Kernkraft, Rente und die „wichtigste Wählergruppe“: Merz stellt Pläne für Unionsregierung vor
Elf Monate vor der Bundestagswahl hat Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) einige Kernvorhaben für den Fall einer Regierungsübernahme vorgestellt. Als Bundeskanzler wolle er Anreize zum früheren Renteneintritt abschaffen, die Zahl von Bürgergeldempfängern senken und einen sofortigen Einstellungsstopp für den öffentlichen Dienst verhängen, sagte Merz am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Halle. Als „wichtigste Wählergruppe“ wolle die Union die Arbeitnehmer umwerben.
Merz stimmt Parteinachwuchs auf Wahlkampf ein – und wird bejubelt
Auf den Tag genau sei er seit 1.000 Tagen Parteichef, sagte Merz. Die Union sei in den 75 Jahren seit Bestehen des Grundgesetzes nur dreimal Opposition gewesen. „Einmal 13 Jahre, einmal sieben Jahre und jetzt sind es drei. Dreieinhalb wäre gut.“ Er ergänzte unter dem Jubel der JU: „Wir sind fest entschlossen, diese Zeit hinter uns zu lassen in der Opposition und wieder Regierungsverantwortung für Deutschland zu übernehmen.“
Der Parteinachwuchs hatte den Oppositionsführer schon vor seiner Rede minutenlang gefeiert. Auf der riesigen Leinwand hinter ihm wurde in voller Breite ein Schriftzug mit dem in weiß gehaltenen Wort „Kanzler“ auf schwarz-rot-goldener Deutschlandfahne gezeigt. Nach der Rede holte Merz zahlreiche JUler auf die Bühne, die neben „Kanzler“-Plakaten weiß-blaue Schilder mit der Aufschrift „Merz 2025“ in die Höhe hielten.
Vor der Rede des Kanzlerkandidaten hatte die Unions-Nachwuchsorganisation ihren Vorsitzenden Johannes Winkel für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt. Der 32-jährige Jurist bekam rund 90 Prozent der Stimmen.
Merz wirbt für Kurswechsel
Merz kündigte an, die Migrationspolitik zum Wahlkampfthema zu machen, sollte die „Ampel“ die Zahl der Zuwandernden nicht deutlich senken können. Die Union werde dies aber nicht „mit ausländerfeindlichen Untertönen“ tun und sich klar von der in Teilen rechtsextremen AfD abgrenzen.
Die Union ist laut Umfragen derzeit mit Abstand stärkste Kraft – sie wird aber aller Voraussicht nach für die Bildung einer Regierung auf Koalitionspartner angewiesen sein. Eine Koalition mit der AfD schloss Merz in Halle abermals kategorisch aus. Rechnerisch infrage kämen die weiter links stehenden Parteien SPD und Grüne.
Der CDU-Chef sprach in diesem Zusammenhang von einem „Dilemma“: „Es gibt in Deutschland keine links-grüne Mehrheit“, sagte er. „Es gäbe rechts, ganz rechts, eine theoretische Mehrheit. Wir werden diese theoretische Mehrheit nicht in Anspruch nehmen.“ Merz warb für einen Kurswechsel in Deutschland. Die Union müsse bei der Wahl ein besonders starkes Ergebnis erzielen, damit nicht die geschwächten linken Kräfte „Einfluss behalten in Deutschland“.
„Nur eine Stimme für die Union ist eine Stimme für einen klaren Kurswechsel!“ 🗳️ @_FriedrichMerz #DLT24 pic.twitter.com/fqiINtiFDj
— JU Deutschlands (@Junge_Union) October 26, 2024
Merz: Infame Renten-Kampagne der SPD
Der Kanzlerkandidat warb bei der Jungen Union zudem für seinen Kurs in der Rentenpolitik. Wer früher in Rente gehen wolle, müsse akzeptieren, dass es größere Abschläge gebe, sagte Merz. Wer dagegen später in Rente gehen wolle, „der muss gute Anreize bekommen, länger zu bleiben und länger zu arbeiten“. Verständige man sich auf diesen Weg, „dann nehmen wir den Sozialdemokraten jedes Potenzial, gegen uns eine infame Kampagne zu führen, die da lautet: Mit der CDU und Merz wird es in Deutschland Rentenkürzungen geben“, ergänzte er.
