Kanzleramt drückt beim neuen BND-Gesetz aufs Tempo
Die Bundesregierung will das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Auslandsaufklärung des Bundesnachrichtendienstes nutzen, um in einem neuen BND-Gesetz einen umfassenden Schutz der Grundrechte festzuschreiben.
„Wir werden die gesetzlichen Regelungen der mit dem Urteil erstmals festgestellten Auslandsgeltung der Grundrechte anpassen und einen umfassenden Grundrechtsschutz sicherstellen“, sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Mittwoch. Die Grünen begrüßten die Äußerungen und kündigten zugleich eigene Maßnahmen an.
Die Bundesregierung werde das Urteil umgehend und sorgfältig auswerten und dann in einem transparenten Verfahren Vorschläge für die notwendigen gesetzlichen Anpassungen machen. Nach RND-Informationen soll ein erstes Papier des Kanzleramtes mit Eckpunkten eines neuen BND-Gesetzes noch vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause Anfang Juli fertig sein. Der Gesetzentwurf selbst soll demnach am Ende der Sommerpause das Kabinett passieren und dann rasch in den Bundestag eingebracht werden, um eine Verabschiedung noch in diesem Jahr zu ermöglichen.
Die Karlsruher Richter hätten „festgestellt, dass die strategische Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung im Grundsatz mit den Grundrechten des Grundgesetzes vereinbar“ sei, betonte Braun. Ziel werde es nun sein, „ausgewogene Regelungen zu finden, die dem Grundrechtsschutz umfassend Rechnung tragen und dem BND effektives Arbeiten ermöglichen“.
Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages (PKGr), Armin Schuster (CDU), sagte dem RND: „Das Urteil ist juristisch nicht so anspruchsvoll umzusetzen, weil die Richter sehr konkret wurden in dem, was sie von uns erwarten.“ Jetzt müsse dafür gesorgt werden, „dass der BND in seiner Leistung so wenig wie möglich beeinträchtigt wird“. Das werde schwierig.
„Die Kontrolle wird sich erheblich verstärken und verändern“, kündigte Schuster an. Das PKGr werde „noch mehr Fäden in der Hand haben“. Hinzu komme laut Urteil ein neuer Gerichtshof mit nicht weniger als 30 Mitgliedern.
„Wir begrüßen die reichlich späte, aber wichtige Entscheidung der Bundesregierung, die längst überfällige Überarbeitung des BND-Gesetzes nun endlich anpacken zu wollen“, erklärte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. In der jüngsten Bundestagsdebatte hätten sich die Vertreter von CDU und CSU noch ganz anders angehört und „ihr gerade für verfassungswidrig erklärtes Gesetz noch in höchsten Tönen“ gelobt.
Das jetzige Urteil des Verfassungsgerichts sei wegweisend für die Arbeit von Nachrichtendiensten in der digitalen Welt, betonte von Notz. In einem offenen und transparenten Prozess müsse die Regierung gemeinsam mit dem Parlament strukturelle Änderungen umsetzen. Auch die Grünen würden dazu Vorschläge vorlegen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass sich der BND auch im Ausland an Grundrechte halten muss. Für die anlasslose Massenüberwachung von Ausländern sind nun striktere Regeln und mehr Kontrolle nötig. Bis Ende 2021 kann der Auslandsgeheimdienst aber noch arbeiten wie bisher. Bei der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung im Ausland durchforstet der BND ohne Verdacht große Datenströme. Laut BND werden jeden Tag ungefähr 154.000 Kommunikationsbeziehungen erfasst, von denen sich am Ende etwa 260 als relevant herausstellen. (afp/rm)
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