„Heil der Ukraine!“: Trubel um Gabriels Nazi-Gruß zum Unabhängigkeitstag der Ukraine

Am 24. August 1991 wurde die Ukraine unabhängig. "Slawa Ukraini!" – "Heil der Ukraine!", schrieb der Außenminister dazu – ein Ausruf der ukrainischen Nationalisten. Das sorgt im Internet für Furore.
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Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und Außenminister der Ukraine Pawlo Klimkin stellen Briefmarken vor, die den 25 Jahren der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Ukraine gewidmet sind. 2. März 2017, Kiew, Ukraine.Foto: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images
Von 30. August 2017

Am 24. August 1991 wurde die Ukraine unabhängig. Zu diesem Anlass schickte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) letzten Donnerstag seine Glückwünsche an Kiew. Doch die Schlussworte seiner Botschaft sorgten für einen Sturm der Entrüstung im Internet.

„Slawa Ukraini!“ schrieb der Außenminister am Ende seiner Twitter-Nachricht – „Ehre der Ukraine!“ – ein Ausruf der  „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN) um Stepan Bandera während des Zweiten Weltkriegs.

Bandera: Volksheld oder Nazi-Kollaborateur?

Bandera ist in der Ukraine äußerst umstritten. Während der westliche Teil des Landes ihn als Volksheld und Unabhängigkeitskämpfer verehrt, gilt er in der Ostukraine als Nazi-Kollaborateur, Kriegsverbrecher, Terrorist, Faschist und Antisemit. Ähnlich fällt die Bewertung in Russland und Polen aus, schrieb der „Spiegel“ vor drei Jahren. Doch was macht ihn so kontrovers?

Eine Bushaltestelle in der Nähe von Lviv in der Westukraine. An der Wand steht: „Heil der Ukraine! Heil den Helden!“ 16. September 2014. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Bereits vor dem Krieg sicherte Bandera Adolf Hitler seine Unterstützung im Kampf gegen die Sowjetunion zu. Die Ukraine war zu dieser Zeit zweigeteilt: Der Westen gehörte zu Polen und der Osten zur Sowjetunion. Bandera wollte eine unabhängige Ukraine mit einer ethnisch reinen ukrainischen Bevölkerung und verbündete sich deshalb mit Hitler.

Im Juni 1941 nahmen die OUN-Kämpfer die Gebiete im Westen der Ukraine ein. Am 30. Juni 1941 war Lwiw (Lemberg) in ihrer Hand. Am gleichen Tag riefen sie eine unabhängige Ukraine aus. Während ihres Vorstoßes führten sie Pogrome gegen Polen, Russen und Juden – zehntausende Menschen wurden getötet.

Als die Wehrmacht in Lemberg einmarschierte, wurde sie von der OUN freudig empfangen, berichtete die „ARD“ im Jahr 2014. Auf dem Stadttor ragte die ukrainische Fahne und die Aufschriften „Heil Hitler!“ und „Es lebe Bandera!“. Der „MDR“ berichtete im vergangenen Jahr.

https://twitter.com/LeonardFor/status/901354111349776384

Drittes Reich gegen unabhängige Ukraine – Bandera ins KZ gesteckt

Die Nazis wollten jedoch keine unabhängige Ukraine. Bereits am 6. Juli 1941 verhafteten sie die OUN-Spitze samt Bandera. Einige wurden erschossen, andere in KZ gesteckt. Bandera selbst kam ins KZ Sachsenhausen und blieb dort bis 1944, schreibt der „MDR“.

Seine OUN-Kämpfer, die mit der Wehrmacht kollabierten, verweigerten 1942 den Schwur auf Hitler und starteten als die „Ukrainische Aufständische Armee“ (UPA) den Partisanenkampf. Dabei kämpften sie mit jedem gegen jeden: Mal verbündeten sie sich mit der Wehrmacht, um gegen die Sowjetunion und die Polen zu kämpfen. Mal kämpften sie auf der Seite der UdSSR gegen das Dritte Reich.

Ukrainische Nationalisten demonstrieren im Gedenken an die Gründung der UPA. 14. Oktober 2014, Kiew, Ukraine. Foto: GENYA SAVILOV/AFP/Getty Images

Ihr Ziel war eine unabhängige ukrainische Ukraine. Dabei war „Slawa Ukraini!“ ihr Motto – ein Ausruf in der Zeit der unabhängigen Ukrainischen Volksrepublik von 1917 bis 1920. Ursprünglich war die Erwiderung „Ukraini Slawa!“ – „Ruhm der Ukraine!“. Unter den UPA galt als Antwort: „Herojam Slawa!“ – „Heil den Helden!“ Ab 1943 gab es eine ukrainische Division der Waffen-SS (SS-„Galizien“), die diesen Gruß ebenfalls benutzte.

