„Kein echter Sparwille erkennbar“: Anhaltende Kritik an Erweiterung von Kanzleramt
Für das falsche Signal zur falschen Zeit hält die Opposition das Festhalten der Bundesregierung an der Erweiterung des Kanzleramts. Auch der Bund der Steuerzahler und der Bundesrechnungshof melden Bedenken an. Der jüngst verabschiedete Kanzlerhaushalt hat das auch für die Ampel ungeliebte Thema wieder zurück in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht.
Erweitertes Kanzleramt soll 400 neue Büroräume beherbergen
Wie die „Welt“ berichtet, hadert selbst ein Haushaltspolitiker der Koalition mit dem repräsentativen Erweiterungskomplex. Der Abgeordnete, der lieber anonym bleiben wollte, erklärte demnach:
Es ist kein echter Sparwille erkennbar.“
Vielmehr will die Bundesregierung nach Informationen des Blatts sogar eine Finanzspritze von 69,5 Millionen Euro für den zügigen Ausbau beantragen. Das Bundesfinanzministerium soll diese im Rahmen seiner „überplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen“ bewilligen.
Insgesamt sind für das Projekt, dessen Planung noch aus der Ära von Angela Merkel stammt, 777 Millionen Euro veranschlagt. Es soll unter anderem eine zweite Kanzlerwohnung, Wintergärten, Sporteinrichtungen und einen Hubschrauberlandeplatz in 23 Metern Höhe aufweisen.
Das erweiterte Kanzleramt soll 400 neue Büroräume umfassen, in denen man 260 bislang anderweitig verteilte Beamte unterbringen will. Mit 50.000 Quadratmetern Fläche soll der Komplex jene der bestehenden Anlage verdoppeln. Eine Fußgängerbrücke und ein Tunnel sollen die Erweiterung über die Spree hinweg mit dem bestehenden Objekt verbinden.
Bund spricht von „kontinuierlichen Aufgabenerweiterungen“
Mit dem Anbau würde das Kanzleramt auf das Zehnfache der Größe der Downing Street No. 10 in London anwachsen, wo der britische Premierminister residiert. Es wäre dreimal größer als der Élysée-Palast und achtmal so groß wie das Weiße Haus. Die Baukosten übersteigen auch deutlich jene umgerechnet 491 Millionen Euro, die der neue türkische Präsidentenpalast in Ankara gekostet hat.
Das Bundespresseamt begründet die Notwendigkeit des Bauvorhabens mit „kontinuierlichen Aufgabenerweiterungen“ und dem „damit einhergehenden deutlichen Aufwuchs des Personalkörpers“. Die Höhe der Kosten hänge auch mit den erheblichen Auflagen des Landes Berlin zusammen.
Der Haushaltsplan des Bundes sieht 476,29 Milliarden Euro für 2023 vor. Knapp 46 Milliarden davon sollen über neue Schulden zur Verfügung stehen. Die Opposition hatte sich bis zuletzt vergeblich um eine Beendigung oder zumindest Verkleinerung des Projekts bemüht.
Kostenerwartung für erweitertes Kanzleramt deutlich gestiegen
Kritik gab es jüngst auch vom Bundesrechnungshof. Dieser hatte in einem Bericht an den Haushaltsausschuss deutliche Abstriche angemahnt. Immerhin, so hieß es darin, gelte für Bauten des Bundes der Grundsatz einer „wirtschaftlichen Lösung zur Deckung eines nachgewiesenen Bedarfs“. Diesem genüge, was der Bund bis dato vorgelegt habe, nicht.
Reiner Holznagel erklärte namens des Bundes der Steuerzahler über die Pläne zur Erweiterung des Kanzleramts:
Auf der einen Seite hören wir Spartipps, wie wir duschen sollen, wie wir die Waschlappen benutzen sollen. Das hat alles seine Berechtigung, aber hier fehlt die Vorbildfunktion.“
Aus der Union heißt es, es würde „von politischer Weitsicht zeugen, getroffene Entscheidungen zu überdenken und zu korrigieren“. Die AfD spricht von einem „überdimensionierten Protzbau“.
Die bei Planungsbeginn veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von 485 Millionen Euro sowie 115 Millionen Euro für die Risikoabsicherung sind auf mittlerweile 636,8 Millionen Euro beziehungsweise 140,5 Millionen Euro gestiegen. In der SPD verweist man zur Begründung auf gestiegene Baukosten – und plädiert für eine rasche Beendigung, um weitere Verteuerungen zu verhindern.
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