Ist Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock Völkerrechtlerin oder nicht?

Kritik an Annalena Baerbocks Aussagen zu ihrem Lebenslauf machen die Runde. Ausgelöst wurde die Diskussion durch einen Videoauftritt der Grünen-Chefin im November beim „NDR“, zusammen mit dem zweiten Grünen-Chef Robert Habeck. Inzwischen ist Baerbock Kanzlerkandidatin und das Video erhielt damit eine neue Brisanz.
Von 20. Mai 2021

Wenige Monate vor der Bundestagswahl 2021 steht die akademische Laufbahn der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock auf dem Prüfstand der Öffentlichkeit. Vor allem ihr Studium in Hamburg und London wird unter die Lupe genommen, und dass sich Frau Baerbock selbst als Völkerrechtlerin bezeichnet.

Grünen-Sprecherin: Völkerrechtlerin „ja“, Juristin „nein“

Das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ („RND“) stellte hinsichtlich der Debatte Fragen an eine Grünen-Sprecherin, wie beispielsweise: „Ist Annalena Baerbock eine Völkerrechtlerin?“ Die Antwort darauf: „Mit ihrem Masterabschluss („with distinction“, mit Auszeichnung) kann sie sich als Völkerrechtlerin bezeichnen. Auch ihr Nebenfach in Hamburg geht bereits in diese Richtung.“ Auf die Frage: „Ist Annalena Baerbock eine Juristin?“, erklärte das „RND“: „Nein. Das hat sie auch nie behauptet.“

Doch offenbar wurden mehrfach Änderungen an den akademischen Teilen von Annalena Baerbocks Lebenslauf vorgenommen, wie die Website Danisch.de herausfand. Auf Baerbocks Website „Über Annalena“ am 15.01.2014 war das „nie behauptete Jurastudium“ aber doch angeführt: „Politik- und Jurastudium, Universität Hamburg (2000-2004)“. Das stand den Recherchen nach am 22.08.2011 noch nicht drin. „Politikstudium“ war da zu lesen. Beim nächsten Eintrag im Webarchiv (13.7.2013) war der Eintrag schon geändert worden. Seitenautor und Blogger Hadmut Danisch dazu: „Sie hat also nicht damals, während des Studiums, geglaubt, Jura zu studieren, sondern das nachträglich zwischen 22.8.2011 und 13.7.2013, und weil die Wayback-Maschine nichts speichert, wenn sich unterwegs nichts ändert, ziemlich gegen Juli 2013 geändert.“ Seit September 2013 ist Annalena Baerbock Mitglied des Deutschen Bundestags.

Frau Völkerrecht und Dr. Schweinehüter?

Ausgelöst hatte die Debatte Frau Baerbock vermutlich selbst – unabsichtlich und bereits im November 2020. Den Stein ins Rollen brachte jedoch der Journalist Rainer Meyer alias Don Alphonso durch ein herausgekramtes „NDR“-Video-Interview vom 23. November 2020 mit Annalena Baerbocks „Hühner, Schweine“-Statement über Robert Habeck.

Vielfach kommentiert und weiterverbreitet worden war nun diese Wiederauflage des Baerbock-Statements in Sachen „Völkerrecht“, indem die Grünen-Kanzlerkandidatin ihren Grünen-Mitparteichef Robert Habeck, immerhin mehrfacher Buchautor und Doktor der Philosophie, im Grunde genommen als Schweinehirten hinstellte. Der Journalist Boris Reitschuster erklärte, er wage gar nicht daran zu denken, was wäre, wenn eine mögliche Kanzlerin Baerbock auf internationaler Ebene im Umgang mit anderen Staats- und Regierungschefs „sich so vergaloppieren würde“.

Reitschuster prangerte in diesem Zusammenhang auch die mangelnde Neutralität der Öffentlich-Rechtlichen an, indem er meinte: „Während ARD, ZDF & Co oft wie Filialen der Grünen-Wahlkampfzentrale wirken (‚Jede Sekunde verliebt sich ein Journalist in Baerbock‘), kommt jetzt der Gegenschlag der Schwarmintelligenz aus den sozialen Netzwerken.“

„Welt“-Kommentator Don Alphonso kritisiert Baerbock für ihr „Hühner, Schweine“-Statement im „NDR“. Da sei sie nicht gefiltert gewesen, „wie auf den Anzeigen der Grünen und von wohlwollenden Journalisten in die richtige Weltsicht hineingefragt“. „Im Video tritt eine ganz andere Baerbock auf, überheblich und dennoch nicht in der Lage, einen geraden Satz zu sagen, fahrig und schnippisch, abwertend und das alles im Bewusstsein, dass sie aus einer anderen Welt und dem Völkerrecht kommt, im Gegensatz zum promovierten Kühemelker und Schriftsteller Robert Habeck.“

In der medialen Darstellung hieß es zu Baerbocks Hintergrund beispielsweise: „Annalena Baerbock (35) ist in der Nähe von Hannover aufgewachsen und hat in Hamburg Politikwissenschaft und Öffentliches Recht studiert. In London hängte sie einen Master in Völkerrecht dran.“

Ist Frau Baerbock tatsächlich Völkerrechtlerin?

Wie der „Focus“ berichtet, seien seit einigen Tagen Fotos der Zeugnisse der Grünen-Parteichefin auf Twitter zugänglich. Doch nicht von irgendwelchen angeblichen Verschwörungstheoretikern wurden sie ins Netz gesetzt, sondern vom Grünen-Wahlkampfsprecher Andreas Kappler höchstpersönlich, da sich dieser auf Twitter zum Sprung nach vorne entschied, weil „erneut Falschbehauptungen über Annalena Baerbock“ kursierten. „Diesmal über die akademische Ausbildung.“

Kappler bestätigte mit Foto das Vordiplom mit Note 1,3 von Annalena Baerbock im Fach Politische Wissenschaft an der Uni in Hamburg als Grundlage für das spätere Masterstudium in London. Im Nebenfach studierte Baerbock in Hamburg Öffentliches Recht/Europarecht. Das Studium an der London School of Economics and Political Science (LSE) schloss sie mit einem Master of Laws in Public International Law ab, Höchstwertung „Distinction“ (mit besonderer Auszeichnung).

Die „Welt“ verweist auf Änderungen im Lebenslauf der Grünen-Kanzlerkandidatin. Aus der „Völkerrechtlerin, LL.M.“ Annalena Baerbock, „die früher öffentliches Recht in Hamburg studiert haben wollte“, seien die Studiengänge umformuliert worden. Jetzt habe sie in Hamburg „Politische Wissenschaften“ studiert und „einen Master of Law nach einem Jahr Masterstudium Public International Law“.



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