SS-„Galizien“ wurde am 28. April 1943 gegründet. Foto: Jörg Cölsmann/Screenshot/YouTube

Bis heute wird in Lemberg der Division  SS-„Galizien“ gedacht. Foto: Jörg Cölsmann/Screenshot/YouTube

Bandera befand sich währenddessen noch in deutscher Gefangenschaft. Für seine Anhänger ein klarer Beweise, dass er kein Nazi-Kollaborateur, sondern ein Freiheitskämpfer war, so die ARD.

1944: Bandera kommt frei – soll Nazis im Kampf gegen UdSSR unterstützen

Doch 1944 kam Bandera frei – unter einer Bedingung: Er sollte im November 1944 ein ukrainisches Nationalkomitee gründen und an der Seite des Dritten Reiches gegen die Rote Armee kämpfen, erklärt laut der ARD der Historiker Prof. Günter Morsch. Er ist Leiter der Gedenkstätte in Sachsenhausen.

Nach dem Krieg änderte Bandera seinen Namen und lebte in München, bis er 1959 von einem KGB-Agenten umgebracht wurde, so der MDR.

Euro-Maidan: „Rechter Sektor“ hängt Banderas Portrait im Kiewer Rathaus auf

Während des Euro-Maidan in Kiew stürmte der sogenannte „Rechte Sektor“ die Präsidentenverwaltung und das Parlament, berichtete der MDR. Die Kernorganisation des „Sektors“ heißt „Dreizack namens Stepan Bandera“. Als sie das Kiewer Rathaus stürmten, hängten sie dort laut des MDR sofort das Portrait von Stepan Bandera auf.

Im Westen der Ukraine sind viele Straßen nach Bandera benannt, es stehen Bandera-Büsten, Bandera-Statuen und es gibt ein Bandera-Museum.

Ukrainische Nationalisten feiern den 105. Geburtstag von Stepan Bandera. 1. Januar 2014, Kiew, Ukraine. Foto: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images

Bandera-Statue in Lemberg. Foto: Jörg Cölsmann/Screenshot/YouTube

Bedeutung des Wortes „slawa“

Wörtlich übersetzt, bedeutet „slawa“ „Ehre“,  „Ruhm“, „Glorie“, aber auch „Feier“, „Glanz“ und einiges mehr. Wegen der Verbreitung von „Slawa Ukraini!“ im Rahmen ethnischer Säuberungen im Zweiten Weltkrieg und bei der OUN, UPA und der SS-„Galizien“ gilt es als das Pendant zu „Heil Hitler!“ oder „Sieg Heil!“ – ergo „Heil der Ukraine!“.

Der Ausruf „Slawa Ukraini!“ ist auch heute weiterhin kontrovers. Während er für die einen als das Grußwort der ukrainischen Nationalisten gilt, ist er für die anderen ein Ausruf für eine unabhängige Ukraine. Diese beiden Standpunkte sind auch in den Kommentaren unter Gabriels Grußworten vertreten.

Gabriel: Dank Euro-Maidan bekennt sich Ukraine zu gemeinsamen europäischen Werten

Der Ausruf „Slawa Ukraini!“ steht im Zusammenhang mit Gabriels voller Grußbotschaft. Sie wurde in einer Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes veröffentlicht.

Deutschland habe die Ukraine seit 25 Jahren unterstützt, heißt es darin. „Die Revolution der Würde auf dem Maidan haben wir mit großer Anteilnahme verfolgt. Wir begrüßen es sehr, dass die Ukraine sich unseren gemeinsamen europäischen Werten von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit verschrieben hat“, so Gabriel.

Seitdem habe sich viel getan: „Im Juni ist die Visa-Freiheit für ukrainische Staatsbürger für Reisen in die EU in Kraft getreten. Dies ist Anlass zur Freude“, so der Bundesaußenminister.

Gabriel: „Integrität und Souveränität der Ukraine sind nicht verhandelbar“

„Gleichzeitig müssen wir feststellen: Unser gemeinsamer Traum vom großen Frieden nach Ende des Kalten Krieges ist nicht wahr geworden. Gerade die Menschen in der Ukraine bekommen das zu spüren. Wir stehen fest an ihrer Seite. Die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine sind nicht verhandelbar. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland werden wir nicht anerkennen“, heißt es in der Mitteilung.

„Alle Ukrainer verdienen ein selbstbestimmtes Leben in Frieden, Sicherheit und Freiheit!“, so Gabriel.

Ein Video über die Verehrung Banderas in der Westukraine:

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Polens Grußworte: Nichts Kontroverses

Die polnische Regierung verzichtete unterdessen in ihren Grußworten auf Kontroverses: „Frohen Unabhängigkeitstag Ukraine! Polen war das erste Land, das die ukrainische Unabhängigkeit 1991 anerkannte“, twitterte das polnische Außenministerium am 24. August.



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