Impfpflicht im Gesundheitswesen: Zweifel an der Umsetzung wächst
Sieben Wochen vor Einführung der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht in medizinisch-pflegerischen Betrieben gibt es in den nordrhein-westfälischen Kommunen erhebliche Zweifel an Umsetzung und Kontrollierbarkeit.
„Die Bundesregierung muss schnell alle offenen Fragen klären. Es kann nicht sein, dass uns in den Städten wieder ein irrer Verwaltungsaufwand auf die Füße fällt“, sagte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), der zugleich Vize des NRW-Städtetages ist, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Montagausgabe).
Bislang sei völlig ungeklärt, wie sich der Bund das Zusammenspiel von Arbeitgebern und Gesundheitsämtern im Umgang mit personenbezogenen Daten vorstelle und wie Beschäftigungsverbote durchgesetzt werden sollen, so Kufen.
Städtetag warnt vor Durcheinander bei Pflege-Impfpflicht
Bund und Länder müssten „umgehend die vielen offenen Fragen für die einrichtungsbezogene Impfpflicht“ klären, sagte auch Städtetagspräsident Markus Lewe den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben). Die Ausgestaltung des Gesetzes drohe „für ziemliches Durcheinander zu sorgen“.
Der Oberbürgermeister von Münster sagte: „Wir wissen zum Beispiel nicht, für wen die Impfpflicht genau gelten soll und welche Ausnahmen ausgesprochen werden können.“ Außerdem könnten es die Gesundheitsämter nicht leisten, „nach dem Stichtag am 15. März noch zusätzlich viele tausende Verfahren wegen nicht nachgewiesener Impfungen zu verfolgen“. Die Folge sei Unklarheit in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, ob das Personal noch einsetzbar sei.
Gesundheitsämter befürchten Bürokratie-Lawine
Mit der Reform des Infektionsschutzgesetzes hat die Ampel-Koalition im Dezember beschlossen, dass ab 15. März alle Beschäftigten in Einrichtungen wie Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen, Pflegedienstleistern, Rettungsdiensten oder Geburtshäusern vollständig geimpft sein müssen.
Das gilt nicht nur für Beschäftigte in medizinisch-pflegerischen Berufen, sondern auch für Reinigungs- und Küchenpersonal oder Verwaltungsjobs. Wird der Impfnachweis nicht erbracht, soll der Arbeitgeber dies dem zuständigen Gesundheitsamt melden, das daraufhin ein Beschäftigungsverbot aussprechen müsste.
Trotz der vergleichsweise hohen Impfquote wartet auf die 53 Gesundheitsämter in NRW womöglich eine Bürokratie-Lawine. Die Zeit drängt: Nur wer bis zum 28. Januar eine Erstimpfung erhält, kann zum Beginn der Impfpflicht als „vollständig geimpft“ gelten.
Unklar ist, wie die Gesundheitsämter bei Rechtsstreitigkeiten um medizinische Atteste, sozialen Härten wegen wegfallender Entgeltfortzahlung oder Versorgungsengpässen in einzelnen Pflegeheimen verfahren sollen. Kritiker aus der Pflegebranche hatten bereits Befürchtungen geäußert, dass die Impfpflicht den Fachkräftemangel weiter verschärfen werde. (dts/red)
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