Klinikleiter kritisiert „Gleichmacherei“ bei Corona-Maßnahmen und Impf-Ideologie der Regierung
Professor Dr. Harald Matthes leitet seit 1995 die Abteilung für Gastroenterologie am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, das seit 1997 als akademisches Lehrkrankenhaus der Charité zählt. In einem Interview mit dem „Info3-Verlag“ sprach er über die Corona-Politik.
Medizin ist eine Wissenschaft, bei der man Erfahrungen zugrunde legt. Gerade in der Intensivmedizin konnten die Ärzte in den vergangenen Monaten viel lernen, auch über schwere COVID-19-Verläufe. Allerdings wurden die politischen Maßnahmen den Erkenntnissen nicht angepasst und die Risiken bis heute nicht differenziert, kritisiert Matthes.
Am Anfang der Pandemie sei es das Ziel gewesen, eine Überlastung der Intensivkapazitäten zu verhindern, so der Professor. Diese Befürchtung habe sich mittlerweile als unbegründet herausgestellt. So ließen sich die pauschalen Corona-Maßnahmen nicht mehr rechtfertigen.
Von vornherein hatten wir also relativ niedrige Sterblichkeitszahlen, aber durchaus ernsthafte Krankheitsverläufe.“
Dass die Maßnahmen für alle gleich gelten sollten, stört den Mediziner besonders. Es gebe sogar Forderungen, dass alle Maßnahmen bundeseinheitlich sein müssten, „was ja in Richtung Gleichmacherei geht“.
Wenn ich zum Beispiel weiß, dass Kinder unter neun Jahren so gut wie nie einen schweren Verlauf haben und dass es auch keinen Beleg dafür gibt, dass sie ihre Lehrer anstecken – dann muss ich für diese Altersgruppe nicht die gleichen Maßnahmen ergreifen, als wenn ich im Altenheim einen Covid-19-Ausbruch verhindern will.“
Als weiteres Beispiel für verfehlte Maßnahmen nennt er die lokale Präventionsambulanz in seiner Stadt. Dort würden Corona-Abstriche bei Lehrern gemacht, nicht aber bei aus dem Urlaub kommendem Pflegepersonal aus Altenheimen.
Das ist unverantwortlich, wie hier populistisch nach medialer Lautstärke vorgegangen wurde.“
Die Mediziner sollten zu Wort kommen
Es sei zudem „völlig unverständlich“, warum Virologen die wesentlichen politischen Maßgaben bestimmen, obwohl die klinische Einschätzung, nämlich wie viele Menschen tatsächlich erkranken, viel entscheidender sei.
Anfangs habe es eine hohe Dunkelziffer von Infektionen gegen, wovon 80 Prozent davon symptomlos verliefen. „Nun haben wir viele dieser früher Symptomlosen aus der Dunkelziffer als positiv Getestete.“ Aber nur 15 Prozent der Infizierten bekämen Symptome und nur fünf Prozent erkranken schwer. Also gebe es gegenwärtig überhaupt keinen Anlass zu großer Besorgnis.
Die jetzt angeordneten Maßnahmen sind sicher für fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung sinnvoll und notwendig, aber sie werden auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt.“
„Und gerade was die wirtschaftlichen Folgen angeht, meine ich, dass wir weit mehr Schaden anrichten, als infektionspräventiv nötig ist“, gibt Matthes zu Bedenken.
Kritik an Aufruf zur Grippeimpfung
Zu der Aufforderung des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, Johannes Hübner, Kinder gegen Grippe zu impfen, verweist Matthes auf ein „gutes Papier“ der Gesellschaft für evidenzbasierte Medizin, die zu anderen Schlüssen kommt.
Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass, wenn wir gegen Influenza impfen, wir damit etwas Gutes tun gegen Corona“, betont Matthes.
