Hessische Klinik verklagt Karl Lauterbach
Eine erste Klinik hat Klage gegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingereicht, weil nach ihrer Ansicht die Regierung gegen das Krankenhausfinanzierungsgesetz verstößt. Konkret handelt es sich um die Kreisklinik Groß-Gerau aus Hessen, die 1,7 Millionen Euro Schadenersatz fordert, schreibt die „Hessenschau“ auf ihrer Internetseite.
„Die Bundesregierung ist verpflichtet, die auskömmliche Finanzierung von Krankenhäusern als Teil der Daseinsvorsorge zu gewährleisten“, teilt die Klinik, die über 220 Betten verfügt (Stand Ende 2022) demnach mit. Dieser Pflicht komme der Bund aber nicht nach.
2022 eingeführtes Gesetz verantwortlich für Schaden
Die Summe, die das Krankenhaus vor dem Landgericht Darmstadt einklagen will, entspricht laut Geschäftsführerin Prof. Erika Raab dem Defizit des Jahres 2023. Grund für den entstandenen Schaden sei das 2022 eingeführte Krankenhauspflegeentlastungsgesetz.
Zuvor sei es möglich gewesen, dass der Bund anfallende Mehrkosten (Energie, Material) in Ausnahmefällen ausgeglichen habe. Diese Regelung habe es aber mit der Einführung des neuen Gesetzes nicht mehr gegeben.
„Für die Kreisklinik Groß-Gerau bedeutet das konkret, dass angefallene Mehrkosten nicht mehr über das Krankenhausfinanzierungsgesetz abgerechnet werden können“, erläutert Erika Raab. Daher fordert sie eine Anpassung des Gesetzes: „Ohne eine gesetzgeberische Lösung und Anpassung des Finanzierungssystems wird das Defizit für das Jahr 2024 noch deutlich höher ausfallen.“
Neuer Rekord bei Insolvenzen befürchtet
Das Problem betreffe alle Krankenhäuser in Deutschland. „Die Zahl der Krankenhausinsolvenzen liegt bundesweit auf einem Rekordniveau“, sagt Steffen Gramminger, geschäftsführender Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG). Unter den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen seien ihm zufolge die wirtschaftlichen Herausforderungen „kaum noch zu bewältigen“. Die HKG hat sich der Klage der Klinik angeschlossen.
Noch deutlicher äußerte sich Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft: „Aktuell fehlen den Kliniken Monat für Monat 500 Millionen Euro.“ 2023 hätten 40 Standorte Insolvenz angemeldet. Gaß befürchtet, dass dieser Negativrekord 2024 gebrochen wird. Bereits im Januar habe es sechs weitere Insolvenzen gegeben. Die Krankenhausträger seien fast durchweg gezwungen, massiv zu sparen.
Laut einer Befragung bedeuten die Sparzwänge unter anderem den Abbau von Personal bei gleichzeitigen Einstellungsstopps. Auch die Schließung von Stationen oder kompletten Standorten ziehen die Träger in Erwägung.
Die Krankenhausbranche fordert laut „Hessenschau“ mit Blick auf die Abstimmung eines Gesetzes im Bundesrat am Freitag, 22. März 2024, eine Erhöhung von Berechnungsgrundlagen für die Klinikvergütung.
Klinik meldete bereits 2019 Insolvenz an
Prof. Erika Raab übernahm die Klinik vor fünf Jahren in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Wie die „Frankfurter Rundschau“ seinerzeit schrieb, lag das Defizit Ende 2018 mit rund 9,6 Millionen Euro etwa drei Millionen Euro über dem erwarteten Minus. Damals beschäftigte die Klink rund 500 Mitarbeiter.
Die Juristin und Professorin für Medizincontrolling kritisierte damals das Abrechnungssystem nach Fallpauschalen. Zu wenig Berücksichtigung fänden die Bereitstellungskosten, die einem Krankenhaus entstünden. Auch werde mehr Geld ins System gesteckt als in die Medizin, schrieb die „Frankfurter Rundschau“ damals. „Wir wollen ein gerechteres System“, forderte Raab.
Über ihre Arbeit bei der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling wollte sie einen Systemwechsel erreichen: „Patienten sind keine Fabrikstücke.“ Impulse habe es dazu im seinerzeit noch von Jens Spahn (CDU) geführten Gesundheitsministerium gegeben.
Ende des Jahres 2019 meldete die Klinik dann Insolvenz in Eigenverwaltung an. Acht Monate später war sie trotz aller zusätzlichen Probleme durch die Corona-Pandemie überwunden. Laut „Frankfurter Rundschau“ wurde auch Personal abgebaut.
Betroffen waren demnach 107 der 356 Vollzeitstellen. Einige wechselten an andere Kliniken, der überwiegende Teil (73) wurde vom Kreis Groß-Gerau übernommen, vermeldete das „Darmstädter Echo“ auf seiner Internetseite (hinter Bezahlschranke).
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