Jetzt blickt die Ampel ins nächste Milliardenloch

In einem Brief an seine Kabinettskollegen hat Minister Lindner mit Blick auf den Haushalt 2025 zur Ausgabendisziplin gemahnt. Es ist von einem zweistelligen Milliardenloch auszugehen, auch die schwache Konjunktur schlägt durch. Die Ressorts müssen mit Ausgabenobergrenzen rechnen.
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In der Ampel beginnen demnächst die Beratungen für den Haushalt 2025.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 27. Februar 2024

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Haushaltsstaatssekretär Wolf Reuter hat im Auftrag von Bundesfinanzminister Christian Lindner dessen Kabinettskollegen in der Ampel auf schwierige Gespräche über den Haushalt 2025 vorbereitet. Zwar ist bisher nicht einmal der Etat für das laufende Jahr aufgrund der Turbulenzen infolge des Schuldenbremse-Urteils des Bundesverfassungsgerichts unter Dach und Fach, dennoch stehen auch schon wieder die Beratungen mit Blick auf das nächste Jahr an.

Aufstellung für Haushalt 2025 wird sich von Vorjahren „grundlegend unterscheiden“

Das Ministerium hat im Schreiben vom 9. Februar auch keine guten Nachrichten für die Ampelminister. Es zeichne sich, so zitiert das „Handelsblatt“, „ein deutlicher, struktureller Konsolidierungsbedarf“ ab. Es sei „nicht zu erwarten“, dass die Konjunktur „Entlastungseffekte für den Haushalt“ mit sich bringe.

Im Gegenteil: Die Bundesregierung musste erst kürzlich ihre Prognose deutlich von 1,3 auf 0,2 Prozent Wachstum für das laufende Jahr senken. Dies werde aber auch Folgen für die Steuereinnahmen im kommenden Jahr haben. Jens Boysen-Hogrefe vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet grob mit einem Minus von einem Prozent.

Bereits im Vorfeld dieser Korrektur waren Haushaltsexperten davon ausgegangen, dass ein Haushaltsloch von mindestens 15 Milliarden Euro für 2025 zu bewältigen sein werde. Deshalb, so kündigt Reuter in seinem Schreiben an, werde „sich die Aufstellung des Haushalts 2025 […] grundlegend von denen in den Vorjahren unterscheiden“, nicht nur in zeitlicher Hinsicht.

Lindner wird Höchstbeträge für Ausgaben vorgeben

Bis Sommer soll der Entwurf für den Haushalt 2025 stehen. Darin soll auch bereits die Finanzplanung für die darauffolgenden Jahre einfließen, unabhängig davon, ob die Wähler die Ampel erneut mit einer Regierungsmehrheit ausstatten werden oder nicht.

Statt wie sonst üblich im Vorfeld neue Etateckwerte im Konsens zu verhandeln, soll es dieses Mal Ausgabenobergrenzen geben. Diese orientieren sich zwar an den Erfahrungswerten bisheriger Ampelhaushaltsentwürfe, Minister Lindner wird sie den Ressorts jedoch von sich aus vorgeben.

Die Verhandlungen über den Haushalt 2025 werden entsprechend die Konfliktlinien verschärfen, die sich zuletzt innerhalb der Koalition aufgetan hatten. Und diese reichen von Fragen wie der Schuldenbremse und möglicher neuer Sondervermögen bis zum Verhältnis zwischen Rüstungsausgaben und zivilen Agenden.

Höherer CO₂-Preis wird KTF nicht für alle Begehrlichkeiten fit machen

Zu einem heiklen Thema wird nicht zuletzt der Klima- und Transformationsfonds (KTF) werden. Allein für diesen könnte sich eine Lücke im zweistelligen Milliardenbereich auftun, meinen Haushaltspolitiker. Das Schuldenbremse-Urteil aus Karlsruhe hatte das Sondervermögen mit einem Schlag um 60 Milliarden Euro reduziert.

Zwar gibt es jetzt noch Rücklagen von etwa 30 Milliarden, und die höheren CO₂-Preise sorgen für einen Zuwachs, allerdings sind auch die Begehrlichkeiten erheblich, die aus dem KTF finanziert werden sollen. Sie reichen von EEG-Kosten für Windparks bis hin zur Subventionierung von Heizungstausch und grünem Stahl.

Was vor allem die Bürger interessieren dürfte: Auch das Klimageld, das sie für die durch höhere CO₂-Preise bedingten Belastungen schadlos halten soll, will man aus dem KTF bezahlen. Allerdings dürfte es dieses in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr geben.

Lindner will Rüstungsziele im Haushalt 2025 mittels Sozialausgabenmoratorium stoppen

Auch das Sondervermögen für die Bundeswehr ist nicht mehr unbegrenzt ausschöpfbar für die Ambitionen der Regierung und der Union im Hinblick auf Ukraine-Unterstützung und Aufrüstung. Aktueller Stand laut Chefin des Beschaffungsamts ist, dass mehr als 60 von 100 Milliarden Euro in Verträgen gebunden sind.

Um 2024 das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu erreichen, müsste der reguläre Wehretat von 52 Milliarden Euro um 20 Milliarden aus dem Sondervermögen aufgestockt werden. Noch mehr braucht es, um „kriegstauglich“ zu werden, wie es Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius formuliert. Unions-Scharfmacher Roderich Kiesewetter fordert eine Aufstockung des Sondervermögens auf mindestens 300 Milliarden.

Bundeskanzler Olaf Scholz will das NATO-Ziel nicht nur einmalig, sondern dauerhaft einhalten. Auch die Ukraine-Hilfe könnte noch deutlich teurer werden, sollten die USA nicht mehr bereit sein, im bisherigen Ausmaß Geld und Waffen nach Kiew zu schaffen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat in diesem Zusammenhang bereits angekündigt, dass die Rüstungsziele Einsparungen in anderen Bereichen erforderlich machen würden. Er regte deshalb einen Stopp der Ausweitung von Sozialleistungen an.

Paus wird Aufstockung der Kindergrundsicherung fordern

Diesbezüglich haben die Sozialdemokraten bereits abgewinkt. Die Grünen könnte die Frage vor eine innere Zerreißprobe stellen. Zwar stehen weder Konfrontationspolitik gegenüber Russland noch Aufrüstung dort infrage, wohl aber, inwieweit dafür der soziale Bereich „rasiert“ werden dürfte.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus habe schon einmal um ein Haar die Koalition gesprengt, als es um die Absicherung der Kindergrundsicherung ging. Für ihr Prestigeprojekt drohte sie mit einem Veto bezüglich des bis heute nicht durch den Bundesrat gelangten Wachstumschancengesetzes.

Am Ende sah sich Paus als Siegerin, allerdings war sie möglicherweise die Einzige, die das so wahrnahm. Sozialverbände werteten die 2,4 Milliarden Euro, die Lindner Paus ab 2025 für die Kindergrundsicherung zugesagt hatte, jedenfalls eher als Trostpreis, dies vor allem deshalb, weil Paus selbst den dafür erforderlichen Finanzierungsbedarf im Vorfeld mit mindestens zwölf Milliarden angegeben hatte.

Dass sich Paus weiterhin auf dem derzeitigen Niveau wird abspeisen lassen, ist deshalb wenig wahrscheinlich – Rüstung hin oder her. Es wird daher möglicherweise doch auf einen Ausbau des Sozialetats hinauslaufen. Und dann bleibt immer noch die Frage offen, was dem Bund noch an Optionen bleibt, um einem weiteren Absturz der Konjunktur entgegenzusteuern.



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