Ihm fehle in diesem Zusammenhang eine Diskussion über die Möglichkeit einer Herdenimmunität bei jungen Menschen. Aber das sei kein politisches oder öffentliches Thema mehr. Die Gesellschaft für evidenzbasierte Medizin zeige sehr deutlich in ihrer aktuellen Stellungnahme auf, dass die Pandemiebekämpfung sich an vielen Stellen von wissenschaftlichen Grundsätzen und damit evidenzbasierter Medizin entfernt habe und „dass wir vielfach in ein politisierendes Fahrwasser gekommen sind“, sagte Matthes.
Auch die Strategie der Regierung, dass die Pandemie erst zu Ende sein wird, wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht, hält der Mediziner für „Ideologie“:
Diese Strategie hat keinerlei wissenschaftlichen Hintergrund… Auch die Influenza kann man ja nicht mit einer Impfung ausrotten.“
Rückblick: Forderung nach Impfstoff im Bundestag
Bereits in der aktuellen Stunde im Bundestag vom 12. Februar – damals gab es in Deutschland 16 Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten – wurden die Rufe nach einem Impfstoff laut.
Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung sagte: „Wir wollen konsequent einen Impfstoff entwickeln, um den Menschen eine zuverlässige Prävention anbieten zu können.“ Man brauche auch Medikamente und andere therapeutische Verfahren, um den bereits Infizierten helfen zu können sowie „verlässliche Instrumente, um einen Ausbruchsverlauf sicherer vorhersagen zu können“.
Rachel verwies darauf, dass das weltweit erste etablierte diagnostische Verfahren für SARS-CoV-2 an der Charité von Professor Christian Drosten entwickelt wurde. Dieser leite einen Forschungsverbund zur Risikobewertung von Coronaviren, was der Diagnostikentwicklung zugutegekommen sei.
Gleichzeitig betonte Rachel, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung Gründungsmitglied und Mitglied im „Steuerungsgremium“ von CEPI, der internationalen Initiative zur Impfstoffentwicklung, sei, das vom Ministerium jährlich mit rund 90 Millionen Euro gefördert werde.
„In ganz enger Abstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation will CEPI einen ersten Impfstoff binnen 16 Wochen in eine klinische Prüfung bringen“, betonte Rachel am 12. Februar und fügte hinzu: „Ein Impfstoff schützt gesunde Menschen vor einer Ansteckung, hilft aber nicht unmittelbar bei der Behandlung von schon Erkrankten.“
Deshalb sei es umso wichtiger, dass die Entwicklung von neuen Medikamenten und anderen Therapieverfahren und epidemiologischen Studien vorangetrieben werde. Diesbezüglich führe man bereits Gespräche mit verschiedenen internationalen Förderorganisationen, darunter auch der Bill & Melinda Gates Foundation.
Leipziger Kinderarzt kritisiert Impf-Strategie
In einem Interview mit der Epoch Times erklärte der Leipziger Kinderarzt Dr. André Braun angesprochen auf die Aussage der Bundesregierung, dass die Pandemie erst zu Ende ist, wenn ein Impfstoff vorliegt: „Mein persönlicher Confirmation Bias schlägt da zu. Wenn man aufhört zu testen, hört die Pandemie auch auf.“ Zudem würden schon bestehende Antikörper Antigene des Virus abfangen und die Impfung ineffektiv machen.
In staatlichen als auch in alternativen Medien werde kaum eine Virus-Evolution diskutiert, kritisiert der Mediziner. Coronaviren haben es aus evolutionärer Sicht geschafft; sie können sich in mehreren Spezies nahezu symptomarm vermehren. „Wahrscheinlich hat die Menschheit schon vor der Existenz von pharmazeutischen Unternehmen Coronaviren in ihrer Umwelt gehabt“, wirft Braun ein.
Jeder Atemzug bedeute Erregerkontakt. „Das regelt das angeborene Immunsystem, nicht jeder wird durch Atmen krank“, sagt Braun. „Man braucht etwa 500 bis 1500 Seiten eines Immunologie-Buches, um das Immunsystem zu verstehen.“ Eine Metapher kann zum Verständnis beitragen: „Das Immunsystem ist mehr ein Orchester als eine einzelne Geige (Antikörper).“
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