Koalitions-Streit über Heizkosten: Mietern drohen Mehrkosten durch CO2-Aufschlag
Der Heizkostenaufschlag durch den neuen CO2-Preis für Mieter ist umstritten. In der Unionsfraktion gibt es erheblichen Widerstand gegen einen in der Regierung erzielten Kompromiss einer hälftigen Aufteilung zwischen Mietern und Vermietern.
Sollen die Vermieter für das zahlen, was die Mieter verbrauchen?
Die Bundesregierung hatte sich in ihrem „Klimapakt“ Mitte Mai auf den Kompromiss geeinigt, dass die Kosten des CO2-Preises zu 50 Prozent von Mietern und Vermietern getragen werden. Der CO2-Preis in Höhe von aktuell 25 Euro pro Tonne CO2 verteuert seit Jahresbeginn fossile Energieträger, der Preis steigt in den kommenden Jahren schrittweise. Nach der bisher geltenden Regelung können Vermieter die Zusatzkosten gänzlich auf Mieter umlegen.
In der Unionsfraktion gibt es Widerstand gegen die Regelung. „Die hälftige Umwälzung der CO2-Verbrauchskosten auf die Vermieter stellt einen fundamentalen Bruch des Verursacherprinzips dar“, sagte etwa der Sprecher der Unionsfraktion für Recht und Verbraucherschutz, Jan-Marco Luczak.
Vermieter haben auf das Verbrauchsverhalten von Mietern keinerlei Einfluss, sie sollen aber dennoch dafür zahlen.“
SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz zeigte sich am Mittwoch „sehr empört darüber, dass eine Lobby meinen Koalitionspartner fest im Griff hat“. Sie verhindere, dass die höheren Heizkosten-Preise nicht auf die Mieterinnen und Mieter durchschlagen. Kritik kam auch von Grünen und der Linken, sie werfen der Union vor, vor der Immobilien-Lobby einzuknicken.
Die Aussagen verhinderten, dass die hälftige Aufteilung am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde. Ein Entwurf sah vor, dass die Regelungen ab Anfang 2022 und bis 2025 gelten sollten – wobei nicht nur die Dauer als noch umstritten galt.
In den zuständigen Ministerien ist hinter den Kulissen die Skepsis groß, dass es zu der Frage vor der Bundestagswahl im September noch zu einer Lösung kommt. Es solle aber weiter verhandelt werden, machte der Sprecher von Bauminister Horst Seehofer (CSU) klar. Der Minister stehe weiter zum 50:50-Modell.
Haus & Grund: „Billigster Wahlkampf“
Der Deutsche Mieterbund warf der Unionsfraktion eine „Klientelpolitik zu Lasten von Mieter- und Klimaschutz“ vor. Nur wenn Vermieter die Kosten für klimaschädliches CO2 tragen müssten, würden sie auch angehalten, in klimafreundliche Heizungsanlagen zu investieren, kommentierte Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz.
Ganz anders sieht das der Eigentümerverband Haus & Grund. Die SPD habe gemeinsam mit der Union die CO2-Bepreisung in Gebäuden beschlossen. „Es ist billigster Wahlkampf, wenn die SPD jetzt die eigene Klientel auf Kosten der Vermieter von dieser Belastung teilweise ausnehmen will“, sagte Präsident Kai Warnecke der „Rheinischen Post“.
Zusätzliche Kosten für Alleinstehende bei unter 50 Euro
Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge müsste eine Familie mit einem Kind im Jahr 86,60 Euro mehr für Heizkosten ausgeben. Alleinstehende würden demnach mit 48,10 Euro jährlich belastet. Ähnlich sieht es das Vergleichsportal Check24; hier wird für das Jahr 2021 mit Mehrkosten von 87,83 Euro bei Familien in einer Mietwohnung gerechnet und mit 39,41 Euro für Singles.
Laut dem vom Bundesumweltministerium geförderten Online-Portal „Heizspiegel“ liegen die mittleren Heizkosten einer mit Öl geheizten, 70 Quadratmeter großen Wohnung bei 855 Euro im Jahr. Dies entspräche 3,46 Tonnen CO2 und damit ebenfalls rund 87 Euro an Mehrkosten. Wie Steffen Suttner von Check24 erläutert, liegen die Mehrkosten einer Gasheizung leicht niedriger.
Mieterbund beklagt „Hin und Her“
Nach der geplatzten Vermieter-Beteiligung am CO2-Preis erhebt der Deutsche Mieterbund Vorwürfe gegen die Union. Die Unionsfraktion wolle noch nicht einmal den Kompromiss einer Kostenteilung mittragen, obwohl die eigenen Minister dafür seien, sagte Verbandspräsident Lukas Siebenkotten dem „Handelsblatt“. Wenn das so bleibe, müssten die Mieter die Rechnung für dieses „politische Hin und Her“ bezahlen.
Siebenkotten erklärt: „Ich kann die Argumentation der Unionsfraktion überhaupt nicht nachvollziehen.“ Unter dem Gesichtspunkt der klimapolitischen Lenkungswirkung ergebe es keinen Sinn, den CO2-Preis auf die Mieter umzulegen. „Wenn wir wollen, dass der energetisch veraltete Gebäudebestand saniert wird, dann sollten die CO2-Kosten eigentlich vollständig von den Vermietern getragen werden“, so Siebenkotten. Denn nur sie entschieden über die Art der Beheizung.
Ähnlich äußerte sich der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD). „Eine Aufteilung der CO2-Kosten zwischen dem Mieter und demjenigen, der den Sanierungszustand einer Wohnung verantwortet, also dem Vermieter, sorgt für einen gerechten Interessensausgleich zwischen beiden Seiten“, sagte Jost der Zeitung.
„Zudem sollte nicht vergessen werden, wie stark Vermieter von einer sozial und ökologisch ausgewogenen Politik profitieren: etwa durch staatliche Fördermittel für energetische Gebäudesanierungen.“ Aber auch viele andere staatliche Maßnahmen wie Wohngeldzuschüsse in wirtschaftlichen Krisenzeiten kämen letztendlich den Vermietern zugute. „Es ist also an beide Seiten gedacht.“ (dpa/dts)
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