„Impfpflicht spaltet die Gesellschaft, aber nicht enden wollende Pandemie auch“
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) zeigt sich neuerdings offen für eine allgemeine Impfpflicht. „Ich befürchte, dass eine Impfpflicht gesellschaftlich spaltet. Aber eine nicht enden wollende Pandemie spaltet auch“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS).
Braun sagte weiter, er finde es „traurig, dass so viele nicht freiwillig das Impfangebot wahrnehmen“. Dies habe dazu geführt, dass das Infektionsgeschehen unter Ungeimpften derzeit zehnmal so hoch sei wie unter Geimpften und die Krankenhäuser überlastet würden.
Zuletzt hatte Braun sich noch ablehnend gegenüber einer allgemeinen Impfpflicht gezeigt. Diese sei bisher nur in Frage gekommen, wenn die WHO die Ausrottung einer infektiösen Krankheit ausgerufen habe. Gegenüber der FAS sagte Braun nun bezugnehmend darauf auch, dass die CDU-Politikerin Güler eine allgemeine Impfpflicht für nicht mehr vermeidbar halte: „Da hat sie leider recht.“
Güler will wegen Ungeimpfter nicht auf Freiheiten verzichten
Güler ist Mitglied von Brauns Team, mit dem dieser sich um den Vorsitz der CDU bewirbt. Angesprochen auf Gülers Aussage, sie sei nicht mehr bereit, „wegen Ungeimpfter auf ihre Freiheiten“ zu verzichten, sagte Braun: „Ja, und so denkt auch die Mehrheit der Bevölkerung.“
Er wünsche sich, „dass der Ethikrat sich jetzt intensiv mit den vielen offenen Fragen beschäftigt: Was sind die Sanktionen, wenn man einer Impfpflicht nicht nachkommt? Für wen gilt sie überhaupt? So eine grundlegende Frage sollte in einem breiten politischen Konsens entschieden werden.“
Braun skizzierte seine Pläne für den Fall, dass er zum CDU-Vorsitzenden gewählt würde: So will er etwa einen neuen Führungsstil kultivieren. „Ich glaube, dass es traditionell häufig als Stärke empfunden wurde, wenn man versucht hat, allein zu führen.“
Er selbst habe eine andere Vorstellung von Führung. „Wenn die CDU eine Volkspartei sein will, die konservative Themen, soziale Themen, emotionale Wärme, Frauen und Männer, Ost und West abbilden will, dann ist die Vorstellung, dass das durch eine Person gelingt, überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Dann braucht es die Führungsstärke zu sagen: Ich kann andere auch sehr gut glänzen lassen.“
Verdacht auf Omikron-Infektion in Hessen
Unterdessen breitet sich die so genannte Omikron-Variante des Coronavirus aus. Die neue Art des Virus ist höchstwahrscheinlich bereits in Deutschland angekommen.
Bei einem Reiserückkehrer aus Südafrika wurden in der vergangenen Nacht mehrere für Omikron typische Mutationen gefunden, wie der hessische Sozialminister Kai Klose (Grüne) am Samstag auf Twitter mitteilte. „Es besteht also ein hochgradiger Verdacht, die Person wurde häuslich isoliert.“ Die vollständige Sequenzierung steht zum aktuellen Zeitpunkt noch aus, schrieb Klose weiter.
Omikron könnte wegen ungewöhnlich vieler Mutationen noch ansteckender sein als die derzeit grassierende Delta-Variante und die existierenden Impfstoffe weniger wirksam machen. Eindeutig nachgewiesen ist dies aber noch nicht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufte die zuerst in Südafrika entdeckte Variante mit der wissenschaftlichen Bezeichnung B.1.1.529 als „besorgniserregend“ ein.
Zahlreiche Länder, darunter auch Deutschland und weitere Mitgliedstaaten der EU, haben bereits den Flugverkehr mit Südafrika und weiteren Ländern der Region eingestellt. (dts/dpa/oz)
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