Hofreiter zu Ampel-Streit: „Hauptproblem ist Kanzler Scholz selbst“
Die Blockade des sogenannten Wachstumschancengesetzes durch Bundesfamilienministerin Lisa Paus belastet die Ampel-Koalition. Auf den ersten Blick ist diese der Ausdruck eines Konflikts zwischen der Grünen-Politikerin und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Der frühere grüne Fraktionschef Anton Hofreiter übte jedoch am Mittwoch, 23.8., deutliche Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz selbst.
Das Hauptproblem im Regierungsbündnis sei „im Kanzleramt und der Kanzler selbst“, äußerte Hofreiter in der Talksendung von Markus Lanz. Er trage dazu bei, dass sich die Partner auf vorher erzielte Einigungen nicht verlassen könnten. Deshalb würden die Minister der Regierung Scholz „nicht vertrauen“.
Hofreiter: „In der Ampel darf man keine Druckmittel aus der Hand geben“
In der Sommerpause hatten sich Scholz, Lindner und Vizekanzler Robert Habeck auf eine Paketlösung geeinigt. Demnach sollte das Kabinett sowohl das von Lindner angestrebte Wachstumschancengesetz als auch die von Paus geforderte Kindergrundsicherung beschließen.
Die Bundesfamilienministerin machte dem Vorhaben am Mittwoch der Vorwoche jedoch einen Strich durch die Rechnung. Sie blockierte Lindners Gesetzentwurf, der Steuererleichterungen für Unternehmen im Umfang von 6,5 Milliarden Euro vorsah.
Hofreiter äußerte Verständnis für diesen Schritt. In der Ampel habe bisher jeder Minister folgende Situation erlebt:
Ich habe eine Zusage, aber ich brauche ein Druckmittel, um diese Zusage am Ende zu realisieren.“
Würde man dieses Druckmittel zu früh aus der Hand geben, müsse man damit rechnen, dass die Zusagen nicht eingehalten würden. Paus ging offenbar davon aus, dass sich Lindner an sein „Ja“ zur Finanzierung der Kindergrundsicherung nicht mehr gebunden fühlen würde. Der FDP-Chef gilt als entschiedener Kritiker des Vorhabens.
Habeck: „Wir versauen es uns permanent selbst“
Unmut äußerte hingegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Richtung seiner Partei- und Kabinettskollegin. Dass Paus die Umsetzung des Kompromisses blockiert habe, sei „natürlich kein Glanzstück“ gewesen, so Habeck im ZDF-„heute journal“.
Es sei „sehr ärgerlich“, dass dadurch „trotz eigentlich guter Sacharbeit“ wieder der Eindruck eines Streits in der Ampel in der Öffentlichkeit entstehe. „Wir versauen es uns permanent selbst“, klagte der Minister. Dies sei „auf Dauer natürlich kein Erfolgsgeheimnis“.
Es sei jedoch „kein Schaden entstanden“, meinte Habeck. In der kommenden Woche stehe eine Kabinettsklausur im Schloss Meseberg an. Dabei werde das Wachstumschancengesetz beschlossen, und auch bei der Kindergrundsicherung „sind wir auf einem guten Weg“.
Landkreistag zu Ampel-Plänen: Kindergrundsicherung bringt „mehr Bürokratie“
Minister Lindner hatte wiederholt betont, die Wünsche von Kabinettskollegin Paus in Sachen Kindergrundsicherung nicht vollständig erfüllen zu können. Paus hatte zunächst mindestens 12 Milliarden Euro für die Finanzierung des Vorhabens gefordert, das mehrere bisherige Unterstützungsleistungen zusammenfassen soll. Nun gebe es einen Entwurf, der bis zu 3,5 Milliarden Euro im Jahr vorsehe – und eine zeitliche Befristung auf 12 Monate.
In der Kindergrundsicherung sollten künftig das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Bürgergeld oder die Sozialhilfe für Kinder zusammenfließen. Dazu kommen Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Man wolle Familien auch von Amts wegen auf Leistungen aufmerksam machen, die ihnen zustünden. Vor allem der neu geschaffene Kinderzuschlag sei vielen Familien gar nicht erst bekannt geworden. Ausbezahlen sollen die Leistungen künftig die Familienkassen.
Der Deutsche Landkreistag verspricht sich wenig von dem Vorhaben. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) erklärt Verbandspräsident Reinhard Sager, die Kindergrundsicherung schaffe vor allem mehr Bürokratie und Doppelläufigkeiten. Immerhin sollen die Familienkassen die Leistung auch für Kinder im Bürgergeldbezug übernehmen. Die Kindergrundsicherung werde das Existenzminimum aber nicht vollständig decken. Deshalb blieben trotzdem noch die Jobcenter in der Verantwortung.
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