Hitzige Bauerndemo: „Das ist eine Kampfansage und wir nehmen diesen Kampf an“
Als Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf der heutigen Bauern-Großdemo am Brandenburger Tor auftrat, wurde aus der bis dahin ruhigen, aber von Unmut geprägten Veranstaltung eine hitzige, von Ablehnung gegenüber der Ampelregierung gekennzeichnete Versammlung. Zu der Demonstration hatte der Deutsche Bauernverband aufgerufen.
Die Bauern aus ganz Deutschland versammelten sich, um gegen die Pläne der Bundesregierung zur Streichung der Agrardiesel-Subventionen und der Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Maschinen zu protestieren. Sie wurden als Eliminierung von „klimaschädlichen Subventionen“ als Teil der Haushaltskonsolidierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschlossen.
Die Bundesregierung wolle die Landwirte mit mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich belasten, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Montag, 18. Dezember 2023. „Das ist eine Kampfansage und wir nehmen diesen Kampf an“, so Rukwied.
Er drohte mit weiteren Protesten, sollte die Regierung ihre Pläne umsetzen. Wenn man den Bauern nicht zuhöre und das nicht zurücknehme, sei das der Auftakt für viele weitere Aktionen in ganz Deutschland. „Entweder die Regierung ändert ihren Kurs oder es gibt eine neue Regierung.“ Finanzminister Christian Lindner (FDP) warf er „Wortbruch“ vor angesichts von Zusagen, dass es keine Steuererhöhungen geben solle.
Özdemir: „Ich kämpfe im Kabinett dafür“
Landwirtschaftsminister Özdemir (Die Grünen) bekräftigte bei der Kundgebung am Brandenburger Tor seine Kritik an den Ampelbeschlüssen. „Ich kämpfe im Kabinett dafür, dass das nicht in der Härte kommt“, sagte er. Die Belastungen für die Branche seien ohnehin enorm und Existenzängste griffen um sich, sagte der Minister. „Ich habe in der Bundesregierung davor gewarnt, Agrardiesel und die Kfz-Steuer Regeln abzuschaffen. Und in dieser Auffassung hat sich bei mir nichts geändert.“
Dem stehen Äußerungen des ernährungspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, Gero Hocker, gegenüber. Er sagte der „Bild“, dass der Wegfall der Beihilfen für Agrardiesel und das Ende der Kfz-Steuerbefreiung von Özdemir eingebracht und von Robert Habeck als zielführend bewertet wurde – nur so habe der Vorschlag seinen Weg in den Entlastungshaushalt gefunden. Das Landwirtschaftsministerium dementierte den Vorwurf. Ein Sprecher sagte der „Bild“, das Ministerium habe „zu keinem Zeitpunkt einen solchen Vorschlag eingebracht“.
Immer wieder wurde Özdemir von lautstarken Pfiffen, Buhrufen und Kuhglockengeläut der Demonstranten unterbrochen, mehrmals forderten sie in Sprechchören Neuwahlen. Bauernpräsident Rukwied musste eingreifen, um die Menge zu beruhigen, damit sie Özdemir zu Wort kommen lassen.
„Ampelregierung ist Totengräber dieses Landes“
Claus Hochrein von „Land schafft Verbindung“ (LSV) erklärte in seiner Rede, dass für ihn die Ampelregierung der Totengräber dieses Landes sei: „Abschwung, Rezession, Inflation und Insolvenz.“ Er stellte eine Frage an die Menge: „Wer hat die CO₂-Reduktionsziele eingehalten?“ Die Menge antwortet: „Wir!“ „Und wer soll mit Reduktionszielen am Einkommen am meisten geknechtet werden?„ „Wir“ „Wer soll die Zeche bezahlen?“ „Wir“ „Ist das in Ordnung?“ Die Menge antwortet: „Nein“ und stimmt im Chor an: „Neuwahlen, Neuwahlen, Neuwahlen!“
In seinen Augen müsste die FDP-Fraktion, wenn sie ein Gewissen, Charakter und Ehre hätte, längst die Koalition verlassen haben, „um dem Ganzen ein Ende zu bereiten“.
