Cum-Ex-Skandal: Die Union will Antworten von Scholz
Die Unionsfraktion bringt am Donnerstag im Bundestag den Untersuchungsausschuss zur Steueraffäre um die Hamburger Warburg-Affäre auf den Weg. Im Visier haben CDU und CSU dabei Kanzler Olaf Scholz (SPD). Der Ausschuss soll aufklären, welche Rolle der frühere Hamburger Bürgermeister beim Verzicht auf Steuerrückzahlungen durch die Warburg-Bank gespielt hat – und ob Scholz dazu bisher „die Wahrheit gesagt“ hat.
Worum geht es in der Warburg-Affäre?
Wie andere Institute war die Privatbank Warburg in inzwischen höchstrichterlich als illegal eingestufte Cum-Ex-Geschäfte verwickelt. Dabei schoben Investoren Aktienpakete rund um den Dividendenstichtag hin und her. Ziel war es, sich von den Finanzämtern Kapitalertragssteuern zurückerstatten zu lassen, die nie gezahlt worden waren. Es handelte sich um das womöglich umfassendste System der Steuerhinterziehung in der deutschen Wirtschaftsgeschichte – der Staat wurde um Milliarden geprellt.
Welche Summen spielen in der Hamburger Affäre eine Rolle?
Als bundesweit Finanzämter zu Unrecht gezahlte Steuererstattungen zurückforderten, verzichtete die Hamburger Steuerverwaltung 2016 auf eine Rückzahlung der Warburg-Bank für 2009 in Höhe von 47 Millionen Euro. Im Jahr darauf ging es um eine weitere Rückzahlung über 43 Millionen Euro. Sie wurde von der Hamburger Steuerverwaltung erst nach einer Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
Warum ist das ein Problem für Scholz?
Scholz war zu dieser Zeit Erster Bürgermeister von Hamburg. Im Raum steht die Frage, ob eine Intervention aus der Politik beim Verzicht auf Steuerrückzahlungen eine Rolle spielte. Politisch brisant wurde die Affäre, als im Zuge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen Tagebucheinträge des damaligen Warburg-Chefs Christian Olearius auftauchten. In ihnen berichtete dieser von einem regen Austausch mit der Steuerverwaltung und zwei Treffen sowie einem Telefonat mit Scholz.
Was sagt Scholz zu den Treffen?
In Hamburg befasst sich seit zweieinhalb Jahren ein Untersuchungsausschuss mit dem Thema, vor dem auch Scholz ausgesagt hat. Er bestreitet nicht die Tatsache der Treffen, die sich auch aus Kalendereinträgen der Hamburger Senatskanzlei rekonstruieren lassen. Allerdings verweist Scholz immer wieder mit Nachdruck darauf, dass er keine konkrete Erinnerung an die Termine mehr habe und sein heutiges Wissen ausschließlich aus der öffentlichen Berichterstattung beziehe.
Wie positioniert sich der Kanzler zum Vorwurf der politischen Einflussnahme?
Den Vorwurf, er selbst oder die Hamburger Landespolitik habe irgendeinen Einfluss auf das Steuerverfahren Warburg genommen, weist Scholz auf das Schärfste zurück. „Da war nichts“, sagte er im August vergangenen Jahres vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss. Es handle sich um „Mutmaßungen und Unterstellungen“, die durch nichts gestützt würden.
Wie begründet die Union den Untersuchungsausschuss im Bundestag?
Die Vorgänge werfen nach dem Antrag von CDU und CSU für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses weiter „schwerwiegende Fragen“ auf. Es sei weiter unklar, warum Hamburg als einziges Bundesland „zum Nachteil des Bundes“ die „Rückforderung der zu Unrecht erhaltenen Kapitalertragsteuererstattungen aus Cum-Ex-Geschäften“ von der Warburg-Bank verjähren lassen wollte.
Warum zweifeln CDU und CSU an Scholz‘ Angaben?
Die Union verweist auf eine Aussage von Scholz im Finanzausschuss des Bundestags vom Juli 2020, in dem sich dieser zumindest an ein Treffen mit Olearius „konkret“ erinnert habe. Später habe Scholz jedoch das Gegenteil gesagt. „Dieser rasante und umfassende Gedächtnisverlust des Bundeskanzlers wirft Fragen auf“, heißt es in dem Unionsantrag für den Ausschuss. „Geht es um einen tatsächlichen oder um einen taktischen Erinnerungsverlust?“
Rechnet die Union mit einer Aufklärung?
Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) zeigte sich bei der Ausschussankündigung überzeugt, dass dieser aufgrund seiner weitreichenden Befugnisse zur Zeugenbefragung und Akteneinsicht weitere Erkenntnisse zutage fördern werde. Er verwies aber auch auf den Unterschied zu einem Strafverfahren: Dieses könne bei fehlenden durchschlagenden Beweisen im Zweifel mit einem Freispruch für den Angeklagten enden. „Wir sind hier in der Politik“, sagte Middelberg. Mit Blick auf den Ausschuss gehe es um die Frage, ob nach Klärung der Fakten Scholz‘ Angaben noch Glauben geschenkt werden könne.
Wie lange soll der Untersuchungsausschuss tagen?
Das lässt die Union offen. Sie hat aber sicherlich ein Interesse daran, den Ausschuss zu einem politischen Dauerbrenner zu machen. Theoretisch müsste dieser seine Arbeit erst vor der nächsten Bundestagswahl im Jahr 2025 beenden. Und jeder prominente Zeugenauftritt dürfte bis dahin eine hohe Medienaufmerksamkeit für die von der Union vermutete „Steueraffäre Scholz-Warburg“ garantieren. (afp/dl)
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