Jusos: „Die Schuldenbremse muss so schnell wie möglich aus dem Grundgesetz verschwinden“
Angesichts der Finanzlücken im Haushalt hat der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer die Abschaffung der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse gefordert.
„Wir müssen uns entscheiden, ob wir das Klima oder die Schuldenbremse retten wollen“, sagte der Chef der SPD-Nachwuchsorganisation der „Rheinischen Post“.
„Die Schuldenbremse muss kurzfristig für 2024 ausgesetzt werden und so schnell wie möglich aus dem Grundgesetz verschwinden. Auf dem Bundesparteitag werden wir Entsprechendes beantragen.“ Für das Aussetzen der Schuldenbremse ist es nötig, eine Notlage festzustellen und zu begründen.
Türmer erklärt: „Der deutsche Sonderweg, als einziges Industrieland der Erde die Transformation der Industrie und die Klimaziele ohne die Aufnahme von Krediten zu finanzieren, ist gescheitert.“ Die Ampel müsse jetzt liefern und unter Beweis stellen, dass sie weiter handlungs- und regierungsfähig sei.
Die Voraussetzungen für die Aussetzung würden bestehen. „Alle Menschen in diesem Land merken beim Blick auf ihre Nebenkostenabrechnung oder beim Einkaufen im Supermarkt, dass die Krise noch längst nicht vorbei ist. Dazu kommt die Dauerkrise durch den Klimawandel“, sagte Türmer. „Zum 1. Januar 2024 werden diese Krisen nicht wie durch Zauberhand verschwinden. Das muss auch Christian Lindner einsehen. Die Schuldenbremse ist nicht mehr zu retten“, sagte der Juso-Chef.
CDU-Nachwuchs warnt vor Klage
Sein Gegenpart von der Jungen Union, Johannes Winkel, bezog die Kontraposition und warnte vehement vor einem Aussetzen der Schuldenbremse für 2024. „Sollte es so kommen, müssen CDU und CSU dagegen klagen“, verlangte der Chef des CDU/CSU-Nachwuchses via Nachrichtenportal „t-online“.
Nachhaltigkeit für die kommenden Generationen sei nicht nur eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Frage. Denn bereits jetzt stellten Zinsverpflichtungen den drittgrößten Haushaltsposten dar.
Winkel widersprach auch dem Ruf nach einer Änderung der Schuldenbremse, wie er bei SPD und Grünen sowie einigen Christdemokraten erklingt. „Die politische Linke tut so, als ob es geradezu verboten wäre, aus dem regulären Haushalt Investitionen zu tätigen“, sagte Winkel.
Es könne auch nicht Position der Union sein, künftigen Generationen durch Schulden- und Zinsberge ihre Entscheidungsspielräume wegzunehmen. „Ich kann nur jeden davor warnen, diese Diskussion jetzt innerhalb der CDU aufzumachen“, sagte er mit Blick auf die CDU-Regierungschefs aus Berlin und Sachsen-Anhalt, Kai Wegner und Reiner Haseloff, und drohte „eine sehr hässliche Auseinandersetzung mit der Jungen Union“ an.
Schuldenbremse begrenzt die Kreditaufnahme
„Würde der Staat wie ein Unternehmen bilanzieren, so läge die tatsächliche Staatsverschuldung bei knapp 400 Prozent, bezogen auf die Jahreswirtschaftsleistung Deutschlands“, wie der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Benjamin Mudlack erklärt. „Ausgewiesen werden aber lediglich 71 Prozent.“
Die Schuldenbremse deckelt für den Bund die Nettokreditaufnahme auf maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Er kann aber eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen.
Für eine Reform müsste das Grundgesetz geändert werden. Dies erfordert eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat.
Eine Verwendung von Notlage-Sondervermögen zu einem späteren Zeitpunkt für andere Zwecke hat das Bundesverfassungsgericht vor kurzem untersagt und der Bundesregierung somit ein Milliardenloch beschert. (dpa/dts/red)
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