentensystem (CDU erklärt, das derzeitige Rentenniveau von 48,1 Prozent gilt nur bei entsprechendem Wirtschaftswachstum, anderenfalls drohen Kürzungen)
- Bahn (Union will Infrastruktur und Transport trennen, SPD lehnt das ab)
- Deutschlandticket (Finanzierung nur noch bis Ende 2025 gesichert)
Was passiert heute?
Heute beginnt die Detailarbeit. In Berlin treffen sich 16 Arbeitsgruppen, um geordnet nach Themenblöcken den Koalitionsvertrag zu verhandeln. Jede Gruppe hat 16 Mitglieder: sieben von der SPD, sechs von der CDU und drei von der CSU. Grundlage ist das Sondierungspapier, in dem sich die Parteispitzen auf elf Seiten auf gemeinsame Ziele verständigt haben.
Die Arbeitsgruppen sollen Lösungen zu deren Umsetzung erarbeiten, auch zur Finanzierbarkeit der Vorhaben. Vereinbart ist absolute Vertraulichkeit, die Medien bleiben außen vor. Eine Steuerungsgruppe aus den Parteispitzen koordiniert die Arbeit.
Wie lange dauern die Verhandlungen?
In zehn Tagen sollen die Arbeitsgruppen Ergebnissen vorlegen. Streitpunkte sollen schnell identifiziert und beigelegt werden. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann begründete diese Eile mit der außen- und sicherheitspolitischen Lage.
Friedrich Merz will bis Ostern zum Kanzler gewählt werden – rund 50 Tage nach der Wahl. Zum Vergleich: 2021 dauerte die Regierungsbildung 73 Tage, 2017 waren es sogar 171 Tage.
Was ist das Ziel?
Am Ende soll ein Koalitionsvertrag vorliegen, der die Grundlage für die Entscheidungen der künftigen Regierung bildet.
Rechtlich bindend ist ein Koalitionsvertrag nicht. Das Vertragswerk soll knapp formuliert sein und sich auf die wichtigsten Punkte konzentrieren.
Wer hat das letzte Wort?
Bei CDU und CSU dürfte die Zustimmung schnell erfolgen. Über den Koalitionsvertrag entscheidet bei der CDU der Bundesausschuss mit rund 160 Mitgliedern, dem die Parteiführung sowie Delegierte aus den Landesverbänden angehören. Bei der CSU entscheiden in der Regel der Vorstand und die Landesgruppe.
Die SPD will ihre Basis per Mitgliederbefragung einbinden. Das könnte etwa zwei Wochen dauern. (dpa/red)
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