Kabinett beschließt Entwurf für Bundeshaushalt – Scholz sieht Sicherheit als erste Priorität
Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 beschlossen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen.
Die Bundesregierung hatte lange um die Aufstellung des Etats gerungen. Dem Entwurf zufolge sollen die Ausgaben deutlich auf 445,7 Milliarden Euro zurückgehen. Nach krisenbedingten Mehrausgaben der Vorjahre wegen der Corona-Pandemie und der Energiepreiskrise soll nun ein Sparkurs eingeschlagen werden. Die Neuverschuldung soll 2024 bei 16,6 Milliarden Euro liegen. Damit soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werden.
„In Deutschland wachsen drei Millionen Kinder in Armut auf“
Gewerkschaften und der Sozialverband VdK kritisieren scharf die Einsparungen vor allem im Sozialbereich. „Ein Kürzungskurs ist grundsätzlich unnötig, tendenziell unsozial und wirtschaftspolitisch schädlich“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur. Die Regierung setze mit dem Haushalt ein falsches Signal. Kürzungen drückten direkt die Binnennachfrage und die Wirtschaftsleistung. „Das ist angesichts der aktuellen, prekären konjunkturellen Lage wirtschaftspolitisch kontraproduktiv.“
VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „Ein starker Sozialstaat ist das Fundament unserer Gesellschaft, wir dürfen nicht zulassen, dass es zu bröckeln beginnt und zerbricht.“ Sie forderte Nachbesserungen vor allem in den Bereichen der geplanten Kindergrundsicherung sowie bei den Zuschüssen für die Kranken- und Pflegeversicherung. „In Deutschland wachsen drei Millionen Kinder in Armut auf.“
Dass ausgerechnet auch bei Pflege oder Elterngeld gespart werden soll, sei „weder sinnvoll noch überlegt“, sagte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann laut einer Mitteilung. „Die Ampel hat sich selbst in diese Lage gebracht, weil sie Steuererhöhungen ausschließt und in einem von Krieg und Inflation geprägten Jahr die Schuldenbremse schon für 2023 wieder scharfgestellt hat – das hat die nach der Krise nötigen Spielräume genommen.“ Körzell wurde noch deutlicher: „Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse“, kritisierte er.
Familienministerium muss beim Elterngeld Abstriche machen
Der DGB-Vorstand forderte stattdessen zusätzliche Staatsausgaben und „massive Investitionen“ etwa in Verkehr, Infrastruktur und Digitalisierung. „In China und den USA werden hunderte von Milliarden in Zukunftsinvestitionen gesteckt. Wenn Deutschland hier bremst, verliert es für lange Zeit den Anschluss.“
Das Bundeskabinett will an diesem Mittwoch nach langen und schwierigen Verhandlungen den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 beschließen. Die Ausgaben des Bundes sollen nach 476,3 Milliarden Euro in diesem Jahr deutlich auf 445,7 Milliarden Euro gesenkt werden. Nach Mehrausgaben der Vorjahre wegen Corona und der Energiepreiskrise soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Das Kabinett verabschiedet auch den Finanzplan bis 2027.
Das Familienministerium muss beim größten Posten des Etats, dem Elterngeld, Abstriche machen. Die Lohnersatzleistung sollen Spitzenverdiener nicht mehr bekommen, sondern nur noch Eltern, die zusammen nicht mehr als 150.000 Euro im Jahr verdienen. Bisher lag diese Grenze bei 300.000 Euro. Bei der geplanten Kindergrundsicherung konnte sich Ministerin Lisa Paus (Grüne) mit der gewünschten Summe von zwölf Milliarden Euro bisher nicht durchsetzen, Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat im weiteren Finanzplan zunächst nur zwei Milliarden Euro für 2025 als „Platzhalter“ eingestellt.
