Koalitionsausschuss, Teil zwei: Ampel setzt Treffen fort
Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP setzen am Dienstagmorgen ihr unterbrochenes Krisentreffen im Kanzleramt fort. Im Koalitionsausschuss suchen sie Kompromisse in diversen Streitfragen. Dem Vernehmen nach geht es dabei vor allem um die Klimapolitik im Verkehrsbereich und den Bau von Autobahnen.
Die Spitzen der Ampel-Koalition hatten ihre Gespräche über eine Reihe von Streitthemen am Sonntagabend aufgenommen, sie am Montag aber am frühen Nachmittag unterbrochen, weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Minister zu den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Rotterdam reisen mussten. Die Konsultationen in Rotterdam nannte Scholz „eine nette Zwischenzeit, die wir jetzt hier bei unseren Freunden in den Niederlanden haben“. CDU, CSU, AfD und Linke werteten die Unterbrechung als Blamage und Armutszeugnis.
Scharfe Kritik von Union und Linken
Scholz begründete die Verschiebung mit der Komplexität der zu lösenden Aufgaben. Es gehe um die Modernisierung Deutschlands. „Wir wollen sehr klare, konkrete Festlegungen treffen, die es möglich machen, dass wir das notwendige Tempo erreichen“, sagte er in Rotterdam. „Die gemeinsame Überzeugung der Regierung ist, dass die gesetzlichen Regeln, die wir über die letzten Jahrzehnte so allmählich zusammengeschraubt haben, nicht zu der Geschwindigkeit passen, die wir heute benötigen.“ Er verwies auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, der Stromnetze und der Verkehrsinfrastruktur.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja stellte im „Tagesspiegel“ die Regierungsfähigkeit der Ampel in Frage. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der Mediengruppe Bayern: „Aus der Streit-Ampel wird jetzt auch noch die Streik-Ampel, weil es ja an Arbeitsverweigerung grenzt, wenn es nach so vielen Stunden kein einziges Ergebnis gibt.“ Linken-Chefin Janine Wissler bezeichnete das Ampel-Bündnis im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als „Blockadekoalition“.
Klimaschutz im Verkehr als großes Konfliktthema
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert betonte dagegen in der Sendung „RTL Direkt“: „Es ist besser, zwei Tage lang hart um Lösungen in wichtigen Fragen zu ringen, als zwei Jahre lang ohne Lösungen in diesen Bereichen regieren zu müssen. Das könnten wir dem Land nicht zumuten. Die zwei Tage sind, glaube ich, mit viel Augen-Zudrücken schon zumutbar.“
Die Spitzen des Bündnisses wollten im Kanzleramt eine lange Liste von Streitpunkten abarbeiten. Als größtes Konfliktthema deutete sich vorab der Klimaschutz im Verkehr an. Laut Umweltbundesamt stiegen die Treibhausgasemissionen in diesem Bereich zuletzt, anstatt zu sinken, wie es eigentlich nötig wäre. Vor allem die Grünen verlangen von Verkehrsminister Volker Wissing mehr Anstrengung. Dessen FDP lehnt aber nicht nur ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen und eine Reform der Dienstwagenbesteuerung strikt ab.
Auch bei anderen Fragen war der Ton in der Koalition zuletzt rau geworden:
Austausch von Öl- und Gasheizungen
Die Grundidee ist in der Koalition eigentlich längst vereinbart: Ab 2024 sollen möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. De facto bedeutet das ein Aus für konventionelle Öl- und Gasheizungen. Habeck goss das in einen umstrittenen Gesetzentwurf. SPD und FDP betonen beide, Hausbesitzer und Mieter dürften nicht überfordert werden.
Finanzierung der Kindergrundsicherung
Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln. Umstritten ist, was alles dazugehören soll. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen. Sie hat deshalb einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet. Lindner hält Aufstocken nicht für zwingend, weil die Koalition gerade das Kindergeld angehoben habe.
Unterschiedliche Haltung beim Geldausgeben
FDP-Politiker mahnten vor dem Koalitionsausschuss wiederholt Disziplin bei den Finanzen an – vor allem mit Blick auf den ausstehenden Bundeshaushalt für 2024. „Alle Koalitionsparteien müssen die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Allerdings hätten die drei Parteien kein gemeinsames Grundverständnis in dieser Frage. (dpa/dl)
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