Immer beliebter, doch nicht immer legal: Dashcams im Auto bleiben zweischneidiges Schwert

Mit dem Endspurt der Kfz-Versicherer für 2024 rückt auch ein Thema wieder verstärkt in den Fokus: Dashcams. Während einige Versicherer sogar Rabatte für deren Installation anbieten, bleiben Fragen zum Datenschutz und der rechtlichen Zulässigkeit dieser Aufnahmen weiterhin kontrovers.
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Dashcams zeichnen das Verkehrsgeschehen auf. Sie sind datenschutzrechtlich umstritten.Foto:  Julian Stratenschulte/dpa
Von 20. Oktober 2024

Der Endspurt der Versicherer um die Kfz-Tarife für das nächste Jahr tritt bald in seine heiße Phase. Bis zum 30. November werden Anbieter massiv um Kunden werben und einige locken mit kreativen Sonderkonditionen. Einige Versicherer bieten sogar Rabatte für Fahrer an, die in ihrem Wagen eine Dashcam installieren.

Wie viele Überwachungskameras sich in deutschen Kraftfahrzeugen befinden, ist ungewiss. Ihre Beliebtheit hat jedoch im Laufe der vergangenen Jahre erheblich zugenommen. Modelle sind bereits für unter 100 Euro zu haben, einzelne Autobauer wie Tesla haben sie sogar serienmäßig in Fahrzeuge integriert. BMW und Mercedes experimentieren noch.

Anwalt erhält nach zahlreichen Anzeigen unwillkommene Post

Autofahrer versprechen sich durch den Einsatz von Dashcams am Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe mehr Sicherheit – insbesondere dann, wenn es um die Beweissicherung nach einem Unfall geht. In einigen Fällen hat es für die Betreffenden jedoch schon unliebsame Überraschungen gegeben.

So sah sich ein Anwalt aus Bayern, der auf Grundlage der Aufnahmen von Dashcams in seinem Auto regelmäßig Anzeigen gegen andere Verkehrsteilnehmer erstattete, 2013 plötzlich selbst mit einem Bescheid konfrontiert. Dieser kam vom Bayrischen Landesamt für Datenschutzaufsicht, das die Polizei zuvor infolge der Vielzahl der Anzeigen informiert hatte. Sie forderte den Anwalt dazu auf, die Kamera zu entfernen und die Aufnahmen zu löschen.

Zwar wies der Bescheid, wie sich später herausstellte, einen Formfehler auf, allerdings attestierte das Verwaltungsgericht in Ansbach dem Advokaten einen „besonders schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte“. Durch die permanente Aufzeichnung seien viele Personen in kurzer Zeit davon betroffen.

Einsatz von Dashcams nicht grundsätzlich verboten – permanentes Filmen schon

Im Jahr 2017 verurteilte das Amtsgericht München eine Autohalterin zu einer Geldbuße von 150 Euro. Ihr wurde vorgeworfen, durch eine permanente Aufzeichnung des öffentlichen Verkehrsraums gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen zu haben. Andere Gerichte ließen Aufnahmen von Dashcams wiederum als Beweismittel in verkehrsgerichtlichen Verfahren zu.

Prinzipiell verboten ist der Einsatz von Dashcams in Kraftfahrzeugen in Deutschland nicht. Dies stellte auch der Bundesgerichtshof anlässlich eines Falls aus Magdeburg klar. Auch der BGH betonte, dass eine „permanente und anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens“ nicht „mit den datenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes vereinbar“ sei.

Allerdings sei die Verwertung von Aufzeichnungen aus Dashcams, die ein Unfallbeteiligter vom Unfallgeschehen gefertigt habe, als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess zulässig.

In dem Urteil, das als Leitentscheidung in diesem Themenkomplex gilt, machte der BG auch deutlich, dass der Einsatz von Dashcams in der Öffentlichkeit grundsätzlich nie unbedenklich sei. Er berühre in jedem Fall datenschutzrechtliche Bestimmungen, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Dashcams schaffen „permanenten Überwachungsdruck“ für Verkehrsteilnehmer

Solange der Betreiber der Dashcam selbst die Möglichkeit habe, manuell die Aufnahme dauerhaft zu speichern und einzusehen, bestehe für andere Verkehrsteilnehmer „ein permanenter Überwachungsdruck“. Im Regelfall bekomme die Beobachtung sogar den Charakter einer heimlichen Videoüberwachung, weil kaum ein gut sichtbarer Hinweis auf die Aufzeichnung erfolge.

Auch die Zusammenführung der immensen Datenmengen stelle ein bisher unterschätztes Risiko dar, heißt es in dem Urteil weiter. Allerdings sei die Intensität des Eingriffs in die geschützten Rechte der Mitbürger umso geringer, je kürzer die Aufzeichnungen gehalten würden.

Um Dashcams legal nutzen zu können, sind jedenfalls einige zentrale Punkte zu beachten. So ist ein permanentes Filmen des Straßenverkehrs nicht erlaubt. Die Aufnahmen müssen in kurzen Abständen überschrieben werden. Das Speichern von Daten ist lediglich anlassbezogen erlaubt. Dies ist beispielsweise mit Blick auf ein konkretes Ereignis wie einen Unfall gestattet. Moderne Dashcams verfügen mittlerweile über Funktionen wie Loop-Aufnahmen und Bewegungssensoren, die einen datenschutzkonformen Einsatz erleichtern.

Je gravierender der Sachverhalt, umso wahrscheinlicher ist Aufnahme verwertbar

Ob ein Gericht Dashcam-Aufnahmen in einem Verfahren als Beweismittel zulässt, liegt im Ermessen des jeweiligen Richters. In jedem Fall wird dieser eine Abwägung zwischen dem Interesse an der Beweisführung und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte vornehmen.

Das BGH-Urteil von 2018 hat jedoch eine zunehmende Tendenz in der Rechtsprechung erkennen lassen, Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zuzulassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie schwerwiegende Verkehrsverstöße oder komplexe Unfallhergänge dokumentieren. Auch in Verdachtsfällen von Versicherungsbetrug ist davon auszugehen, dass Strafgerichte dazu neigen, die Verwertung der Aufnahmen zuzulassen.

Nicht in allen Ländern ist der Umgang mit Dashcams gleich. So setzen Österreich oder die Schweiz der Anfertigung und Speicherung von Aufnahmen mit Dashcams ebenfalls sehr enge Grenzen. In Großbritannien oder Russland hingegen gibt es kaum Restriktionen. Dort landen zahlreiche Aufnahmen auch auf Videoplattformen.

Bußgelder bis dato noch unter 1.000 Euro

Die Bußgelder, die bislang im Zusammenhang mit Aufzeichnungen aus Dashcams verhängt wurden, bewegen sich in Deutschland im dreistelligen Bereich. Theoretisch wären den Datenschutzbestimmungen von Bund, Ländern und EU zufolge jedoch deutlich höhere Beträge möglich. So warnt der niedersächsische Datenschutzbeauftragte Denis Lehmkemper:

Eine künftige Anpassung der Bußgeldhöhen ist nicht auszuschließen, wenn eine stärker abschreckende Wirkung erforderlich werden sollte.“



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