Impfpflicht für Pflegekräfte in der Praxis – Impfanreize: 1.000 Euro und Eierlikör

Überzeugungsarbeit, Geldprämien oder eine Flasche Eierlikör als Impfanreiz. Mit unterschiedlichen Methoden versuchen Pflegeeinrichtungen, die Impfquoten in ihren Häusern zu erhöhen. Dabei steht schon jetzt fest, dass Gesundheitsämter den mit der Impfpflicht verbundenen Arbeitsaufwand kaum bewältigen können.
Eine Mitarbeiterin des Klinikums Stuttgart bereitet in einer Impfstation eine Spritze für eine Impfung gegen das Coronavirus vor.
Eine Mitarbeiterin des Klinikums Stuttgart bereitet in einer Impfstation eine Spritze für eine Impfung gegen das Coronavirus vor. Symbolbild.Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 4. März 2022

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Unabhängig davon, ob eine allgemeine Impfpflicht kommt oder nicht: Ab dem 16. März soll die COVID-Impfpflicht im Gesundheitswesen gelten. Zum 15. März müssen demnach alle davon betroffenen Personengruppen ihren Impfstatus offenlegen. Für jeden, der eine ärztliche Bescheinigung vorlegen kann, wonach eine Impfung nicht empfohlen wird, entfällt die Impfpflicht.

Pflegeeinrichtungen gehen mit dieser Thematik unterschiedlich um. Während einige sich dafür aussprachen, die Impfpflicht nicht umzusetzen, gibt es auch solche, die schon im Vorfeld nicht geimpfte Mitarbeiter freistellten oder sich ganz von ihnen trennten.

Impfanreize für das Personal

Wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtete, gilt in den Einrichtungen der BeneVit Gruppe, die bundesweit 26 Pflegeheime betreibt, schon vor dem gesetzlichen Stichtag die 2G-Regelung. Laut „Spiegel“ hat die Geschäftsführung sich dafür zusätzliche Team-Anreize einfallen lassen. Bei einer Impfquote von 60 Prozent an einem Standort gibt es 1.000 Euro fürs Personal. Damit könne eine Feier oder ein Betriebsausflug finanziert werden – sobald dies möglich ist.

Außerdem setzte man bei BeneVit auf Überzeugungsarbeit. Beispielsweise habe sich eine jüngere Mitarbeiterin, die fürchtete, dass sie nach einer Impfung nicht mehr schwanger werden könne, letztendlich impfen lassen.  Einer herzkranken Pflegekraft gab ein Arzt grünes Licht, geimpft werden zu können.

Für jeden Neugeimpften gibt es eine Flasche Eierlikör. Besonders bei den Heimbewohnern sei das gut angekommen, berichtete Nermin Hodzic, Heimleiter des BeneVit-Pflegeheims „Schlossblick“ im bayerisch-schwäbischen Syrgenstein nahe Ulm. Die Idee mit dem Eierlikör entstand während der regelmäßigen Corona-Tests der Heimbewohner, erklärte BeneVit-Chef Kasper Pfister. Der Rachenabstrich sei recht schmerzhaft. „In einigen Einrichtungen gibt es deshalb für jeden Bewohner, der möchte, anschließend ein Stamperl mit Eierlikör.“ Zwar werde niemand, der aus Überzeugung gegen die Impfung ist, dadurch seine Meinung ändern, aber so sei ein bisschen Leichtigkeit in die Debatte gekommen.

Die 84-jährige Heimbewohnerin Anne Roth fühlt sich jedenfalls inmitten der geimpften Pflegekräfte sicher. „Wir sind nun alle geimpft und schützen uns dadurch viel besser“, meinte sie. Am 10. März steht für sie die vierte Impfdosis an. „Das ist wie Zähneputzen“, so Roth.

98 Prozent der 1.700 BeneVit-Mitarbeiter und 96 Prozent der Bewohner sind geimpft. Nach Auskunft des Geschäftsführers trennte sich das Unternehmen von 18 Angestellten. 32 Kräfte wurden freigestellt, darunter fünf aus der Pflege. Sie erhalten zumindest bis zum 15. März Lohnfortzahlung.

