„Heiße Eisen werden nicht angepackt“ – Experte kritisiert Wirtschaftsstrategie der Ampel

Es steht nicht gut um den Wirtschaftsstandort Deutschland. Ein im Juli veröffentlichtes 49-Punkte-Papier der Ampelregierung soll dem entgegenwirken. Nicht alle sind davon überzeugt.
Der Kanzler spricht von einem «Gesamtkunstwerk»: Die Ampel hat sich auf den Haushalt 2025 geeinigt.
Der Kanzler spricht von einem „Gesamtkunstwerk“: Die Ampel hat sich auf den Haushalt 2025 geeinigt.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 19. August 2024

Abwandernde Unternehmen, steigende Insolvenzen, höhere Arbeitslosenquoten. Die Wirtschaftsprobleme in Deutschland sind ernst. Ein im Juli durch die Ampelregierung beschlossene Wachstumsinitiative mit 49-Punkten soll hier gegensteuern und noch in dieser Wahlperiode umgesetzt werden. Dass die Strategie aufgeht, bezweifelt Volkswirt Professor Ulrich van Suntum, auch wenn er einige brauchbare Ansätze in dem Papier sieht.

Das 49-Punkte-Papier plant Anreize zur Beschäftigung, insbesondere für Bürgergeldempfänger und ausländische Fachkräfte. Die Fachkräfteeinwanderung soll weiter vereinfacht, gestärkt und beschleunigt werden, zum Beispiel durch steuerliche Begünstigung für Ausländer.

Damit Deutschland „auch in Zukunft ein wettbewerbsfähiger, hochinnovativer Standort an der Weltspitze“ bleibt, sind laut Regierung erhebliche Investitionen für Digitalisierung und der Übergang zur sogenannten Klimaneutralität nötig.

„Der Löwenanteil dieser Investitionen muss privat gestemmt werden“, kündigt die Ampel in dem Papier an.

Im Gegenzug ist von einer Verlängerung der Regeln für die degressive Abschreibung die Rede sowie einer Ausweitung der Forschungszulage und die Einführung von Sonderabschreibungen für emissionsfreie Fahrzeuge. Große Mengen günstiger, erneuerbarer Energie für die Wirtschaft sollen bereitstehen; die Stromnetzkosten gesenkt, die Netzentgelte stabilisiert und eine Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden.

Stärkung der Pharmaindustrie, KI und globaler Abkommen

Deutschland soll laut dem Papier als Forschungs- und Produktionsstandort für die Pharmabranche attraktiv gemacht und die Finanzierung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie gestärkt werden. Zudem will die Regierung, dass sich Deutschland zu einem global führender Digital- und KI-Standort entwickelt und auch als Filmproduktions- und Games-Standort gestärkt wird.

Ferner strebt sie den Abschluss umfassender Wirtschaftsabkommen mit weltweiten Partnern an, insbesondere Länder in Nord- und Lateinamerika sowie in der Region Asien-Pazifik. Dabei soll auf sogenannte „EU-only“-Freihandelsabkommen gesetzt werden. Das sind Abkommen, bei denen nicht alle EU-Staaten mitziehen oder beteiligt werden müssen, da der Abschluss der Abkommen stellvertretend durch die EU-Kommission erfolgt.

Auch der Bürokratieabbau und Reformen im Vergaberecht sollen das Wirtschaftswachstum fördern. Außerdem sollen staatliche Förderinstrumente und Spielräume bei der bundeseigenen Förderbank KfW weiterentwickelt und das Steuerrecht vereinfacht werden. Vorgesehen ist weiter, dass Exportkontrollen durch die Digitalisierung und mehr Sammel- und Höchstbetragsgenehmigungen beschleunigt und datenschutzrechtlichen Anforderungen reduziert werden.

Zusammengefasst geht es in dem Maßnahmenpaket um Impulse für mehr wirtschaftliche Dynamik, um den Wirtschaftsstandort Deutschland und dessen Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken, heißt es in dem Papier.

Volkswirt fordert Umdenken bei Migration, Bürgergeld und „Energiewende“

Die Umsetzung der Initiative wird unterschiedlich bewertet. Während einige die Maßnahmen als notwendige Schritte zur Stärkung der Wirtschaft sehen, zweifeln andere an der Wirksamkeit des Pakets und fordern umfassendere Reformen.

Der Volkswirt Professor Ulrich van Suntum sieht in dem 49-Punkte-Papier „einen Bauchladen“ unterschiedlicher Maßnahmen, von denen viele für sich genommen durchaus sinnvoll sein könnten.

Aber die „wirklich heißen Eisen“ würden nicht angepackt, erklärt der emeritierte Professor für Volkswirtschaftslehre gegenüber Epoch Times. Er schlägt vor, den Atomausstieg zu beenden, das Bürgergeld abzuschaffen und die unkontrollierte Einwanderung sofort zu stoppen. Denn diese belaste das Sozialsystem auf Jahrzehnte, anstatt den deutschen Arbeitsmarkt zu fördern.

Nach Ansicht des Volkswirtes muss die „Energiewende“ grundlegend überdacht werden. Deutschland habe mit der Reduktion seiner CO₂-Emissionen um mehr als 40 Prozent seit 1990 genügend Vorleistungen erbracht, während im gleichen Zeitraum die CO₂-Weltemissionen um zwei Drittel gestiegen seien.

Er fordert daher die Abschaffung der einseitigen Förderung der „angeblich emissionsfreien Elektromobilität“ und der „Habeckschen Zwangsmaßnahmen“ im Gebäudebereich.

Durch die geplanten Abschreibungserleichterungen und weiteren Maßnahmen im Regierungspapier würde das Steuerrecht noch weiter verkompliziert, kritisiert der Experte. Dies sei auch bei einer verstärkten Förderung durch die staatliche Förderbank KfW und allen möglichen Fonds der Fall.

„Wir machen weiter wie bisher, vielleicht mit ein paar kleinen Lenkkorrekturen“, fasst er das Papier mit eigenen Worten zusammen. „Aufbruchstimmung erzeugt man damit in der Wirtschaft wohl kaum.“



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