Welche Auswirkungen hat eine Verlegung des Wahllokals?
Werden Wahllokale umverteilt sinkt die Wahlbeteiligung. Diesen Effekt stellten Forscher des Münchner ifo-Instituts fest, als sie die Wahlbeteiligung in München untersuchten. Demnach ging die Wahlbeteiligung um 0,6 Prozent zurück.
„München hat in der Vergangenheit wiederholt Wahllokale umsortiert, mit dem Ziel, den Wahlvorgang für Bürger zu vereinfachen – etwa durch die Bereitstellung barrierefreier Wahllokale oder die Anpassung von Stimmbezirken. Dies führte in den betroffenen Bezirken jedoch zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung und einer Verschiebung von der Urnen- zur Briefwahl“, sagte ifo-Forscher Jean-Victor Alipour.
Zwischen 2013 und 2020 änderte sich für 58 Prozent der Münchner Wohnadressen mindestens einmal das Wahllokal. Wie das ifo analysiert, bemerkten viele Wähler die Umstellung beim ersten Mal zu spät, um noch auf Briefwahl umstellen zu können.
Profitierten Parteien davon?
0,6 Prozent sind auf den ersten Blick nicht viel. Doch der Effekt – hochgerechnet auf deutschlandweite Wahlen – betrifft letztlich viele Wähler, die das Zünglein an der Waage sein können.
Bei der Bundestagswahl 2021 hatten etwa 61,2 Millionen Menschen in Deutschland das Wahlrecht. Von diesen Wahlberechtigten gingen rund 47 Millionen tatsächlich zur Wahl, was einer Wahlbeteiligung von 76,6 Prozent entspricht. Ein Rückgang der Wahlbeteiligung um 0,6 Prozent würde bedeuten, dass etwa 367.200 Menschen weniger zur Wahl gingen.
Profitieren bestimmte Parteien von der Neuzuteilung von Wahllokalen? Die Untersuchungen zeigen, dass dies nicht der Fall ist. Der Rückgang der Wahlbeteiligung betraf alle sechs untersuchten Parteien gleichermaßen.
Wahllokaländerungen in München konzentrieren sich nicht auf eine bestimmte Wählergruppe, und Anhänger verschiedener Parteien seien geographisch nicht stark abgegrenzt, so die Studie.
Ältere verzichten eher auf die Möglichkeit, zu wählen
„Wenn Menschen durch die Neuzuteilung einen längeren Weg zum Wahllokal haben, sinkt die Wahlbeteiligung stärker. Jedoch sind die Effekte vor allem von der Änderung des Wahllokals selbst und weniger von der Entfernung getrieben“, sagte Alipour. Besonders auffällig seien die Verluste in Stimmbezirken mit einem hohen Anteil älterer Menschen.
Vor allem Menschen, die von barrierefreien Einrichtungen profitieren sollten, scheinen durch den Aufwand besonders stark belastet, ein unbekanntes Wahllokal aufzusuchen.
Für ihre Studie nutzten die Forscher Jean-Victor Alipour und Valentin Lindlacher Daten des Münchner Wahlamts und des Statistischen Amts München. Sie analysierten die Veränderungen in der Wahlbeteiligung von 150.000 Wohnadressen, indem sie unter anderem die Entfernungen zu den Wahllokalen und die Anzahl der betroffenen Wahlen verglichen. (dts/red)
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