Helfer warnen vor katastrophalem Winter
„Leute ohne Essen und medizinische Versorgung irren durch Europa bei jetzt kühleren Temperaturen, Menschen mit Kindern, Menschen auf Krücken“, warnte Karl Kopp, Europareferent der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Flüchtlinge auf der Balkanroute drohten ihm zufolge in den kommenden Monaten zu erfrieren. „Die Menschen sind schon eh geschwächt“, sagte er. „Wenn sich die Situation fortsetzt im Winter, muss man mit mehr Toten rechnen.“
Kopp forderte eine gemeinsame europäische Anstrengung, um für den Winter gewappnet zu sein – mit „menschenwürdigen Aufnahmezentren“ und medizinischer Versorgung. Die Politik habe bereits den ganzen Sommer verspielt. „Wir müssen den Menschen vor dem Winter diese Odyssee, diesen Elendstreck ersparen.“
„Das Wetter wird das Leid vergrößern““, ist auch Babar Baloch vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR überzeugt. Baloch war die vergangenen Wochen auf dem Balkan unterwegs, in Ungarn, Serbien, Kroatien, wo die UNHCR-Helfer Decken und Kunststofffolien verteilen. „Wenn Familien draußen schlafen müssen, werden Kinder krank werden.“ Er forderte unmittelbare Unterstützung von der Politik. „Wir brauchen jetzt einen Masterplan.“
Besonders auf dem Mittelmeer-Weg nach Europa fürchten Flüchtlingshelfer mehr Todesopfer. Das Meer wird mit jedem Tag stürmischer, die Wellen höher. Kopp von Pro Asyl warnt vor mehr Bootskatastrophen im Mittelmeer und in der Ägäis. „Es werden mehr Menschen in den Fluten verschwinden“, sagte er. „Weil das Meer nun unruhiger wird, werden wir eine ganze Menge Menschen verlieren“, sagte die UNHCR-Mitarbeiterin Nadine Cornier in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze.
Der Winter stellt auch die deutsche Politik vor große Herausforderungen. Tausende Flüchtlinge leben weiterhin in Zeltunterkünften. „Momentan ist Deutschland nicht gewappnet“, sagte Kopp. „Wir sind spät dran.“ Auf kommunaler und Landesebene müsse alles versucht werden, um Wohnraum zu schaffen.
„Wir fordern Bund, Länder und Gemeinden auf, angesichts sinkender Temperaturen für feste Wohnunterkünfte zu sorgen“, sagt der Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Dieter Schütz. Das DRK betreibe derzeit mehr als 300 Notunterkünfte für 86 000 Flüchtlinge – darunter auch einige Zeltcamps. „Wir halten Zeltunterkünfte nur für eine Notlösung“, sagt Schütz. „Die Gefahr besteht, dass sich die Flüchtlinge Krankheiten zuziehen.“
(dpa)
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