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Auf NATO-Bündnisfall nicht vorbereitet

Im Ernstfall „nicht ziviltüchtig“: Malteser für Pflichtdienst im Bevölkerungsschutz

Im Ernstfall wie einem Krieg könnten die Menschen in Deutschland nicht zufriedenstellend mit dem Nötigsten versorgt werden. Auch das Gesundheitssystem hat Lücken. Hilfsorganisationen warnen – vor allem vor Personalmangel.

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Das Deutsche Rote Kreuz ist Teil des Zivilschutzes.

Foto: EKH-Pictures/iStock

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Lesedauer: 4 Min.

Dass die Bundeswehr teilweise erhebliche Schwächen hat, ist weitläufig bekannt. Doch auch der Zivilschutz, also der allgemeine Schutz und die Versorgungsfähigkeit der Bevölkerung durch Hilfsorganisationen, wäre unzureichend ausgestattet und gerüstet.
Davor warnen jetzt diese Dienste sowie Gesundheitsexperten. Zu den Hilfsdiensten zählen unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter Samariterbund oder die Malteser.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) spricht seit einigen Monaten bereits davon, Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen. Albrecht von Croÿ, Vizepräsident der Malteser in Deutschland, schlug jetzt jedoch Alarm: „Wir sind nicht ziviltüchtig.“

Vorschlag für mehr Personal

Das Problem sei vor allem der Mangel an Personal bei den Hilfsdiensten. Hiervon bräuchte es deutlich mehr. Laut von Croÿ benötigten die Hilfsdienste pro Jahrgang 5.000 Leute. Doch nur die Hälfte davon würde sich freiwillig melden. Es gebe also noch ein Defizit von 2.500 Helfern.
Daher schlussfolgerte der Malteser-Vizepräsident: „Das geht nicht ohne einen Pflichtdienst.“ Von Croÿ hat sich hierfür ein neues Dienstmodell, den „Gesellschaftsdienst im Bevölkerungsschutz“, ausgedacht und vorgeschlagen. Dieser soll auf vier Jahre gestreckt und neben Beruf und Ausbildung geleistet werden können.
Seit 2012 gibt es in Deutschland keinen Zivildienst mehr, da ein Jahr zuvor die Wehrpflicht endete. Derzeit gibt es noch den Bundesfreiwilligendienst, den junge Menschen nach ihrer Schulzeit ableisten können. Er dauert je nach Vertragsverhältnis zwischen sechs und 24 Monaten.
Im Verteidigungs- oder Ernstfall kann die Bundesregierung die Dienstpflicht wieder aktivieren. Im Bundestag wäre dafür eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Laut einer INSA-Umfrage für die „Bild“ befürwortet in der Bevölkerung eine knappe Mehrheit von 53 Prozent der Deutschen die Wiedereinführung einer allgemeinen Dienstpflicht.
Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Mai dieses Jahres befürworteten diesen Schritt allerdings noch 75 Prozent der Befragten. Die exakte Frage lautete: „Sollte eine einjährige allgemeine Dienstpflicht für junge Männer und Frauen in Bundeswehr oder Sozialeinrichtungen eingeführt werden?“

Gesundheitssystem nicht vorbereitet

Bedenken äußerten auch Gesundheitsexperten. Sie sehen das deutsche Gesundheitssystem nicht ausreichend ziviltüchtig, falls der Bündnisfall tatsächlich ausgerufen werden müsste. Bei einem feindlichen Angriff wäre das System wohl mit vielen Tausenden verletzten Menschen zusätzlich konfrontiert, die die Ärzte und Pfleger behandeln müssten.
Der Bundesvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Andreas Gassen, sagte der „Bild“: „Unser Gesundheitssystem ist nicht auf den NATO-Bündnisfall vorbereitet. Es bräuchte eine Erhebung unter Praxen und Krankenhäusern, um herauszufinden, welche Kapazitäten wir potenziell haben.“
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, spricht sich für regelmäßige Übungen an Krankenhäusern und eine Stärkung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr aus. Dahmen forderte: „Wir brauchen eine Zeitenwende im Gesundheitswesen.“

Zivilschutz auf dem Lehrplan?

Stark-Watzinger hatte im März gesagt, die Gesellschaft müsse sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten. Als möglichen Ernstfall nannte sie eine Pandemie, Naturkatastrophen, aber – mit Blick auf die Situation in der Ukraine – auch einen Krieg.
„Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken“, sagte die FDP-Politikerin. Sie befürwortete die Einführung von Zivilschutzübungen an Schulen und rief diese auf, ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln.
Kritik kam daraufhin von mehreren Bildungspolitikern. „Wir müssen unsere Kinder schultüchtig machen und nicht kriegstüchtig“, sagte beispielsweise der bildungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek (CDU).
(Mit Material von dts)

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