Die Menschen in diesem Land hätten genug von einer CO₂-Besteuerung und einer höheren Maut. Hochrein stellte die Frage, ob Politiker und Minister überhaupt ein Gewissen hätten und ob sie wirklich für dieses Land und für ihr Volk da seien – oder nur für die eigene Hosentasche.
„Die leben in einer eigenen Realität“
Sven Hildebrandt, Kartoffelbauer aus dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte „stinkt es an“, was die Regierung „mit uns macht“. „Wir sollen die ganze Welt retten, unser Geld geht sonst wohin und bei uns bleibt nichts mehr.“ Das könne so nicht weitergehen und funktioniere nicht. Er hat den Eindruck, dass die Regierung die ganze Bevölkerung überhaupt nicht mehr ernst nimmt. „Die leben in ihrer eigenen Realität und wissen gar nicht mehr, was draußen los ist.“
Klaus Pentzlin, Präsident der Europäischen Lohnunternehmervereinigung und selbst landwirtschaftlicher Dienstleister, treiben Sorgen um seine Branche an. „Wenn das Geld nicht mehr reicht, dann fängt der Bauer an, das mit seiner eigenen Hände Arbeit wettzumachen.“ Das könne nicht der Weg sein. „Diese Regierung kann ordentlich Geld sparen, wenn sie endlich den Bürokratismus abschafft.“
Regierungssprecher: „Einschnitte sind schmerzhaft“
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, die Einsparungen und Einschnitte in verschiedenen Bereichen – auch in der Landwirtschaft – seien „schmerzhaft“. Daher könne er den Protest der Bauern verstehen. Allerdings sei es eine Abwägung gewesen. Wenn weniger Geld ausgegeben werden könne, treffe das immer bestimmte Gruppen, sagte Hebestreit.
Claus-Dieter Tobaben führt einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern. Er kritisiert, dass Ideologie über wissenschaftliche Erkenntnisse gestellt werde. Man habe in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel Einsparungen an Kraftstoff, Pflanzenschutzmittel und Arzneimittel erzielt. „Das muss auch gewürdigt werden.“
Für ihn gehe es darum, dass Ernährungssouveränität für ein Land wie Deutschland wichtig sei. „Wir haben nichts gewonnen, wenn die Lebensmittel sonst wo in Übersee produziert werden.“ Das bringe weder dem Klimaschutz noch der Nachhaltigkeit was.
„Letzter Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“
Für den Medienreferenten der Freien Bauern, Reinhard Jung, sind die jetzt bekannt gewordenen Pläne beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Zuvor gab es: Zwangsstilllegung von Landflächen, jede Menge „sinnloser Auflagen“ beim Pflanzenschutz, bei der Düngung und in der Tierhaltung, eine Öffnung der Zollgrenzen für billiges Getreide aus der Ukraine und gestiegene Vorkosten in allen Bereichen.
„Es ist ein Vollversagen der Ampel“, so der Nebenerwerbsbauer aus Lennewitz in Brandenburg. Er fordert ein grundsätzliches Umdenken. Bauern seien der wichtigste Berufsstand der Gesellschaft. Ohne Essen sei alles nichts.
Er befürchtet, wenn man die Bauern weiter in die Ecke dränge und wirtschaftlich belaste, führe das zu einem sinkenden Selbstversorgungsgrad an Lebensmitteln. „Das ist das Schlimmste, was man diesem Land antun kann.“ Das treffe zunächst die Bauern, aber am Ende alle.
7.000 Landwirte und 1.700 Traktoren
Nach Polizeiangaben hatten sich rund 7.000 Landwirte mit bis zu 1.700 Traktoren am Brandenburger Tor eingefunden. Der Deutsche Bauernverband sprach von 3.000 Traktoren und 8.000 bis 10.000 Teilnehmern. Laut Polizei gab es keine besonderen Vorkommnisse. Unüblicherweise zeigten die Landwirte verbandsübergreifend Geschlossenheit in ihrer Ablehnung. Neben Vertretern des Deutschen Bauernverbandes, Vertretern der Freien Bauern und des LSV waren auch andere Bauernverbände anwesend.
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