Junge Union: Renteneintrittsalter an Lebenserwartung koppeln
Die JU hatte kurz vor dem Merz-Auftritt einstimmig einen Leitantrag beschlossen, in dem sie grundlegende Änderungen in der Rentenpolitik fordert, um eine Überlastung der jungen Generation zu vermeiden. Um das umlagefinanzierte Rentensystem zu stärken und bei einer immer höheren Lebenserwartung das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenbeziehern zu korrigieren, „ist eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung erforderlich“, heißt es in dem Beschluss.
Zudem dürfe die sogenannte doppelte Haltelinie in der Rentenpolitik nicht über das Jahr 2025 hinaus verlängert werden, verlangt die JU. Die „Haltelinie“ garantiert ein Mindest-Rentenniveau von 48 Prozent sowie einen maximalen Beitragssatz von 20 Prozent. „Für eine faire Verteilung der Lasten unter den Generationen sollte wieder die frühere Grenze für das Rentenniveau von 43 Prozent gelten“, verlangt der Unionsnachwuchs.
Merz: Keine neuen Beamten für den öffentlichen Dienst
In seiner Rede vor der Jungen Union kündigte Merz an, dass CDU/CSU „sofort“ nach einer Regierungsübernahme einen „Einstellungsstopp für den öffentlichen Dienst“ verhängen werden. Dies solle „vor allem für die Bundesministerien gelten“, sagte er.
Die Ampel-Regierung habe es insbesondere durch die Schaffung von neuen Führungsposten im öffentlichen Dienst und durch die Berufung zahlreicher Regierungsbeauftragter „so massiv übertrieben, dass damit zusätzliche Bürokratie entstanden ist“, kritisierte der CDU-Chef. Die Union wolle in der Regierung alle Posten der Regierungsbeauftragten mit Ausnahme des Wehrbeauftragten auf den Prüfstand stellen.
Union will Zahl der Bürgergeldempfänger senken
Ansprechen wolle die Union im Wahlkampf vor allem die „Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gerne zur Arbeit gehen“, sagte Merz. „Das ist die wichtigste Wählergruppe für uns“, fügte er hinzu. „Sie zu erreichen, wird über Erfolg oder Misserfolg bei der nächsten Bundestagswahl entscheiden.“ Diese Gruppe habe angesichts der Politik der Ampel-Koalition „zunehmend das Gefühl, dass andere Gruppen – nämlich die Leistungsempfänger – höhere Aufmerksamkeit erfahren“.
Die Union wolle sich im Wahlkampf hingegen „dazu bekennen, dass wir eine Leistungsgesellschaft sein wollen“, sagte der CDU-Chef. Die Zahl der Bürgergeld-Empfänger müsse „deutlich sinken“, forderte er – besonders unter Flüchtlingen, Asylbewerbern und Menschen, die arbeiten könnten. Das von der „Ampel“ eingeführte Bürgergeld erscheine zu sehr als bedingungsloses Grundeinkommen – „so versteht es die Mehrheit derer, die es in Anspruch nimmt“, kritisierte er.
Atomkraft: Merz will mit Frankreich über Beteiligungen reden
Der Union-Kanzlerkandidat strebt zudem bei der Atomkraft eine engere Zusammenarbeit mit Frankreich und anderen Nachbarländern an. Man könne auch über eine deutsche Beteiligung an französischen Unternehmen reden, die dabei seien, modernste, kleine, modulare Atomkraftwerke zu bauen, sagte Merz.
„Wahrscheinlich sind die Entscheidungen der letzten Jahrzehnte, mehr auszusteigen als einzusteigen, so irreversibel, dass wir den eigenen Energiebedarf nicht mehr decken können“, kritisierte Merz. Er bezeichnete es als „Irrsinn“, laufende, sichere Atomkraftwerke abgestellt zu haben.
Dies kann als Kritik an der früheren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verstanden werden. Unter ihrer Regierungsverantwortung war der Atomausstieg beschlossen worden. (afp/dpa/red)
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