„Irreguläre Sekundärmigration“: Das Flüchtling-Dilemma mit Griechenland
Tausende in Griechenland anerkannte Asylsuchende sind auf eigene Faust nach Deutschland weitergereist, um beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erneut einen Antrag in der EU zu stellen. Das berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf Angaben des Bundesinnenministeriums. Demnach stellten bis Ende Mai insgesamt 48.756 bereits in Griechenland anerkannte Flüchtlinge einen weiteren Asylantrag in Deutschland.
Einige Monate lagen diese Asylanträge beim BAMF auf Eis und waren „rückpriorisiert“. Mittlerweile hat das Bundesamt über einen Teil dieser Fälle der irregulären Sekundärmigration entschieden. „Insgesamt wurden 7.943 Asylentscheidungen bezüglich bereits in Griechenland anerkannt Schutzberechtigter getroffen“, so das Ministerium.
Knapp 41.000 Verfahren sind beim BAMF noch anhängig. Fast alle bereits in Griechenland Asylberechtigten bekommen den Angaben zufolge erneut einen Asyltitel in Deutschland. Laut Bundesinnenministerium liegt die Quote bei diesen ersten knapp 8.000 entschiedenen Fällen bei 89 Prozent.
Doppelte Asylantragsstellung nach EU-Recht nicht erlaubt
Derweil leeren sich nach Erkenntnis der Bundesregierung die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln. Noch vor knapp zwei Jahren lebten mehrere Zehntausend Menschen in Zelten, Holzhütten oder Containern in überfüllten Camps etwa auf der Insel Lesbos.
Mittlerweile sind laut Innenministerium aktuell noch gut 2.000 Flüchtlinge in den Asylunterkünften und Lagern auf den Inseln der Ostägäis. Bereits in Griechenland anerkannte Asylsuchende dürfen laut EU-Recht bis zu 90 Tage in einen anderen EU-Staat reisen. Nicht erlaubt ist jedoch, in einem anderen EU-Land erneut einen Antrag auf Asyl in der EU zu stellen. Die Sicherheitsbehörden sprechen von „irregulärer Sekundärmigration“.
Innenministerium sieht EU-Mitgliedstaaten in der Verantwortung
Scharfe Kritik an der Bundesregierung übte der Innenexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU): „Die Sekundärmigration aus Griechenland ist ein sehr ernsthaftes Problem in der Asylpolitik“, sagte er den Funke-Zeitungen. „Doch die Ampel-Regierung unternimmt rein gar nichts, um die Einreise und die eigentlich unzulässige, doppelte Asylantragsstellung in Deutschland zu unterbinden.“
Der Druck auf Griechenland müsse erhöht werden, damit das Land „selbst für ausreichende Sozialstandards“ sorge. „Wenn Unterstützung durch Geld nicht hilft, dann muss es rechtlich unterbunden werden. Dann muss auf Initiative Deutschlands und anderer betroffener Staaten die visafreie Reise in Europa für anerkannte Flüchtlinge eingeschränkt werden.“
Das Bundesinnenministerium verwies gegenüber den Funke-Zeitungen darauf, dass die „Reduzierung von irregulärer Sekundärmigration in der EU“ ihr „explizites Ziel“ sei. Zugleich sagte ein Sprecher des Ministeriums, dass „jeden europäischen Mitgliedstaat“ die „Pflicht“ treffe, „für die Einhaltung der europäischen Vorgaben Sorge zu tragen“. Andere Mitgliedstaaten würden darauf vertrauen. „Es obliegt der Europäischen Kommission als `Hüterin der Verträge` für die Einhaltung des EU-Rechts zu sorgen“, so das Ministerium. (dts/red)
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