Im Bundestag droht neuer Zwist um Wahl von AfD-Vizepräsidenten und Nachtsitzung
Im Bundestag droht heute ein weiterer Zwist um die Wahl eines AfD-Politikers zum Bundestagsvizepräsidenten sowie eine sich abzeichnende Nachtsitzung. Als Kandidaten schlug die Fraktion erneut den 63-jährigen Abgeordneten Gerold Otten vor, der am 11. April im ersten Wahlgang nicht die notwendige absolute Mehrheit erreicht hatte. Der AfD wurden Verfahrenstricks und Behinderung der Parlamentsarbeit vorgeworfen, was die Partei aber zurückwies.
In der vergangenen Woche hatte die AfD gleich drei Bewerber ins Rennen schicken wollen, um so eine Stichwahl zwischen zwei AfD-Politikern um das Vize-Amt zu erzwingen. Dabei wäre dann nach ihrer Rechtsauffassung derjenige Bewerber mit den meisten Stimmen gewählt, auch wenn insgesamt die Nein-Stimmen überwiegen sollten. Politiker anderer Fraktionen hielten dies für unzulässig, der Wahlgang war daher abgesagt worden.
Diesmal lag bis Mittwochmittag nur Otten als Wahlvorschlag vor. „Es bleibt nur bei Otten“, stellte auf Anfrage auch AfD-Fraktionssprecher Christian Lüth klar.
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider hatte daran zuvor Zweifel geäußert, weil in der Vorwoche die zusätzlichen Bewerber erst kurzfristig in der Sitzung präsentiert worden waren. Er bekräftigte auch, dass es aus Sicht der SPD nur möglich sei, einen Bewerber pro Fraktion zu benennen.
Unterdessen stellen sich die Abgeordneten von Donnerstag auf Freitag auf eine lange Nacht ein. Schneider machte dafür die AfD verantwortlich. Diese habe es abgelehnt, wie bisher üblich Reden zu später Stunde nur schriftlich zu Protokoll zu geben. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach die Partei wegen der Ablehnung ihrer Vizepräsidenten-Kandidaten so vorgehe.
Lüth bestätigte, dass die AfD Reden grundsätzlich nicht zu Protokoll geben wolle, widersprach jedoch einem solchen Zusammenhang. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, sagte der Fraktionssprecher. Vielmehr sei die AfD der Auffassung, dass „die Bürger einen Anspruch auf Debatten haben“.
Die Donnerstagssitzung soll nun bis 04.20 Uhr am folgenden Morgen dauern. „Wir haben uns in der Fraktion darauf eingestellt, ich werde auch so lange da sein“, sagte Schneider. Sollten während der Nacht weniger als die Hälfte der Bundestagsabgeordneten im Plenum sein, könnte über eine Feststellung der Beschlussunfähigkeit ein Sitzungsabbruch erzwungen werden.
Otten sagte dem Portal „t-online.de“, er sei „weiterhin der Wunschkandidat der Fraktion“. Er verteidigte allerdings den Versuch, mehrere Kandidaten zu präsentieren, als „einen erfolgversprechenden Weg“. Otten deutete an, dass statt der Fraktion auch einzelne Abgeordnete zusätzliche Bewerber vorschlagen könnten. Dies sei „eine juristische Grauzone“.
„Ich leiste seriöse Arbeit im Parlament, habe vom ersten Tag an die Sacharbeit in den Vordergrund gestellt“, verteidigte Otten seine Bewerbung. Auch würde seine Wahl „die Kräfte der Mitte in der AfD stärken“.
Vor Otten waren bereits die AfD-Politiker Albrecht Glaser und Mariana Harder-Kühnel mit Bewerbungen um das Amt des Bundestagsvizepräsidenten gescheitert. Eigentlich steht laut Geschäftsordnung jeder Fraktion ein Sitz im Parlamentspräsidium zu, die Abgeordneten sind gleichwohl bei ihrer Wahlentscheidung frei. (afp)
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