Unbezahlte Freistellung bis Pandemie-Ende

Auch in den 17 Artemed-Kliniken verlangt die Geschäftsführung bereits seit dem 1. Januar einen Impfnachweis. Schon seit Juni 2021 wurde hier die Impfpflicht für Mitarbeiter vorbereitet. Wer sich nicht impfen lassen will, konnte die Option der unbezahlten Freistellung wählen. „Das sind ja geschätzte Mitarbeiter – wir möchten, dass sie sich impfen, aber wir möchten nicht, dass sie kündigen“, so Geschäftsführer Rainer Salfeld. Wenn die Pandemie für beendet erklärt wird oder sich die Mitarbeiter impfen lassen, können sie an ihren Arbeitsplatz zurück

Begründet wurde die Impfpflicht mit Schutz der „sehr vulnerablen Patienten“, der „absolut vorrangig“ sei, sowie mit möglichen Arbeitsausfällen nicht geimpfter Mitarbeiter.

Die Reaktion sei vor allem positiv gewesen. 99 Prozent der Mitarbeiter seien geimpft; von einigen habe man sich jedoch getrennt. „Eine Kündigungswelle blieb aus, die Versorgung können wir unverändert aufrechterhalten“, so der Geschäftsführer.

„Vereinzelt haben meine Kollegen und ich leicht verstörende Mails bekommen. Die Verrückteste war eine Anzeige beim Europäischen Kriegsgerichtshof in Den Haag wegen „biological warfare‘ gegen die Mitarbeiter. Aber auch einfacher gehaltene Mails wie ‚Wir kriegen Dich, Du Schwein‘ sind eingegangen“, schildert Salfeld weiter.

Nur mit wenigen „ganz Verbohrten“ habe man keine inhaltliche Diskussion führen können. Dabei sprach Salfeld von „abenteuerlichen Theorien“, wonach die Weltbevölkerung von 7,8 auf 0,5 Milliarden Menschen reduziert werden solle, „indem alle Geimpften tot umfallen, wenn zu gegebener Zeit der Befehl mittels 5G übermittelt wird und der Chip in unserem Körper reagiert“, so der Geschäftsführer.

Aufschiebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht

Mit Sorge schauen viele Gesundheitsämter auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Bereits jetzt ist klar, dass nicht alle Behörden die damit verbundenen Aufgaben bewältigen können. In einem der Epoch Times vorliegenden Brief wandte sich daher Joachim Walter, Präsident des Landkreistages Baden-Württemberg, an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und bat darum, die geplante Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aufzuschieben.

„Für die ohnehin schwer belasteten Gesundheitsämter würde die Umsetzung einen enormen zusätzlichen Aufwand bedeuten, der aus meiner Sicht in keiner Relation zu einem möglichen Nutzen steht. Wir hätten es mit einem riesigen Behördenbeschäftigungsprogramm ohne erkennbare positive Auswirkungen auf das pandemische Geschehen zu tun und würden insbesondere den bereits bestehenden Pflegenotstand noch zusätzlich verschärfen“, so Walter.

Nicht nur ungeimpfte Pflegekräfte hätten sich an die Gesundheitsämter gewandt, sondern auch ihre geimpften Kollegen, die durch den Ausfall des nicht geimpften Personals eine noch höhere Arbeitsbelastung fürchten. Die Versorgung der pflegebedürftigen Menschen sei gefährdet.

Als die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen wurde, sei dies laut Walter aufgrund der vorherrschenden Deltavariante richtig gewesen. Aufgrund milder Verläufe von Omikron-Infektionen müsse dies nun genau abgewogen werden.

Wenn Lauterbach von verschiedenen Medien mit den Worten zitiert wird, dass das „Aussetzen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht der Glaubwürdigkeit der Politik schaden“ würde, argumentiert Walter: „Ich sehe es genau anders herum: Mit dem Durchsetzen einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht auf der Basis aktueller Entwicklungen wird die Akzeptanz der Bevölkerung für staatliches Handeln vielfach zerstört.“

Im Hinblick auf Lauterbachs Aussage, dass die Impfpflicht keine Schikane gegen das Personal in den Einrichtungen darstelle, sondern es vielmehr um den „Schutz der den Mitarbeitern anvertrauten Menschen“ gehe, fragt Walter: „Wie aber werden Sie den betroffenen Pflegekräften erklären, dass sie mit einer Impfung die ihnen anvertrauten Menschen schützen können, wenn mittlerweile klar ist, dass zahlreiche bereits geboosterte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Virus in die Pflegeeinrichtungen tragen?“

Staatliches Handeln müsse immer glaubwürdig bleiben. Diese Leitsätze haben sich laut Walter Landkreise, Städte und Gemeinden zu eigen gemacht. Das würden die Menschen auch von allen staatlichen Ebenen erwarten.

Der Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenendzeitung, Ausgabe 34 vom 5./6. März.



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