Heil kommt FDP entgegen: Nullrunde beim Bürgergeld 2025
Um 14 bis 20 Euro monatlich zu hoch sei der Regelsatz beim Bürgergeld, das die etwa 5,54 Millionen Empfänger im laufenden Jahr beziehen. Dies erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann im August unter Berufung auf Experten, die er mit der Berechnung beauftragt hatte. Diese sollten die Erhöhung in Relation zur Inflationsentwicklung setzen. Nun hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in der RTL/ntv-Morgensendung „Frühstart“ eine Nullrunde für 2025 angekündigt.
Bürgergeld und Inflation: Warum eine Erhöhung 2025 ausbleibt
Die Bundesregierung habe einen Mechanismus geschaffen, der sich an die Teuerung anpasse, so Heil. Bei hoher Inflation stiegen entsprechend die Regelsätze. Habe diese sich normalisiert, werde auch nicht erhöht. Zuletzt sei die Inflation auf 1,9 Prozent gesunken. Entsprechend stehe eine Nullrunde im kommenden Jahr im Einklang mit den geltenden Vorgaben.
Die FDP hatte die angespannte Finanzlage des Bundes im Umfeld der Debatte um den Haushalt 2025 genutzt, um drastische Verschärfungen beim Bezug von Bürgergeld einzufordern. Auch Kürzungen beim Regelsatz sollten nach Einschätzung der Liberalen kein Tabu sein.
Mit der Ankündigung der Nullrunde ist Heil diesen nun entgegengekommen. Zudem betonte er, dass es bei dieser Form der Hilfe lediglich um „das Existenzminimum, nicht mehr, aber auch nicht weniger“ gehe. Darüber hinaus werde es auch Verschärfungen bei der Kontrolle der Berechtigung des Bürgergeldbezugs geben.
Heil weist „Generalverdacht der Faulheit“ zurück
Dabei gehe es unter anderem um Sanktionen gegen vermeintliche oder tatsächliche Jobverweigerer. Im Vorjahr waren es offiziellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge lediglich 15.777 Leistungsbezieher, denen wegen der Verweigerung eines Arbeits-, Ausbildungs- oder Weiterbildungsangebots der Regelsatz gekürzt wurde. Die Intensität der Debatte in der Politik über diese Personengruppe deutet jedoch darauf hin, dass man dort von einer hohen Dunkelziffer ausgeht.
Heil betonte zwar, dass es um keinen „Generalverdacht der Faulheit“ gegenüber Bürgergeldbeziehern gehe, allerdings müsse es Sanktionen gegen Personen geben, die beispielsweise beständig und unentschuldigt Termine nicht einhielten.
Ein weiteres Problem, dem Heil den Kampf ansagen möchte, ist die Schwarzarbeit. Auch das sei eine Form von Sozialmissbrauch, die deutlich sanktioniert werden müsse. Dafür solle es auch einen verbesserten Datenaustausch zwischen Jobcentern und dem Zoll geben, der mit der Verfolgung von Schwarzarbeit betraut sei.
Gewerkschaften und Sozialverbände: „Nicht Bürgergeld ist zu hoch – Löhne sind zu niedrig“
Während die FDP die Ankündigung Heils begrüßte und Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch von einer „logischen Folge“ einer erfolgreichen Inflationsbekämpfung der Ampel sprach, gab es Kritik aus Gewerkschaften und Sozialverbänden.
Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), betonte in einer Erklärung, die steigenden Preise müssten weiterhin in der Berechnung des Bürgergelds berücksichtigt werden. Nicht das Bürgergeld sei zu hoch, sondern die Löhne zu gering. Existenzminimum bezeichne „die unterste Abbruchkante zur Armut“. Es sei kaum nachvollziehbar, dass deren Kaufkraftverluste erst nachträglich ausgeglichen würden:
„Viel besser und transparenter wäre es, für die jährliche Anpassung das absehbare Preisniveau des kommenden Jahres heranzuziehen.“
Auch die Vorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, kritisierte Heils Vorstoß. Dieser lasse den Einblick in die Lebensrealitäten Betroffener vermissen.
Armut gehöre für immer mehr Menschen in Deutschland zum Alltag – insbesondere nach Jahren der Krise und auf hohem Niveau verharrender Preise. Engelmeier fordert ein realitätsnäheres Verfahren zur Bedarfsermittlung. Außerdem verweisen die Verbände darauf, dass viele Bürgergeldbezieher „erwerbstätige erwerbsfähige Leistungsempfänger“ seien. Diese stocken ihr zu geringes Arbeitseinkommen durch die Grundsicherung auf. Etwa 20 Prozent der Bezieher sollen Aufstocker sein.
Zahl der Bezieher von Grundsicherung deutlich geringer als in Hartz-IV-Anfangsjahren
Die Anzahl der Bezieher von Bürgergeld ist vom bisherigen Tiefststand von 5,2 Millionen Menschen auf zuletzt 5,54 Millionen gestiegen. Davon gelten etwas mehr als vier Millionen als arbeitsfähig. Der Höchststand an Beziehern der Grundsicherung seit Einführung des Vorgängersystems ALG 2, bekannter als Hartz IV, war 2006 mit 7,2 Millionen Empfängern zu verzeichnen.
Im Bundeshaushalt waren für 2024 insgesamt 43,27 Milliarden Euro im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende vorgesehen. Die Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung soll von 10,4 Milliarden Euro im Jahr zuvor auf 9,7 Milliarden Euro sinken. Die Kosten für das Bürgergeld selbst waren mit 24,3 Milliarden Euro festgelegt. Der gesamte Arbeits- und Sozialetat summiert sich auf 171,67 Milliarden Euro – mit Schwerpunkt auf Zuschüssen zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Derzeit wird die Höhe des Bürgergelds durch ein komplexes Verfahren berechnet, in welches unter anderem eine Befragung von etwa 80.000 Haushalten, die „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“, einfließt. Dazu kommt die Ermittlung des Regelbedarfs insgesamt aus einer Gesamtrechnung aus Einzelfaktoren. Nicht dazu gehören etwa Alkohol, Tabak, Glücksspiele, Haustiere, Autokosten, Pauschalreisen oder Zimmerpflanzen.
Paritätischer Wohlfahrtsverband fordert Regelsatz von 813 Euro
Derzeit liegt der Regelsatz für Alleinstehende bei 563 Euro im Monat. Paare kommen auf insgesamt 1.012 Euro, was 506 pro Person entspricht. Die Sätze für Kinder und Jugendliche liegen zwischen 357 und 471 Euro. Dazu kommen die Kosten für Heizung und Unterkunft.
Joachim Rock, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, hat die Nullrunde beim Bürgergeld kritisiert. Er hält die Sätze für „viel zu knapp“ bemessen und betonte gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND), mit dem aktuellen Regelsatz sei „regelmäßig keine gesunde Ernährung, keine angemessene Mobilität und soziale Teilhabe möglich“. Der Verband würde einen Betrag von 813 Euro als monatlich angemessen empfinden.
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