Zuschuss für Pflegeversicherung fällt weg
Als Sparbeitrag fällt im Etat auch ein erst 2022 eingeführter Zuschuss für die Pflegeversicherung von einer Milliarde Euro weg. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) machte aber umgehend klar, dass es deshalb keine Leistungskürzungen geben werde. Bentele kritisierte, dass auch der für die gesetzliche Krankenversicherung vorgesehene Zuschuss niedriger als 2023 ausfalle und damit zu gering sei. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (CDU), der die Kürzungen wiederum für wenig zugkräftig hält, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Tatsächlich handelt es sich bei den minimalen „Einsparungen“ vielfach nur um Verschiebungen der Belastung in die Sozialkassen.“
Unterstützung von den Arbeitgebern
Aus der Wirtschaft kommt Unterstützung für die Haushaltspläne der Bundesregierung. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Der Konsolidierungskurs des Bundesfinanzministers ist richtig. Wir brauchen Nachhaltigkeit auch in der Finanzpolitik. Wir unterstützen die Ampel-Regierung in diesem Bemühen.“ Dulger sprach von einem kraftvollen Signal der Stabilität angesichts aktueller Unsicherheiten auf den internationalen Finanzmärkten.
Der Arbeitgeberpräsident mahnte zugleich eine Begrenzung der Beiträge für die Sozialversicherungssysteme an. „Wir brauchen eine Sozialversicherungsbremse und einen klaren Fahrplan, wie die Beitragssätze wieder auf unter 40 Prozent begrenzt werden können“, sagte er.
Scholz nennt Sicherheit als erste Priorität im Bundeshaushalt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach dem Kabinettsbeschluss des Haushaltsentwurfs 2024 die Sicherheit als zentralen Schwerpunkt der Etatplanung benannt. Der Haushaltsentwurf habe Prioritäten, „die offensichtlich sind“, sagte Scholz am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag. „Zuallererst geht es um die Sicherheit unseres Landes.“ Er verwies auf die umfassende Unterstützung für die Ukraine wegen des russischen Angriffskriegs sowie auf die Stärkung der Bundeswehr.
„Sicherheit ist eine große Herausforderung – und natürlich bedeutet das auch Herausforderungen für den gesamten übrigen Haushalt“, sagte Scholz. Die Herausforderungen durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine seien ja „alle dazugekommen“ zu den üblichen staatlichen Aufgaben. „Wäre das nicht so, wäre manches viel einfacher zu handlen“, räumte er ein.
Als zweite Priorität des Bundeshaushalts nannte Scholz, dafür zu sorgen, dass Deutschland „ein modernes Industrieland“ bleibe. Hier führte der Kanzler den Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität an, aber auch die Ansiedlung von Technologieunternehmen wie Halbleiterfabriken.
An dritter Stelle sprach Scholz darüber, „dass wir für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sorgen“. Es gehe darum, „dass wir alles Notwendige tun, dass alle zurechtkommen können“. Hier habe die Regierung schon viel unternommen und werde das auch weiterhin machen.
Als Beispiel nannte Scholz, „dass wir jetzt alles dafür tun, die Kindergrundsicherung nach dem ersten Schritt“, nämlich der Anhebung von Kindergeld und Kinderzuschlag zum 1. Januar 2023, „auch zu vervollständigen“. Die Kindergrundsicherung sei „ein ehrgeiziges Vorhaben“, das für „die Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft sorgen kann“.
„Kindergrundsicherung soll zum 1. Januar 2025 kommen“
Scholz bekräftigte, dass die Kindergrundsicherung zum 1. Januar 2025 eingeführt werden solle. Die nötigen Vorbereitungen werde die Regierung „rechtzeitig bis Ende August“ treffen.
Zugleich bekannte sich der Kanzler zum Einhalten der Schuldenbremse jetzt und in den nächsten Jahren, wie es auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vorhat. Mit Blick auf die Hilfspakete in der Corona- und der Energiekrise sagte Scholz, es sei klar, „dass wir nun wieder Haushalte aufstellen werden, die nicht mit diesen zusätzlichen kreditfinanzierten Mitteln versuchen, Krisen zu bekämpfen, sondern die sich ganz konkret auf die Zukunft unseres Landes ausrichten“. (dpa/afp)
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