Ermittlungsbehörden sollen Telefonnummern oder IP-Adressen „einfrieren” können
Das Thema war in der Ampel-Koalition lange umstritten, jetzt liegt ein Referentenentwurf vor: Das Bundesjustizministerium bringt das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren für die Datenspeicherung zur Kriminalitätsbekämpfung voran.
Es gab den Entwurf am Donnerstag in die Ressortabstimmung. Damit sollen Ermittlungsbehörden die Möglichkeit bekommen, Verbindungsdaten wie Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern „einfrieren“ zu lassen, um sie später auszuwerten.
Das neue Verfahren ist ein Ersatz für die Vorratsdatenspeicherung. Dabei waren Telekommunikationsanbieter verpflichtet, sämtliche Verkehrsdaten für bestimmte Zeiträume aufzubewahren für den Fall, dass Ermittlungsbehörden sie brauchen. Die Praxis wurde vom Bundesverfassungsgericht und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) für rechtswidrig erklärt und deswegen ausgesetzt.
Sicherungsanordnung um Daten vorm Löschen zu bewahren
Über die Ausgestaltung einer Nachfolgeregelung gab es lange Streit, insbesondere zwischen dem SPD-geführten Innenministerium und dem FDP-geführten Justizministerium. Vorgesehen ist nun, dass Richter auf Bitte der Ermittlungsbehörden eine sogenannte Sicherungsanordnung erlassen können. Sie verpflichtet Telekommunikationsanbieter, bestimmte Datensätze vor der automatischen Löschung zu bewahren.
Voraussetzung ist, dass es um eine „erhebliche“ Straftat geht und dass die Verkehrsdaten „für die Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Beschuldigten von Bedeutung sein können“, wie es in dem Dokument heißt, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Das „Einfrieren“ soll zu einem früheren Zeitpunkt in den Ermittlungen möglich sein als nach den aktuell angewandten Regelungen.
Die „eingefrorenen“ Daten sollen dann maximal einen Monat aufbewahrt werden, wobei eine Verlängerung möglich ist. Um sie tatsächlich auswerten zu können, müssen sie „aufgetaut“ werden – dafür ist eine erneute richterliche Anordnung notwendig.
Zu den Verkehrsdaten gehört beispielsweise die Information, wer mit wem wie lange telefoniert hat oder zwischen welchen Geräten SMS oder E-Mails ausgetauscht wurden, wie es aus dem Justizministerium hieß. Bei mobilen Endgeräten wie Handys sind demnach auch Standortdaten umfasst. Dagegen bezieht sich die Regelung nicht auf Inhalte etwa von Gesprächen oder SMS.
Seit der Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung gibt es keine konkreten Vorgaben mehr, wie lange die Daten gespeichert werden. Je nach Anbieter, Vertragsgestaltung und Datenart können sie zum Beispiel einige Tage oder mehrere Wochen lang aufbewahrt werden.
Manche sehen schnellen Handlungsbedarf
Immer wieder hatten die Polizeibehörden die Einführung der Vorratsdatenspeicherung mit einer in ihren Augen besseren Verfolgung der Täter etwa in Fällen des Kindesmissbrauchs begründet. Im Zusammenhang mit dem Sicherheitspaket der Bundesregierung wurden nun erneut Forderungen nach der anlasslosen Datenspeicherung laut.
Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) widerspricht den Forderungen, den Ermittlungsbehörden stehe schon jetzt ein „umfangreiches Instrumentarium an verdachtsunabhängigen Ermittlungsmethoden zur Verfügung“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des DAV, Sylvia Ruge, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe . Die Rechtsanwältin hob hervor: „Anlasslose und flächendeckende Datensammlungen sind für eine effektive Strafverfolgung nicht erforderlich.“
Die Grünen-Fraktion forderten „noch einmal mit Nachdruck, den Quick-Freeze-Entwurf endlich umzusetzen“, erklärten Fraktionsvize Konstantin von Notz und Innenexperte Marcel Emmerich. Das Verfahren könne „direkt morgen“ umgesetzt werden und würde „die Strafverfolgung im Digitalen effektivieren“.
Auch der Deutsche Anwaltsverein (DAV) reagierte positiv. „Quick Freeze ist ein grundrechtsschonender Kompromiss“, sagte die DAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvia Ruge den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online-Ausgaben).
Die Koalition hatte sich über Quick Freeze lange gestritten – das Innenministerium wollte eine weitergehende Regelung als das Justizministerium. Das Thema war zudem mit der Mietpreisbremse verwoben: Die FDP knüpfte ihre Zustimmung für eine Verlängerung der Mitpreisbremse an eine Einigung auf das Quick-Freeze-Verfahren. Eine Verständigung in der Koalition gelang erst im April. Das Justizministerium legte nun Referentenentwürfe für beide Projekte vor. (afp/dts/red)
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