Jetzt übernehmen die Parteichefs – Koalitionsverhandlungen in entscheidender Phase

Jetzt sind in den Koalitionsverhandlungen wieder die Chefs am Zug. Nachdem 256 Experten in 16 Arbeitsgruppen nach Kompromissen gesucht haben, müssen sie nun die noch offenen Streitpunkte klären.
Ab morgen sitzen diese vier Parteichefs wieder an einem Tisch, um in den Koalitionsverhandlungen die Hauptstreitpunkte aus dem Weg zu räumen.
Ab morgen sitzen diese vier Parteichefs wieder an einem Tisch, um in den Koalitionsverhandlungen die Hauptstreitpunkte aus dem Weg zu räumen.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times28. März 2025

Knapp fünf Wochen nach der Bundestagswahl gehen die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD in die entscheidende Phase. Nach dem Anfang der Woche erfolgten Abschluss der Beratungen der Facharbeitsgruppen soll ab Freitagnachmittag im Willy-Brandt-Haus der SPD erstmals die Hauptverhandlungsgruppe tagen. Davor gibt es ein Auftaktstatement mit den Parteichefs Friedrich Merz von der CDU, Markus Söder von der CSU sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken von der SPD.

Ziel ist es, die Verhandlungen spätestens bis Ostern in drei Wochen abzuschließen. Das neue Kabinett könnte dann Anfang Mai im Bundestag vereidigt werden. Aber noch ist längst nicht alles in trockenen Tüchern – Themen wie die Wehrpflicht, die Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotoren und die Rente könnten noch wackelig werden.

Das sind einige der Hauptstreitpunkte:

Steuern

Die Arbeitsgruppe für Haushalt und Steuern hat besonders viele strittige Punkte zur Entscheidung in die Spitzengruppe gegeben. Wann zum Beispiel soll die in der Sondierung verabredete Unternehmensteuerreform kommen, die Deutschland als Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähiger machen soll? Die Union will die Körperschaftsteuer ab 2026 senken. Die SPD setzt erstmal nur auf bessere Abschreibungsmodalitäten und will erst 2029 minimal an die Steuer ran.

Bei der Einkommensteuer deutet sich an, dass der Spitzensteuersatz erst bei höheren Einkommen greifen soll. Die SPD will ihn aber gleichzeitig von 42 auf 47 Prozent anheben. Außerdem will sie Kapitaleinkünfte höher besteuern sowie – und das ist wohl der größte Knackpunkt – wieder eine Vermögensteuer einführen. Die Union stellt sich da quer.

Bei der Erbschaftsteuer haben die Parteien ebenfalls völlig unterschiedliche Ansätze: Die Union will Freibeträge für Familienangehörige erhöhen. Die SPD dagegen will Ausnahmen beim Vererben von Betrieben auf den Prüfstand stellen – mit dem Ziel, dass Unternehmenserben mehr Steuern zahlen.

Migration

Die Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen ist ein Hauptstreitpunkt, zu dem in den Sondierungsgesprächen nur ein Formelkompromiss gefunden werden konnte. Danach soll die Zurückweisung „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ möglich sein. Ob das bedeutet, dass Nachbarstaaten nur über dieses Vorgehen informiert werden sollen oder zustimmen müssen, darüber gehen die Meinungen zwischen Union und SPD aber auseinander.

Die Arbeitsgruppe hat auch offen gelassen, ob die nächste Bundesregierung der Forderung der Union nachkommen wird, Asylverfahren außerhalb der EU zu ermöglichen. Auch das Staatsbürgerschaftsrecht wollen die Unions-Unterhändler anders als die SPD verschärfen. Es soll geprüft werden, ob „Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen“, die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden kann, wenn sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.

Rente

Union und SPD haben sich zwar in den Sondierungsgesprächen geeinigt, das Rentenniveau zu sichern – aber nicht auf welcher Höhe. Der Streitpunkt bleibt. Die SPD will das jetzige Niveau von 48 Prozent halten. Das würde absehbar auf höhere Beitragssätze hinauslaufen. Die Union kontert mit einem Sparvorschlag: Für dieses Rentenniveau sollen nicht mehr 45 Beitragsjahre angesetzt werden, sondern 47 Jahre, wie es in einem Arbeitspapier heißt.

Weiterer Knackpunkt ist die auf Wunsch der CSU vereinbarte Ausweitung der Mütterrente. Die SPD will, dass die Kosten von etwa fünf Milliarden Euro im Jahr aus Steuermitteln gedeckt werden und nicht aus der Beitragskasse. Da geht die Union bisher nicht mit.

Autos

In der Wirtschafts-AG gab es auch Dissens über die Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotoren. Hintergrund ist die Entscheidung der EU-Staaten und des Europaparlaments, die ein faktisches Aus für Neuwagen mit Diesel- und Benzinmotoren ab 2035 besiegelt hatten. Die Union lehnt dies bereits seit längerem ab. Im Papier der Arbeitsgruppe fordern CDU und CSU, das Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 müsse rückgängig gemacht werden. Die SPD dagegen steht zum Ziel, EU-weit ab 2035 nur noch Nullemissions-Fahrzeuge zuzulassen.

Im Sondierungspapier kündigten Union und SPD auch an, die Elektromobilität durch einen Kaufanreiz zu fördern – wie ist aber noch unklar. Uneinigkeit gibt es über die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen. Die SPD will die Geschwindigkeit auf Autobahnen auf 130 km/h begrenzen, die Union lehnt das ab.

Wehrpflicht

Die Union will die 2011 nach 55 Jahren beschlossene Aussetzung der Wehrpflicht aufheben, um dem Personalmangel bei der Bundeswehr entgegenzuwirken. Die SPD pocht unverändert auf Freiwilligkeit und will eine gesamtgesellschaftliche Diskussion zur Einführung eines neuen Wehrdienstes.

Finanzen von Ländern und Kommunen

Die SPD pocht darauf, dass der Bund die Hälfte der Altschulden hochverschuldeter Kommunen übernimmt. Die CDU, die in vielen dieser Orte Bürgermeister stellt, würde dem Vernehmen nach wohl mitmachen. Doch die CSU stellt sich quer – wohl auch, weil bayerische Kommunen vergleichsweise gut aufgestellt sind. Dafür will die CSU unbedingt eine Reform des Länderfinanzausgleichs mit dem Ziel, die Belastung für Geberländer wie Bayern zu verringern. Die SPD dagegen findet das aktuelle System angemessen. (dpa/red)



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