Hitzige Debatte im Bundestag um geplante Cannabis-Freigabe
Die geplante Cannabis-Freigabe der Ampel sorgte gestern Abend für eine hitzige Debatte im Bundestag. Der Gesetzentwurf wurde gestern in erster Lesung beraten.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach in seiner Einbringung des Gesetzes von einer „Wende in der Drogenpolitik“. Die bisherige Verbotspolitik sei gescheitert. Vor allem den Schwarzmarkt möchte der Minister nun mit der geplanten Legalisierung von Cannabis austrocknen. Als Beispielland, wo das erfolgreich gelungen sei, nennt er gestern Abend Kanada. Dort ist seit Oktober 2018 Cannabis für Erwachsene komplett freigegeben.
In Kanada gab und gibt es aber immer noch einen etablierten Schwarzmarkt. Dieser ist über viele Jahre gewachsen. Wie der „Deutschlandfunk“ am Anfang des letzten Jahres berichtete, hat man in Kanada die Erfahrungen gemacht, dass es trotz einer völligen Legalisierung einige Jahre dauert, bis eine relevant große Menge an Menschen ihren Einkaufsort wechseln, sich also nicht mehr beim Dealer ihr Cannabis besorgen. Bis in Kanada eine relevante Größe an Menschen in einem offiziellen und legalen Shop Cannabis kauften, hat es drei Jahre gedauert, sagte damals der Public-Health-Experte David Hammond von der University of Waterloo.
In Deutschland sei die Situation aber eine gänzlich andere. Hier sei der Cannabis-Schwarzmarkt nicht so ausgeprägt, sagte im „Deutschlandfunk“ damals Bernd Werse, Mitbegründer des „Centre for Drug Research“ an der Goethe-Universität Frankfurt. „Illegales Cannabis ist hier viel teurer als in Kanada“, so Werse weiter. Der legale Markt hätte also bessere Ausgangsbedingungen, sodass offizielle Shops schneller gut besucht sein könnten.
Unter Auflagen soll Cannabis legalisiert werden
Der Gesetzentwurf der Ampel sieht nun vor, dass die bisher illegale Droge Cannabis unter bestimmten Bedingungen für den privaten Konsum legalisiert werden soll. Ermöglicht werden sollen der private Eigenanbau, der gemeinschaftliche, nicht gewerbliche Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von Cannabis durch Anbauvereinigungen. Mit dem Gesetzentwurf werde ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis erleichtert, heißt es in der Vorlage.
Der Entwurf zielt laut dem Bundesgesundheitsminister darauf ab, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, Aufklärung und Prävention zu stärken, den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz zu verbessern. Die aktuelle Entwicklung zeige, dass der Konsum von Cannabis trotz der bestehenden Verbotsregelungen weiter ansteige. Das vom Schwarzmarkt bezogene Cannabis sei oft mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden, da der Gehalt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) unbekannt sei und giftige Beimengungen, Verunreinigungen sowie synthetische Cannabinoide enthalten sein könnten.
Erwachsenen soll daher künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum erlaubt sein. Auch soll es zukünftig möglich sein, in den eigenen vier Wänden bis zu drei Cannabispflanzen anzubauen. Allerdings müssen diese Pflanzen vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden. Außerdem dürfen „nichtgewerbliche“ Anbauvereinigungen, sogenannte Clubs, Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weitergeben.
Dafür gelten allerdings strenge Vorschriften. So werden in solchen Clubs nur maximal 500 Mitglieder zugelassen, die in Deutschland leben müssen. Zulässig ist auch nur eine Mitgliedschaft in einer solchen Anbauvereinigung. Cannabis darf dort auch nur in einem begrenzten Umfang abgegeben werden, wobei auch Mitgliedschaft und Alter zu überprüfen sind.
Union und AfD kritisieren geplante Legalisierung
Die Opposition kritisierte die Pläne der Bundesregierung. CDU-Abgeordnete Simone Borchardt warf der Bundesregierung vor, dass man keine Legalisierung vornehmen könne, ohne an die Prävention zu denken. Hier habe die Bundesregierung im kommenden Haushalt die Mittel der „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)“ um 30 Prozent gekürzt. Borchardt bezweifelt deshalb, dass es bei der Cannabis-Legalisierung tatsächlich um Kinder- und Jugendschutz geht.
Ein Drittel aller Psychosen sei cannabisinduziert, so Borchardt. „Das ist ein verheerendes Zeichen.“ Die Entwicklung des menschlichen Gehirns sei erst ab dem 25 Lebensjahr abgeschlossen. „Was machen Sie? Sie wollen eine Freigabe ab 18 Jahren. Das ist doch völlig unsinnig.“
Auch von der AfD kam gestern Abend ein klares Nein zur Legalisierung von Cannabis. Der Bundestagsabgeordnete Jörg Schneider nannte das Vorhaben „nicht zielführend. Unklar sei, wie man den Anbau von maximal drei Cannabispflanzen kontrollieren möchte. Auch er verwies auf mögliche Schäden bei jungen Menschen, wenn diese schon mit jungen Jahren Cannabis konsumieren würden. Der Schwarzmarkt bleibe bestehen und Jugendliche würden dort weiter einkaufen.
SPD und Grüne sehen Revolution, FDP zu viel Bürokratie und Linke möchte alle Drogen legalisieren
Ates Gürpinar von der Linksfraktion geht der vorgelegte Gesetzesentwurf nicht weit genug. „Verbotspolitik“ sei der „falsche, eben der gesundheitsgefährdende Weg“. Daher begrüße er die Initiative der Bundesregierung. Trotzdem sei der jetzt vorgelegte Entwurf ungenügend. Man sei der umfassenden Legalisierung zwar einen Schritt näher gekommen. Gürpinar kritisierte aber die vielen Auflagen und die umfassende Kontrolle im Entwurf. Am Ende, so der Linken-Politiker, müsse die Legalisierung aller Drogen stehen.
Die Grünen-Abgeordnete Kirsten Kappert-Gonther, selbst Fachärztin für Psychiatrie, lobte den Entwurf der Regierung. „Heute leiten wir den überfälligen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik ein.“ Bei einem Verbot von Cannabis steige der Konsum und der Schwarzmarkt blühe auf. „Wir haben steigende Konsumzahlen aktuell, aber keine Sicherheit über Inhaltsstoffe, keine Sicherheit über das Mischungsverhältnis der wirksamen Substanzen, stattdessen schädliche Beimischungen wie synthetische Cannabinoide inklusive – und das ist ernsthaft gefährlich.“
Die FDP sieht in dem vorgelegten Entwurf lediglich einen ersten Schritt, um den Kinder, Jugend- und Verbraucherschutz zu verbessern und „der gescheiterten Prohibitionspolitik ein Ende zu setzen“. FDP-Abgeordnete Kristine Lütke kritisierte, dass viele Punkte im Entwurf noch zu kleinteilig, zu bürokratisch und wenig praxistauglich seien.
Von der SPD sprach in der ersten Lesung des Gesetzes die Abgeordnete Carmen Wegge. Sie stellte sich hinter den Gesetzentwurf und betonte: „Was wir hier tun, ist eine Revolution in der deutschen Drogenpolitik.“
Der Gesetzentwurf wurde gestern in die Fachausschüsse überwiesen, wo er dann weiterberaten wird. Nach Plänen des Bundesgesundheitsministeriums soll ein Gesetz dann spätestens Mitte Dezember beschlossen werden. Anfang des nächsten Jahres würde es dann in Kraft treten.
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