Hessen: CDU und SPD werden Verbot von Gendersprache im Koalitionsvertrag verankern

Mit dem Wechsel weg von Schwarz-Grün hin zum Bündnis mit der SPD strebt die CDU in Hessen offenbar einen grundlegenden Richtungswechsel an. Unter anderem soll es ein Verbot der Gendersprache in öffentlichen Institutionen geben.
Ein VW-Mitarbeiter hat die Konzerntochter Audi verklagt, weil er sich durch einen genderspezifischen Sprach-Leitfaden des Unternehmens in seinen Rechten verletzt fühlt.
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt Gendersprache ab.Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Von 13. November 2023

Am Freitag, 10. November, hat die CDU in Hessen überraschend nach neun Jahren schwarz-grüner Regierungskoalition einen Wechsel vollzogen. Ministerpräsident Boris Rhein hatte den Schritt damit begründet, dass derzeit für seine Partei „die Schnittmengen mit der Sozialdemokratie einfach größer“ seien. Erste Details aus den Koalitionsverhandlungen deuten tatsächlich einen möglichen Richtungswechsel an: So soll es künftig ein Verbot der Gendersprache in öffentlichen Einrichtungen geben.

HR: Gendersprache „bildet Vielfalt der Gesellschaft ab“

Wie „Bild“ berichtet, wird die ideologische Sprache künftig weder in Behörden noch an Schulen oder Universitäten verwendet. Die Vorgabe soll zudem für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelten. Der HR verwendet seit 2019 bewusst Gendersprache.

Diese, so hieß es zur Begründung, sei eine „zeitgemäße Sprache, die den Wandel und die Weiterentwicklung der Gesellschaft widerspiegelt“. Die Gesellschaft sei vielfältiger geworden und „Sprache bildet Gesellschaft ab“. Das generische Maskulinum reiche dafür nicht mehr aus.

Die „Abbildung der Vielfalt“ wird künftig aber jedenfalls nicht mehr mithilfe von Doppelpunkten, Sternchen oder Unterstrichen inmitten von Wörtern vonstattengehen. Im Eckpunktepapier von CDU und SPD heißt es zur Gendersprache:

Wir werden festschreiben, dass in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird.“

„Natürlicher Sprachwandel“ gegen eine Mehrheit der Bevölkerung?

Im Umkehrschluss bedeutet dies zwar, dass geschlechtsneutrale Formulierungen wie „Lehrende“ oder sogar die Verwendung der weiblichen Pluralform zulässig bleiben dürften. Immerhin dürfte die letztgenannte Variante jedoch ohne die Sprechpause im Wort auskommen, die Sonderzeichen der Gendersprache in gesprochener Form abbilden soll.

Diese gilt in der Bevölkerung als besonders unbeliebt. In einer Umfrage von infratest dimap im Auftrag des WDR äußerten 2022 ganze 69 Prozent der Befragten, sich davon gestört zu fühlen. Auch die Verwendung von Sonderzeichen stößt bei einer deutlichen Mehrheit auf Ablehnung. Einzig die Doppelnennung der männlichen und weiblichen Form stößt bei zwei Dritteln der Bürger auf Akzeptanz.

Andere Umfragen aus jüngster Zeit zeigen ein ähnliches Ergebnis. Dies widerspricht jedenfalls der Darstellung von Befürwortern der Gendersprache, wonach es sich bei dieser um eine natürlich gewachsene Form des Sprachwandels handele.

Orientierung am Rat der deutschen Sprache

Boris Rhein hatte anlässlich der Verkündung der Koalitionsentscheidung erklärt, er wolle einen neuen Stil in der hessischen Regierungspolitik verankern. Es solle einer sein, der „keine alten Kompromisse schließt, sondern einen neuen Konsens erreicht“. SPD-Fraktionschef Günter Rudolph als Verhandlungsführer der Sozialdemokraten hat gegen die Restriktionen bei der Gendersprache augenscheinlich nichts einzuwenden.

Im gemeinsamen Papier von Union und SPD heißt es, dass man sich am Rat der deutschen Sprache orientieren wolle. Dieser hatte zuletzt deutlich gemacht, dass die Wortbinnenzeichen der Gendersprache „nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie“ gehören.

CDU entdeckt Gendersprache in mehreren Ländern als Thema für sich

Die CDU hatte in Sachen Gendersprache zuletzt in mehreren Bundesländern Initiativen zu deren Abschaffung oder Untersagung in offiziellen Schriftstücken entfaltet. In den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Berlin und Nordrhein-Westfalen haben die Regierungen zuletzt bei Pressemitteilungen auf diese verzichtet.

Sachsen hat erst kürzlich sein Genderverbot noch weiter verschärft und es auf Projektpartner ausgeweitet. Allerdings scheut man in der Union davor zurück, Restriktionen gegen die Gendersprache mithilfe der AfD durchzusetzen. In Hessen hatte die CDU noch 2021 deren darauf gerichteten Antrag abgelehnt – obwohl dieser fast 1:1 von einem Antrag der Hamburger Union abgeschrieben war.

In Thüringen steht voraussichtlich in Kürze eine Abstimmung über einen CDU-Antrag für ein Genderverbot an. Die Bundespartei versuchte zuletzt, die Landtagsfraktion von einem weiteren Zusammenwirken mit der AfD abzubringen. Zuvor hatten Union und FDP zusammen mit der laut Landesverfassungsschutz „gesichert rechtsextremistischen“ Partei eine Senkung der Grunderwerbsteuer durchgesetzt.



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