VW-Tarifverhandlungen: IG Metall stellt sich kämpferisch – VW warnt, „die Situation ist ernst“

Gewerkschafter und Beschäftigte bei Volkswagen haben sich zum Auftakt der Tarifverhandlungen in Hannover kämpferisch gezeigt und fordert vom Konzern konkrete Aussagen zu möglichen Einsparungen. VW bekräftigt zum Auftakt seinen Sparwillen.
Wegen der neuen Sparpläne bei VW wurde die Tarifrunde vorgezogen. Neben der Entgeltrunde geht es auch um die von VW gekündigte Beschäftigungssicherung. (Archivbild)
Wegen der neuen Sparpläne bei VW wurde die Tarifrunde vorgezogen. Neben der Entgeltrunde geht es auch um die von VW gekündigte Beschäftigungssicherung. (Archivbild)Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Epoch Times25. September 2024

Gewerkschafter und Beschäftigte bei Volkswagen haben sich zum Auftakt der Tarifverhandlungen am Mittwoch in Hannover kämpferisch gezeigt. IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger warf der Geschäftsführung vor, für die Krise bei VW verantwortlich zu sein. Die Belegschaft werde es nicht hinnehmen, dass sie dies nun ausbaden soll, sagte er laut vorab verbreitetem Redetext. An der Kundgebung nahmen nach Gewerkschaftsangaben mehr als 3.000 Menschen teil.

„Dieselskandal, Fehleinschätzungen, Fehlentscheidungen sind nicht das Verschulden der Beschäftigten“, sagte Gröger demnach. „Das war und ist die Verantwortung des Top-Managements.“ Die deutsche Autoindustrie und VW in vorderster Reihe stecken in der Krise. Sinkende Absätze besonders bei E-Autos und zugleich hohe Investitionskosten für die E-Auto-Entwicklung belasten die Branche. Bei VW stehen deshalb ein Job-Abbau und sogar Werksschließungen zur Debatte.

„Wir erwarten heute Antworten“, sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Thorsten Gröger im Hinblick auf geplante Jobkürzungen. „Wir erwarten Schluss mit dem Negativszenario.“ Denn: „Mit Angst macht man keine Zukunft – mit Angst zerstört man Zukunft!“

Cavallo: „Angriff auf unsere Wurzeln“

Die Konzernführung hatte unter Verweis auf die Probleme eine Reihe von Tarifverträgen gekündigt, darunter Regelungen zur Beschäftigungssicherung, zur Übernahmegarantie für Auszubildende und den Arbeitsbedingungen für Zeitarbeiter. „Es braucht eine Jobgarantie nicht nur für Schönwetterzeiten, sondern gerade, wenn es schwierig wird“, sagte Gröger dazu.

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo bekräftigte: „Die Gleichrangigkeit von Beschäftigungssicherung und Wirtschaftlichkeit ist unverhandelbar“, sagte sie. „Natürlich haben wir aktuell heftige Probleme aufseiten der Wirtschaftlichkeit. Aber die löst man eben nicht, indem man Werksschließungen als Drohkulisse auffährt.“

Gröger kündigte massiven Widerstand an. „Wir stehen erst am Anfang einer Auseinandersetzung mit dem Unternehmen, die sich gewaschen hat.“ Ab 1. Dezember seien auch Warnstreiks möglich. „Wenn es nötig ist, dann stehen an Volkswagen-Standorten Zehntausende vor den Werkstoren und auf den Straßen.“

Betriebsratschefin Daniela Cavallo sprach von einem „Angriff auf unsere Wurzeln“. Bei VW sei es neben der Wirtschaftlichkeit schon immer auch um die Beschäftigungssicherung gegangen. Das gehöre zur DNA von Volkswagen. Nun fahre die Chefetage „Werksschließungen als Drohkulisse auf“ und verängstige die Belegschaft mit Schlagzeilen über Massenentlassungen.

Die Tarifverhandlungen waren eigentlich erst für Ende Oktober angesetzt, wurden angesichts der Krise aber vorgezogen. Neben der Entgelterhöhung geht es nun auch um weitere Themen wie die Beschäftigungssicherung, Auszubildende und Leiharbeiter. Zudem bleibt die IG Metall bei ihrer Branchenforderung von sieben Prozent mehr Lohn sowie 170 Euro mehr für Auszubildende.

VW zum Start der Tarifrunde: „Die Situation ist ernst“

VW hat zum Start der Tarifverhandlungen mit der IG Metall seine Sparziele bekräftigt. „Wir müssen gemeinsam unser Unternehmen restrukturieren. Die Situation ist ernst“, sagte VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel, Personalvorstand der Kernmarke Volkswagen, vor dem Auftakt der Tarifgespräche in Hannover. „Aufgabe ist es jetzt, tragfähige Lösungen zu finden.“

Die eigentlich erst für Ende Oktober geplante Tarifrunde war vorgezogen worden, nachdem VW seinen Sparkurs Anfang des Monats verschärft hatte. „In der ersten Verhandlungsrunde wird es darum gehen, dass wir uns ein gemeinsames Bild über die Ausgangslage verschaffen“, so Meiswinkel. Statt nur über das Entgelt soll auch über die von VW gekündigte Beschäftigungssicherung verhandelt werden.

Die IG Metall lehnt betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen strikt ab und fordert sieben Prozent mehr Lohn für die 120.000 VW-Beschäftigten an sechs westdeutschen Standorten, die unter den Haustarif fallen.

Weil fordert Lösung am Verhandlungstisch

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat vor dem Start der Tarifgespräche dazu aufgerufen, am Verhandlungstisch eine Lösung zu finden. „Volkswagen braucht Gespräche, Volkswagen braucht kluge Konzepte, aber Volkswagen braucht keinen weiteren öffentlichen Schlagabtausch“, sagte Weil am Mittwochmorgen laut Redetext in einer Regierungserklärung im Landtag in Hannover. In der Stadt beginnen am Vormittag die Tarifgespräche zwischen VW und der IG Metall.

Weil sitzt für Niedersachsen im Aufsichtsrat von VW, das Land hält gut 20 Prozent der Anteile. Bei wichtigen Entscheidungen hat Niedersachsen ein Vetorecht. Weil erinnerte daran, dass die Automobilindustrie die wichtigste Branche in Niedersachsen sei und dort insgesamt für rund 4,5 Prozent aller Arbeitsplätze stehe. Nun aber sei der Autobauer in einer schwierigen Lage.

Die deutsche Autoindustrie und VW in vorderster Reihe stecken in der Krise. Sinkende Absätze besonders bei E-Autos und zugleich hohe Investitionskosten für die E-Auto-Entwicklung belasten die Branche. Bei VW stehen deshalb ein Job-Abbau und sogar Werksschließungen zur Debatte.

„Die Ankündigungen des Vorstands haben bei den Beschäftigten in den Werken, an den Standorten und weit darüber hinaus tiefe Betroffenheit ausgelöst“, sagte Weil zu den angekündigten Sparplänen des Autobauers. Daher brauche das Unternehmen nun Lösungen und es bestehe Handlungsbedarf. Niedersachsen werde sich „auch dieses Mal als konstruktive und verantwortungsbewusste Miteigentümer in die anstehenden Beratungen einbringen“, versprach der Ministerpräsident. „Wir fühlen uns ausdrücklich mitverantwortlich.“ (afp/dpa/red)



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