Karneval – kommt die Absage? Festkomitee-Präsident Kuckelkorn hält Veranstaltung für „systemrelevant“
In der Debatte über eine Karnevalsabsage wegen der Corona-Pandemie hat Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dafür plädiert, vor einer Entscheidung die Infektionsentwicklung der kommenden Wochen abzuwarten.
„Ich möchte schon gern, bevor wir diese Frage entscheiden, zwei, drei Wochen weiter sein“, sagte Laumann am Mittwoch in Düsseldorf. „Bei der jetzigen Infektionslage kann ich mir Karneval nicht vorstellen“, fügte Laumann aber hinzu.
Er wolle die Entscheidung darüber auf jeden Fall mit den Karnevalsvereinen zusammen treffen, sagte der CDU-Politiker. Man solle sich damit auch ruhig noch zwei, drei Wochen Zeit lassen. „Ich muss Ihnen aber auch sagen, und da will ich auch gar nicht hinterm Berg halten: Wenn in drei Wochen die Inzidenz da ist, wo sie jetzt ist, bin ich schon der Meinung, dass wir dann eher zu der Frage kommen, dass Karneval so nicht geht, wie wir das kennen. Wir haben ja auch im Frühjahr die Schützenfeste nicht gemacht, wir machen jetzt im Herbst die Kirmes nicht.“
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans äußerte sich ebenfalls skeptisch. „Das, was Karneval ausmacht, gerade in den Zentren des Karnevals, das wird nicht gehen“, sagte der Rheinländer im ntv-„Frühstart“. „Karneval, so wie er ist, geht nicht mit 1,50-Abstand und Schutzmaske.“ Deswegen müsse man neue Formen finden.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte eine rasche Entscheidung. „Für alle Beteiligten muss aus meiner Sicht sehr schnell Klarheit geschaffen werden“, sagte Kramp-Karrenbauer am Mittwoch im Fernsehsender Welt. Im Karneval stecke viel Herzblut, aber auch viel finanzielles Engagement.
Sicher scheint bereits, dass der Karneval bestenfalls in sehr eingeschränkter Form stattfinden kann. Die Karnevalsvereine warben am Mittwoch erneut dafür, die Entscheidung noch offen zu lassen und nicht schon im Sommer den gesamten Karneval abzusagen. Gleichzeitig betonten sie, dass auch für sie die Gesundheit Vorrang habe.
BDK: „Viel zu früh, Veranstaltungen abzusagen“
Der Präsident des Bunds Deutscher Karneval (BDK), Klaus-Ludwig Fess, sprach sich derweil gegen eine Komplettabsage der kommenden Karnevalssaison aus.
„Es ist im August viel zu früh, Veranstaltungen abzusagen“, sagte Fess den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) zu Berichten über entsprechende Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Einer Pauschalabsage der Session können wir nicht zustimmen.“
Auch der Präsident des Gonsenheimer Carneval Vereins aus Mainz, Martin Krawietz, erteilte Spahns Überlegungen eine Absage. Im Südwestrundfunk sagte Krawietz, Spahns Aussagen seien nur Meinungsäußerungen gewesen – aber kein konkretes Verbot.
„Fakt ist, dass die Fastnacht viele Facetten hat“, sagte Krawietz. Dabei sei zu unterscheiden, ob die Fastnacht auf der Straße oder im Saal gefeiert werde.
Kuckelkorn: Karneval ist systemrelevant
Ähnlich hatte sich zuvor bereits das Festkomitee Kölner Karneval geäußert. „Eine pauschale Absage mehrere Monate vor der Session halten wir für wenig zielführend“, sagte dessen Präsident Christoph Kuckelkorn dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Gegenüber „Bild“ sagte Kuckelkorn:
„Der Karneval ist ein Jahrhunderte altes Brauchtum mit einer hohen sozialen Relevanz. Karneval ist wie Ostern oder Weihnachten, ein fester Anker für viele Menschen, der Halt und Mut gibt. Selbst nach dem Krieg oder in der Wirtschaftskrise war Karneval ein wichtiges Element zur Stabilisierung des Landes. Man könnte sagen: Für Köln und das Rheinland ist der Karneval quasi systemrelevant. Deshalb ist es wichtig, ihn stattfinden zu lassen – auch wenn wir noch nicht genau wissen, wie.“
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Kirsten Kappert-Gonther, zeigte sich hingegen äußerst skeptisch. „Karneval unter hygienischen Bedingungen ist schwer vorstellbar“, sagte sie der „Rheinischen Post“. „Gesundheit muss vorgehen.“
Die „Rheinische Post“ hatte zuvor berichtet, Spahn habe sich in einer Schaltkonferenz des Bundestagsgesundheitsausschusses dafür ausgesprochen, den Karneval bundesweit komplett ausfallen zu lassen.
Demnach sagte Spahn: „Ich war selbst Kinderprinz und komme aus einer Karnevalshochburg – ich weiß also, wie wichtig Karneval für viele Millionen Deutsche ist, aber ich kann mir Karneval in diesem Winter, mitten in der Pandemie schlicht nicht vorstellen.“ Dies sei „bitter, aber so ist es“. (afp/nh)
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