Hotelkomplex für 1.200 Migranten stößt auf Protest bei Anwohnern

Der Berliner Senat versucht händeringend, die in Großlagern untergebrachten Asylsuchenden dezentral unterzubringen. Ein Hotelkomplex in Berlin-Lichtenberg soll Abhilfe schaffen und zukünftig 1.200 Flüchtlingen und Migranten Platz bieten. Unter den Anwohnern stößt dies auf Protest. Auch Kommunal- und Landespolitiker sehen Handlungsbedarf.
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Momentan verzeichnet Deutschland weiter einen Zustrom von Migranten, die hauptsächlich aus Syrien, Afghanistan und der Türkei stammen. (Symbolbild)Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 12. November 2024

Am Montag, 11. November, ist in Berlin-Lichtenberg ein ehemaliger Hotelkomplex als Flüchtlingsunterkunft eingeweiht worden. Perspektivisch sollen in dem ehemaligen City Hotel Berlin East, bestehend aus drei Hochhäusern mit jeweils 13 Geschossen und insgesamt 473 Zimmern, 1.200 Flüchtlinge und Migranten untergebracht werden.

Alle Zimmer werden mit Küche ausgestattet und nach dem allgemeinen Standard für Gemeinschaftsunterkünfte ausgebaut. Die Gesamtkosten für Anmietung und Umbau sollen bei rund 140 Millionen Euro liegen.

Für die Flüchtlingskinder wird eine Schule mit zehn Willkommensklassen eingerichtet. Viele dieser Kinder werden aus der Ukraine kommen.

Willkommensklassen sind Klassengemeinschaften eigens für zugewanderte oder geflüchtete Kinder, die noch nicht richtig Deutsch sprechen. Ab acht Jahren lernen sie dort Deutsch in Vorbereitung auf den Regelunterricht. Der Unterricht ist kostenlos.

Laut dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) werden zunächst 780 Migranten und Flüchtlinge untergebracht. Die meisten von ihnen kommen aus der Großunterkunft auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel mit seinen mittlerweile mehr als 10.000 Plätzen. Im Jahr 2026 sollen dort dann 1.200 Asylsuchende oder geduldete Flüchtlinge Platz finden.

Unterkunft stößt auf Protest bei Anwohnern

Die neue Unterkunft stößt seit Bekanntwerden der Pläne auf Proteste der Anwohner sowie der Kommunal- und Landespolitik.

„Sicherlich ist eine Unterkunft in einem Hotel besser als die in Containern. Dies betrifft insbesondere die hygienischen Bedingungen und auch die Versorgung mit Lebensmitteln. Kritisch sehen wir die große Anzahl an Menschen auf engstem Raum“, so Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU).

Der Hotelkomplex soll im Juli 2025 durch das Berliner LAF zunächst für zehn Jahre angemietet und an einen Betreiber übergeben werden. Aus der CDU gibt es allerdings auch Stimmen, die sich einen Kauf des Gebäudekomplexes durch die Stadt wünschen, um eine dauerhafte Nach- oder Nebennutzung durch Studenten, Rentner oder Obdachlose zu ermöglichen.

Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) forderte, für so viele Menschen müsse auch die Infrastruktur verbessert werden. Grundsätzlich müssten Flüchtlinge in Berlin gleichmäßiger verteilt werden, so Schaefer.

Schaefer sieht die Gefahr, dass der Bezirk an seine Belastungsgrenze stößt: „Lichtenberg hilft gerne und leistet bereits einen starken Beitrag bei der Integration. Wir kommen aber deutlich an unsere Grenzen. Daher brauchen wir eine bessere Verteilung in der gesamten Stadt und darüber hinaus.“

SPD fordert Infrastrukturausbau

Die SPD-Fraktion in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung fordert ein Sofortprogramm bestehend aus mehr Schulplätzen, einer besseren medizinischen Versorgung und einer besseren Anbindung an den ÖPNV, um die soziale Infrastruktur vor Ort zu stärken.

Man stehe zu einer menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin, so die Fraktionsvorsitzenden Tamara Lüdke und Erik Gührs. „Dies ist nur möglich, wenn eine solche Unterbringung nicht zu einer weiteren Belastung für die bestehende Bewohnerschaft wird.“

Die AfD in dem Bezirk versuchte, das Vorhaben zu stoppen, und organisierte mehrere Demonstrationen. Es gebe bereits zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte im Bezirk, die Lichtenberg stark belasten würden, hieß es dort im August laut „Berliner Kurier“. „Bei der geplanten Massenunterkunft im City Hotel in der Landsberger Allee ist bereits jetzt klar, dass die Sicherheit der Anwohner nicht zu gewährleisten ist und es nicht genug Ärzte, Kitas und Schulen in der Umgebung gibt.“

Ähnliche Sorgen der Anwohner hat auch Dennis Haustein, Mitglied des Abgeordnetenhauses für die CDU in Lichtenberg, bei einer von ihm organisierten Informationsveranstaltung erfahren. Anwohner kritisierten auch die Informationspolitik des LAF und die Tatsache, dass es für Bürger schwierig sei, im Bezirk eine Wohnung zu finden, während auf der anderen Seite für mehrere Millionen Euro Unterkünfte für Asylbewerber geschaffen würden.

Ein Blick auf die Flüchtlingsunterkunft am ehemaligen Flughafen Berlin-Tegel am 19. Mai 2023. Foto: Maja Hitij/Getty Images

Großunterkünfte in Tempelhof und Tegel sollen entlastet werden

Nach Angaben der Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) und des ihr unterstellten LAF wird der Hotelkomplex benötigt, um die großen Notunterkünfte auf den ehemaligen Flughäfen Tegel und Tempelhof zu entlasten.

Die aktuell mehr als 10.000 Migranten und Flüchtlinge lebten dort größtenteils in Leichtbauhallen unter kaum zumutbaren Bedingungen ohne Privatsphäre. Trotz der Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen würden dort täglich neue Flüchtlinge eintreffen.

Laut dem Senat sind trotz einer Bauoffensive zur Errichtung von 16 Containerdörfern für Asylsuchende und Migranten im gesamten Stadtgebiet nicht genügend kleinere Gemeinschaftsunterkünfte vorhanden. Daher miete das Land Berlin auch Betten in Hostels oder Hotels an.

Hintergrund sind zum einen die hohen Kosten für die großen Lager für Asylsuchende in der Hauptstadt. Allein für das Flüchtlingslager auf dem ehemaligen Flughafen Tegel, das als das größte Europas gilt, belaufen sie sich auf mehr als 1 Million Euro pro Tag.

Andererseits ist die Lage in den großen Flüchtlingsunterkünften angespannt. Es gab dort bereits mehrere Massenschlägereien und Brände. Der Berliner Senat forciert daher die dezentrale Unterbringung von Asylsuchenden.

Von den rund 35.000 Migranten und Flüchtlingen in der Hauptstadt, die in regulären Unterkünften des LAF leben, sind bereits jetzt rund 4.000 im Bezirk Lichtenberg untergebracht.



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