In der CDU rumort es nach Verlust des Finanzressorts an die SPD – Ging es Merkel nur um Machterhalt?
Nachdem der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble jahrelang das Finanzministerium und die „schwarze Null“ verwaltet hat, sorgt der Verlust des wichtigen Ressorts an die SPD für deutliches Rumoren in der Partei.
Dass die CDU neben dem Innen- auch das Finanzressort gegen das Landwirtschafts- und das Wirtschaftsministerium getauscht habe, sei „eine Einbuße, die vom Wahlergebnis nicht gedeckt ist“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) der „Welt“.
Wie der kommende Innenminister und CSU-Parteichef Horst Seehofer am Donnerstag berichtete, machte die SPD den Zuschlag zu den drei Schlüsselministerien Außen, Finanzen sowie Arbeit und Soziales zur Bedingung für eine Zustimmung zur großen Koalition. Die SPD habe „sehr beharrt, dass sie diese drei Ministerien will, dass sie sonst nicht in die Regierung eintreten kann“, sagte der CSU-Vorsitzende vor einer Vorstandssitzung in München.
Seehofer sagte, für die CSU sei ursprünglich das Bundesfinanzministerium „erste Priorität“ gewesen. Neuer Finanzminister soll der SPD-Vizevorsitzende Olaf Scholz werden. Die CDU bekommt im Gegenzug das Wirtschaftsministerium von der SPD, sie behält unter anderem das Verteidigungsministerium und die Ressorts für Gesundheit sowie für Bildung und Forschung.
Kabinettszuschnitt ein „politischer Fehler“
Kanzlerin Merkel hatte nach der Einigung auf den Koalitionsvertrag am Mittwoch wohl schon geahnt, dass die Ressortverteilung parteiintern auf Kritik stoßen dürfte. Gerade bei der Zuteilung der Ministerien habe die CDU Kompromisse gemacht – die Frage der Verteilung sei „nicht ganz einfach“ gewesen, sagte sie. Nachdem Schäuble über Jahre eine „Institution“ als Finanzminister gewesen sei, „fällt es vielen schwer, dass wir dieses Ministerium nicht mehr besetzen können“.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten sieht in dem Kabinettszuschnitt einen „politischen Fehler“, der bei den CDU-Mitgliedern „nicht gerade für Begeisterungsstürme sorgen“ werde, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Laut von Stetten waren einige Parteikollegen geradezu „erschrocken darüber, welche Ministerien die SPD zugesprochen bekommen hat“.
Bei Schäuble habe „man immer das Grundvertrauen gehabt“, dass er auf europäischer Ebene „im Interesse der Deutschen“ verhandele und klarmache, dass es „keine Leistung ohne Gegenleistung“ gebe, fügte der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion hinzu. Mit einem SPD-Finanzminister bestehe „die Gefahr, dass mehr SPD-Europapolitik ins Finanzministerium einzieht“.
Es geht um die Macht
Wie „Focus-Online“ berichtet, gibt es noch viele andere kritische Bemerkungen: Angela Merkel sei es um den Machterhalt um jeden Preis gegangen. „Puuuh! Wir haben wenigstens noch das Kanzleramt“, twitterte beispielsweise der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting. Das Verhandlungsergebnis zeige, dass es Merkel in erster Linie darum gegangen sei, jetzt eine vierte Koalition auf den Weg zu bringen – nicht zuletzt, um die eigene Position zu festigen, so die Zeitung.
Die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner wies die Kritik an der Ressortverteilung zurück. Die CDU habe seit Jahrzehnten das Wirtschaftsministerium wieder bekommen, „das ist auch ein wichtiges Zeichen“, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. Unter dem Strich habe die Union viele Schlüsselministerien erhalten. Die Abgabe des Finanzministeriums sei der Kompromiss in den Verhandlungen gewesen. (afp/so)
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