Initiative: „Bischöfe sollen sich zu Taten bekennen“ – Missbrauchsbeauftragter dämpft Erwartungen
Der unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat die Erwartungen an das neue Kölner Missbrauchsgutachten gedämpft. Auch mit der Vorstellung des Gutachtens werde „längst nicht alles in Ordnung sein“, sagte Rörig der „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe). Es komme jetzt vor allem darauf an, „welche Verantwortung das Erzbistums dann glaubhaft und umfassend übernehmen will“.
Der Jurist sagte aber auch, dass ein Rücktritt von Bischöfen nur um des Rücktritts willen nichts bringe. Aber: „Ein Rücktritt ist immer auch eine Zäsur, dass nämlich eine Pflichtwidrigkeit zur Aufgabe des Amtes führen kann. Und dann ist doch die spannende Frage, ob ein Rücktritt wirklich auch zu notwendigen Veränderungen führt, also zu einer Kursänderung. Das ist auch abhängig von der Veränderungsbereitschaft des gesamten Systems, der Institution.“
Rörig: Niemand sollte „am eigenen Sessel kleben“
Jeder, der ein wichtiges Amt innehat und pflichtwidrig handelte, sollte sich „selbstkritisch befragen, welche Folgen sein Handeln hatte und welche Schäden und Belastungen dadurch verursacht wurden“. Dann sollte niemand „am eigenen Sessel kleben“.
Wichtig sei zudem ein Blick auf die Prävention von Missbrauch. „Man muss sich unter anderem auch die Frage stellen, welche Risiken zum Beispiel die Beichte von Kindern und Jugendlichen birgt. Wie kann sie so gestaltet werden, dass sie nicht Einfallstor für die Ausnutzung einer Machtstellung wird.“ Diese Fragen müssten jenseits von juristischen Sachverhalten wie Pflichtwidrigkeit und strafbaren Tathandlungen vorangebracht werden, sagte Rörig. Das Erzbistum Köln will das Missbrauchsgutachten am Donnerstag vorstellen.
Initiative: Bischöfe sollen „endlich Verantwortung übernehmen“
Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ hat die deutschen Bischöfe zu einer aktiveren Rolle im Umgang mit Missbrauchstaten aufgefordert.
„Seit 2002 gibt es von den Bischöfen selber beschlossene Regeln zum Umgang mit Missbrauchsverbrechen“, sagte Bundessprecher Christian Weisner der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Mittwoch mit Blick auf die mit Spannung erwartete Vorstellung des Missbrauchsgutachtens im Erzbistum Köln am Donnerstag.
„Diejenigen in den Kirchenleitungen, die diese Regeln nicht beachtet haben, müssen nicht warten, bis solche Gutachten da sind“, betonte Weisner.
„Sie können jetzt handeln und sollten sich jetzt zu ihrem Fehlverhalten bekennen – das gilt nicht nur für Köln.“ Weisner fügte hinzu: „Wir erwarten von den Bischöfen, dass sie endlich Verantwortung übernehmen – es macht keinen guten Eindruck, solche Entscheidungen auf Rom abzuwälzen.“
„Köln ist vor allem ein Kommunikationsdesaster“
Zum Erzbistum Köln sagte Weisner: „Köln ist vor allem ein Kommunikationsdesaster – Kardinal Rainer Maria Woelki wollte der Erste in Sachen Aufklärung sein und hat einen Fehlstart hingelegt, die Betroffenen instrumentalisiert und mit einem zweiten Gutachten auf Hinhaltetaktik gesetzt.“
Seinem eigenen Anspruch, alles möglichst gut und gründlich aufzuklären, sei Woelki nicht gerecht geworden. „Schonungslose Aufklärung ist eine Worthülse“, kritisierte Weisner. „Es fängt ja mit der Vollständigkeit der Personalakten an – es ist erwiesen, dass diese Akten oftmals Lücken aufweisen.“
Woelki steht seit Monaten heftig in der Kritik, weil er ein bereits vor einem Jahr angekündigtes Gutachten einer Münchner Kanzlei zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche mit Verweis auf angebliche methodische Mängel unter Verschluss hält. Am Donnerstag will das Kölner Erzbistum ein neues Missbrauchsgutachten vorstellen. (dts/afp)
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