Kerntechnik-Verband fordert Krisenvorbereitung: „Atomstrom länger verfügbar“
Der Ukraine-Krieg bringt die Energiefrage auf ein neues Niveau. War das Ende der Kernenergie und der fossilen Brennstoffe zuvor nur noch eine Frage vereinbarter Ausstiegsszenarien, sind seit dem 24. Februar 2022 derartige Pläne neu zu bedenken. Durch die geforderte Energie-Unabhängigkeit von Russland öffnet sich eine bedrohliche Versorgungslücke, hauptsächlich bei Erdgas, aber auch bei Erdöl. Damit verbunden ist die Stromversorgung für Industrie und Haushalte in Deutschland.
Die grünen Ministerien für Umwelt (Steffi Lemke) und Wirtschaft (Robert Habeck) sehen nichtsdestotrotz keinen Sinn im Weiterbetrieb deutscher Kernkraftwerke. Dies könnte nur einen „sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten“. Die wirtschaftlichen Kosten wären sehr hoch und es gebe verfassungsrechtliche und sicherheitstechnische Risiken, wurde in einem gemeinsamen Prüfpapier am 4. März der beiden Ministerien am 8. März mitgeteilt.
Anderer Meinung ist der Verband Kerntechnik Deutschland, der einige Tage zuvor erklärt hatte, die letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland auch über den 31. Dezember 2022 hinaus weiterbetreiben zu können: „Die kerntechnische Wirtschaft – Betreiber, Industrie, Dienstleister – ist bereit, den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in Deutschland zu unterstützen und die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.“ Doch mit dem Papier der grünen Ministerien nahm man am selben Tag noch im Verband zur Kenntnis: Die „Bundesregierung schlägt möglichen Beitrag der Kernenergie zur aktuellen Energiesicherheit leider aus“.
In der Not alle Energiequellen nutzen
Am 23. März 2022 schrieb der Geschäftsführer des Branchenverbandes Kerntechnik Deutschland e.V. (KernD), Dr. Thomas Behringer, einen offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. Darin appellierte Behringer im Namen des Verbandes eindringlich, die aktuelle Regierungsposition zur Kernenergienutzung zu überdenken. Angesichts der „potentiell gefährlichen Lage bei der Energieversorgung unseres Landes“ müsse man sofort alle Schritte einleiten, „um sich für eine Notsituation vorzubereiten“.
Laut Behringer müssten alle verfügbaren Energiequellen genutzt werden, um gegen mögliche Lücken in der Stromversorgung gewappnet zu sein. Der KernD-Geschäftsführer warnt vor einer möglichen weiter „eskalierenden Situation als Folge des Krieges um die Ukraine“. Die befürchteten Stromengpässe sieht Behringer dabei durchaus noch in diesem Jahr kommen, „ungünstigstenfalls im kommenden Winter 2022/2023“.
KKWs technisch weiter betreibbar
Die deutschen Kernkraftwerke seien rund um die Uhr verfügbar, klimaschonend und könnten das Stromnetzt nicht nur im Notfall stabilisieren, sondern „mit ihrer Erzeugung einen nicht unerheblichen Teil des Grundlastbedarfs decken“, so Behringer. Ein Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke könnte demnach durch sparsamen Betrieb bis ins nächste Frühjahr „problemlos“ ausgedehnt und bei Bedarf durch Nachladung neuer Brennelemente noch weitere Jahre betrieben werden.
Grüne Ministerien mit „Katalog von Hinderungsgründen“
Behringer nannte diese Möglichkeiten auch in Hinsicht der erhofften Reduktion der Abhängigkeit von importierten fossilen Energieträgern. Während die angeratenen Maßnahmen kurzfristig umgesetzt werden könnten, sehe das mit „derzeit angedachten neuen Flüssiggasterminals oder auch Zubauten an Erneuerbaren Energien mit damit verbundenem Netzausbau“ anders aus.
Dann ging der Verbands-CEO auf die Veröffentlichung vom 4. März aus der Bundesregierung ein, in der der Öffentlichkeit ein „Katalog von Hinderungsgründen“ vorgelegt worden sei. Dieser sei aus Sicht des Kernkraft-Verbandes „vielfach fachlich nichtzutreffend“ und werde vor allem der derzeit kritischen Lage nicht gerecht.
Daraufhin habe man den Prüfvermerk der Regierung eingehend kommentiert und dies veröffentlicht.
Sichere Energieversorgung für den Klimaschutz
Derzeit sei die Hoffnung auf möglichst baldige Beendigung des Ukraine-Konfliktes „nicht mehr als ein Wunsch“, so Behringer. Kurzfristig sei auch nicht die Reduzierung des Gasverbrauchs und der Gasimporte zu realisieren. Solche Klimaschutz-Maßnahmen müssten unbedingt von einer „sicheren und verlässlichen Energieversorgung flankiert sein“, rät der Kernstrom-Experte.
Von Bundeskanzler Olaf Scholz erhoffen sich nun Behringer und der Verband eine „Grundsatzentscheidung für einen Weiterbetrieb von Kernkraftwerken zur Energiesicherung“ – auch, um die erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig ergreifen zu können.
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