Klimaschutzlücken: Umweltschützer verklagen Bundesregierung

Deutschland hinkt bei der Erreichung seiner Klimaziele hinterher. Die Umweltschutzorganisation BUND will die Ampel-Koalition jetzt gerichtlich zu wirksamen Maßnahmen verpflichten.
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Um Klimaschutzziele zu erreichen, sollten nach Ansicht des BUND keine Autobahnen mehr gebaut werden.Foto: iStock/ Baustelle
Von 25. Januar 2023

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Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verklagt die Bundesregierung wegen Verfehlung der Klimaziele in den Bereichen Verkehr und Gebäude. Das berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Entsprechende Informationen lagen auch der „Deutschen Presse-Agentur“ (DPA) vor. Der BUND verlangt in seiner beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereichten Klage den Beschluss von Sofortprogrammen, wie sie das Klimaschutzgesetz vorsieht.

Schutzprogramm lässt auf sich warten

Deutschland hatte sein Ziel, bis 2020 insgesamt 40 Prozent an Treibhausgasen einzusparen, im Vergleich zu 1990 nicht erreicht. Auch 2021 war das nicht der Fall. Nach vorläufigen Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende ist dies 2022 ebenfalls nicht gelungen.

Insbesondere in den Bereichen Verkehr und Gebäude klafft eine Lücke, worauf schon der Expertenrat der Bundesregierung hingewiesen hatte. Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, das dies adressieren soll, steht immer noch aus.

Regierung ignoriert eigene Ziele

„Wir können nicht weiter zusehen, wie Teile der Bundesregierung die eigenen Klimaschutzziele ignorieren und wirksame Maßnahmen bei Verkehr und Gebäuden verweigern“, erklärte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.

Dabei geht er mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hart ins Gericht: „Scholz, Wissing, Geywitz und Habeck schaffen es nicht, das Land auf Klima-Kurs zu bringen und brechen damit das deutsche Klimaschutzgesetz“, sagt Bandt.

„Es braucht jetzt die politische Entscheidung, wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz zu schaffen. Wenn die Regierung von Olaf Scholz dazu politisch nicht fähig oder willens ist, muss sie gerichtlich dazu verpflichtet werden.“

Steuervorteile für Kraftstoffe abschaffen

Die jetzt eingereichte Klage nenne bewusst keine Maßnahmen für die beiden Sektoren Verkehr und Gebäude. „Denn ein Gericht wird der Politik keine Maßnahmen vorschreiben wollen. Maßnahmen, mit denen die Politik wirksame Sofortprogramme aufstellen könnte, gibt es aber und sind bekannt“, führt der Vorsitzende weiter aus.

Der BUND schlägt daher zentrale Maßnahmen für die beiden Bereiche vor. Beim Verkehrssektor sollten das Dienstwagenprivileg und Steuervorteile für Dieselkraftstoff und Kerosin abgeschafft werden. Außerdem fordert der BUND eine Reform der Kfz-Steuer mit zusätzlichem Bonus-Malus-System beim Kauf. Des Weiteren schweben den Naturschützern ein Stopp des Autobahnbaus und die Einführung einer PKW-Maut sowie eines Tempolimits vor. Mehr Geld soll der Staat für den Ausbau von öffentlichem Verkehr und Radverkehr ausgeben.

25 Milliarden Euro jährlich für Sanierungen

Tief in die Tasche soll der Staat beim Gebäudesektor greifen. 25 Milliarden Euro Fördermittel sollen nach den Vorstellungen des BUND jährlich in „klimazielkompatible energetische Sanierungen“ fließen. Hinzu kommt der Ruf nach flächendeckenden Sanierungsfahrplänen und Vorgaben für die energetische Modernisierung.

Dabei sollen Gebäude mit der schlechtesten Effizienz den Vorzug bekommen. Streichen lassen will der BUND alle Ausnahmen für bestehende Nachrüstpflichten und fordert gleichzeitig eine Anhebung der Anforderungen.

Bundesregierung bereits 2021 durchgefallen

Der Expertenrat für Klimafragen hatte die Bundesregierung bereits 2021 beim Gebäudeklimaschutz durchfallen lassen. Das vorgelegte Sofortprogramm 2020 für den Gebäudesektor aus dem Bundesinnen- und Wirtschaftsministerium reiche nicht, um die Verfehlung der Klimaziele innerhalb der nächsten Jahre auszugleichen, schrieb seinerzeit unter anderem die Deutsche Umwelthilfe.

„Der Gebäudesektor liegt klimapolitisch brach. Das vorgelegte Sofortprogramm ist ein Armutszeugnis und absolut ungenügend“, kritisiert Barbara Metz, stellvertretende Vorsitzende der Umwelthilfe, die Merkel-Regierung.

Für 2030 anvisierte Klimaziele unerreichbar

Im vergangenen Jahr schloss das Gremium das Erreichen der für 2030 anvisierten Klimaziele aus. „Die bisherigen Emissions-Reduktionsraten reichen bei Weitem nicht aus, um die Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen – weder in der Summe noch in den einzelnen Sektoren“, stellt Ratsmitglied Thomas Heimer fest und führt aus: „Die jährlich erzielte Minderungsmenge müsste sich im Vergleich zur historischen Entwicklung der letzten zehn Jahre mehr als verdoppeln. Im Industriesektor wäre etwa eine zehnfache und bei Verkehr sogar eine 14-fache Erhöhung der durchschnittlichen Minderungsmenge pro Jahr notwendig.“ 

Ausbautempo für alternative Energiequellen zu langsam

Das bisherige Ausbautempo bei Solar- und Windenergieanlagen, Wärmepumpen oder der Elektromobilität wird laut dem Zweijahresgutachten bei Weitem nicht ausreichen, um die jeweils anvisierten Ausbauziele der Regierung zu erreichen.

Zudem wird deutlich, dass in gleichem Maße der Abbau des fossilen Kapitalstocks im Gebäude- oder Verkehrssektor, beispielsweise von Öl- und Gasheizungen oder des fossilen Pkw-Bestands notwendig wäre, um die Klimaziele auf diesem Wege zu erreichen.

„Gelingt es nicht, die Trendwende hin zu einem schnellen Umbau des Kapitalstocks zu realisieren, wird ein Erreichen der Klimaziele nur möglich sein, wenn weitere Hebel, wie die Aktivitätsentwicklung in Verbindung mit einer entsprechenden Änderung des Konsumverhaltens, ebenfalls stärker adressiert werden“, so die stellvertretende Vorsitzende Brigitte Knopf. 



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