Kapitän der deutschen Basketball-Nationalmannschaft zur Aktion gegen Rechts: „Leute, die das anders sehen, wollen wir nicht in der Halle haben“
Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft trug vor ihrem Spiel gegen Israel am Sonntag Aufwärm-Leibchen mit dem Hashtag #wirsindmehr. Zudem veröffentlichte die Mannschaft ein gemeinsames Statement gegen rechts.
Initiator der Aktion war der Kapitän der Mannschaft Bastian Doreth. In einem Interview mit der „Zeit“ erzählte der Nürnberger, was es mit der Aktion auf sich hat.
Bastian Doreth sagte, dass er von den Vorfällen in Chemnitz geschockt gewesen sei – die Fremdenfeindlichkeit, den Hitlergruß, die Naziparolen. „Was dort geschah, sollte man sehr, sehr ernst nehmen. Es spiegelt den Zustand unserer Gesellschaft wieder,“ so Doreth.
Der Sportler erklärte, dass es in der Nationalmannschaft auch einige Spieler mit Migrationshintergrund gibt. „Mit denen wollen wir uns solidarisieren. Wir stehen für Respekt, Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit.“
Basketballer Doreth: „Wir stehen für die Mitte“
„Wir hegen keine Sympathien für linksextreme Aussagen, wir stehen für die Mitte“, äußerte Doreth auf die Frage, warum gerade dieses Motto gewählt wurde, weil es auch Kritik gibt, dass „#wirsindmehr“ zur weiteren Spaltung der Gesellschaft beitrage. Die Spieler hätten darüber auch diskutiert, betonte Doreth. Die Mannschaft würden den Begriff #wirsindmehr einfach für am geeignetsten halten. „Jeder versteht ihn. Leipzig ist auch ein guter Ort dafür, weil es in Sachsen liegt“, so Doreth.
Ob sich Sport nicht aus Politik heraushalten sollte, wurde er gefragt – Doreth antwortete: die Mannschaft sehe das ganz anders. „Wir Sportler sind auch Bürger. Wir dürfen das, was hier geschieht, nicht mehr wortlos hinnehmen. Deutschland hat ein großes Problem und wir wollen gegen den Rechtsruck Stellung beziehen.“
Sie hätten auch keine Angst vor negativen Reaktionen im Stadion. Doreth denkt, dass die Fans die Aktion gut aufnehmen werden. „Leute, die das anders sehen, wollen wir nicht in der Halle haben“, so der Kapitän.
Dann erklärte er, warum das Thema persönlich so wichtig für ihn sei: „Der Vater meiner Frau stammt aus Guinea. Unser gemeinsamer Sohn ist erst sieben Monate alt, man wird ihm bald seinen Migrationshintergrund ansehen. Auch seinetwegen mache ich mir Sorgen.“
Doreth: In Chemnitz gab es eine Hetzjagd
Für Doreth war das, was in Chemnitz passierte „eine Hetzjagd“, auch wenn andere den Begriff nicht richtig finden. „Was wäre, wenn mein Sohn in solch eine Situation kommen würde“, so Doreth. Er sagte auch: „Deutschland ist nicht so tolerant, wie es immer heißt“. Im Gegenteil, er findet, dass die Fremdenfeindlichkeit der Deutschen seit 2015, seit der sogenannten Flüchtlingskrise, größer geworden sei.
„Die reden einfach so über Themen, mit denen sie sich nicht auskennen – und lassen einfach eine blöde Bemerkung fallen. Ich kann ja verstehen, wenn Leute Angst haben oder sich abgehängt fühlen, aber man darf nicht auf andere Menschen hinabblicken.“
Zudem findet es der Basketballspieler eine „Schande“, dass die AfD so viele Stimmen erhält. „Da wird mir angst und bange“, so der Sportler.
Wenn sie weiter an Macht gewinnt, weiß ich nicht, wie lange ich mich in Deutschland noch wohl fühlen kann. Ich denke etwa an die Zukunft meines Sohns.“
Doreth: „Nicht alle AfD-Wähler sind Nazis“
„Sind die AfD-Wähler Nazis?“, fragt ihn die „Zeit“. „Nein, natürlich nicht alle. Viele lassen sich verführen. Aber es wird Zeit, dass sie verstehen, wen sie wählen.“ Aber Alexander Gauland findet er „widerlich“. „Wir Sportler müssen gegen den Rechtsruck in Deutschland aufstehen,“ so Doreth.
Die Debatte um Mesut Özil fand der Basketballer schauderlich. Auch İsmet Akpınar, ein Spieler der deutschen Basketball-Nationalmannschaft, singe bei der Hymne nicht mit, so Doreth. Dennis Schröder ebenso nicht. „Wir respektieren das. Die Gründe dafür kennen wir nicht. Sie interessieren uns auch nicht.“ Für sie sei wichtig, dass die beiden mit Leidenschaft für die deutsche Basketball-Nationalmannschaft spielen.
Das Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan „war eine Dummheit“, aber es wäre bloß ein Foto, so Doreth weiter. Für ihn entspreche die Rhetorik der bayerische Landesregierung auch nicht immer den freiheitlich-demokratischen Werten. „Da gibt’s auch Fotos mit Sportlern, da sagt keiner was“, so der Nürnberger.
Doreth: „Die Jüngeren schauen mehr auf uns Sportler als auf Politiker“
Dann geht es im Interview um Antisemitismus. Dazu erklärt der Basketballer: „Dass wir die Aktion beim Israel-Spiel machen, ist Zufall. Aber es passt.“ Chemnitz war für Doreth der Tiefpunkt einer Entwicklung, „dieses Ereignis muss uns als Gesellschaft wachrütteln.“ Er begrüßte weitere Aktionen auch in der Fußball-Bundesliga. Doreth sagte: „Die Jüngeren schauen nun mal mehr auf uns Sportler als auf Politiker. Wir sollten diese Strahlkraft nutzen. Ich wünsche mir, dass der Sport jetzt mehr tut“. (er)
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