Klinikdirektor: Alle Verletzten „über den Berg“ – Anschlag befeuert Messerverbot-Debatte
Nach dem Messeranschlag in Solingen sind nach Klinikangaben alle Verletzten außer Lebensgefahr. „Alle vier noch stationär behandelten Patienten sind über den Berg“, sagte der ärztliche Direktor des Städtischen Klinikums Solingen, Thomas Standl, am Sonntag im TV-Sender „Welt“.
„Ich komme gerade von der Visite auf der operativen Intensivstation, wo zwei Patienten – einer davon auch bis vor kurzem – noch beatmet wurde“, sagte Standl. Auch dieser Patient werde inzwischen nicht mehr beatmet.
Bei dem Angriff am Freitagabend in der Solinger Innenstadt wurden drei Menschen getötet und acht weitere verletzt. Nach Angaben der Polizei vom Samstag waren die Verletzungen bei vier Opfern zunächst lebensgefährlich, bei zwei weiteren schwer und bei zwei Betroffenen leicht.
Ein 26-jähriger Verdächtiger stellte sich am Samstagabend selbst der Polizei und wurde festgenommen. Es steht der Verdacht eines terroristischen Anschlags im Raum. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernahm die Ermittlungen.
Kriminalisten mahnen zur Unterscheidung: Affekt oder gezielte Angriff?
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter will eine differenzierte Debatte über die Bekämpfung von Messergewalt, die zwischen gezielten Angriffen und Taten im Affekt unterscheidet.
„Wir müssen die Debatte über die zunehmende Messergewalt von der Debatte über die Tat in Solingen trennen“, sagte der Bundesvorsitzende Dirk Peglow dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.
„Der Täter hätte sich von Messerverbotszonen und von einem generellen Messerverbot nicht aufhalten lassen. Er hat den bisherigen Erkenntnissen zufolge gewusst, was er tut.“
Der Großteil von Vorfällen von Messergewalt in Deutschland finde dagegen im Affekt statt, weil Auseinandersetzungen eskalierten.
Grundsätzlich gebe es eine Zunahme von Messergewalt, sagte Peglow weiter und forderte mit Blick auf Taten im Affekt mehr Aufklärungsarbeit: „Wir haben eine ganze Reihe von Menschen unter uns, die Messer mit sich führen, um sich männlicher zu fühlen oder auch, um sich zu verteidigen. Da müssen wir vor allem bei jungen Menschen Aufklärungsarbeit leisten über die große Verletzungsgefahr, die von Messern ausgeht.“
Zudem pochte Peglow auf „Messerverbotszonen“, in denen die Polizisten gezielt nach Messern suchen dürfe. „Außerdem müssen wir eine Debatte führen über ein generelles Messerverbot im öffentlichen Raum, das dann auch Ausnahmeregelungen beinhaltet, zum Beispiel für Handwerker und andere Berufsgruppen.“
Messerverbot-Debatte
Der Messeranschlag im nordrhein-westfälischen Solingen mit drei Toten befeuert die ohnehin laufende Debatte um Messerverbote im öffentlichen Raum. Die Unionsfraktion im Bundestag forderte „anlassunabhängige Messerkontrollen“ durch die Polizei, wie deren Parlamentsgeschäftsführer Torsten Frei (CDU) der „Rheinischen Post“ vom Montag sagte. Die Bundesregierung müsse in der Sache handeln.
„Die Bundesinnenministerin und der Bundesjustizminister müssen nun endlich ein tragfähiges Konzept vorlegen, wie sie die ansteigende Messergewalt bei jungen Männern effektiv bekämpfen wollen“, sagte Frei der Zeitung.
Seinen Angaben nach könnten zu einem entsprechenden Paket etwa Messerverbotszonen und eine Verschärfung des Waffenrechts gehören. Auch eine Erweiterung der Befugnisse der Polizei etwa für anlasslose Messerkontrollen, gehöre dazu.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte einen Fokus auf die Täter. Um bei dem Thema Messergewalt weiterzukommen, reiche es seiner Meinung nicht aus, sich nur mit dem Tatmittel zu beschäftigen, sagte er am Samstagabend in den ARD-„Tagesthemen“.
„Wir müssen uns viel mehr mit den Tätern beschäftigen und fragen: Wer ist warum mit diesem Messer unterwegs?“ In seinem Bundesland werde schon seit geraumer Zeit versucht, die Taten genauer zu analysieren, um von „pauschalen Debatten“ wegzukommen. (dts/afp/red)
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