Hannover: Kritik und Proteste gegen Abschiebung von 47 Irakern

Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl sind 47 Iraker aus Deutschland abgeschoben worden. Wie Agenturen mitteilten, startete ein Charterflugzeug der türkischen „Freebird Airlines“ am Montagmorgen laut Tracking-Portal Flightradar um 9:18 Uhr mit etwas mehr als einer Stunde Verspätung von Hannover aus in Richtung Bagdad. Die Polizei begründete das mit den niedrigen Temperaturen. So habe der Jet zunächst enteist werden müssen. Andere Quellen sprechen von 50 Abgeschobenen.
Flüchtlingsrat: Auch in Deutschland integrierte Menschen abgeschoben
Den Abschiebeflug begleiteten Proteste des Flüchtlingsrats Niedersachsen, der Seebrücke und des Netzwerks gegen Abschiebung. Laut Flüchtlingsrat befand sich an Bord der Maschine auch ein 30 Jahre alter Jeside, der nach wie vor im Irak verfolgt würde. Der Mann stamme aus der Region Shingal, in der sich 2014 der Genozid an der ethnisch-religiösen Minderheit durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ereignete.
Außerdem seien nicht nur Straftäter, sondern auch in Deutschland integrierte Iraker abgeschoben worden, schreibt die „Bild“. Die abgeschobenen Asylbewerber kamen aus insgesamt elf Bundesländern. Allein 16 lebten in Niedersachsen.
Oda Becker vom „Netzwerk gegen Abschiebung“ sieht die Aktion als „Wahlkampfmanöver“. Es seien keine Straftäter abgeschoben worden, „sondern Leute, die hier seit Jahren in Deutschland leben, hier arbeiten, hier ein ganz normales Leben haben, hier ihre Familien haben und im Irak. Also gerade die jesidischen Menschen sind noch einer Menge Gefahren ausgesetzt“, zitiert der „Focus“ sie.
Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums lief der Abschiebestopp für Jesiden im Dezember 2024 aus. Grundsätzlich sei es möglich, dass sich an Bord daher auch Jesiden befanden. Bestätigen wollte das Ministerium dies laut NDR allerdings nicht.
Die Zahl der abgeschobenen Iraker hat sich mehr als verdoppelt
Laut Epoch Times wurden im vergangenen Jahr 699 Menschen in ihre Heimat zurückgebracht. Die Zahl der Abschiebungen in das arabische Land hat sich damit mehr als verdoppelt. Im Jahr zuvor waren 300 vollziehbar Ausreisepflichtige unter Zwang in den Irak zurückgekehrt. Insgesamt haben die Bundesländer in Kooperation mit der Bundespolizei im vergangenen Jahr 20.084 Menschen abgeschoben – 22 Prozent mehr als 2023.
In 5.827 dieser Fälle ging es um sogenannte Dublin-Überstellungen. Dabei wird ein Schutzsuchender in einen anderen Staat der Europäischen Union gebracht, der für sein Asylverfahren verantwortlich ist. Hauptzielländer der Abschiebungen aus Deutschland waren Georgien und Nordmazedonien. Die Türkei belegte 2024 den dritten Platz, gefolgt von Albanien und Serbien.
Nach den Anschlägen von mutmaßlichen Tätern aus Afghanistan in Aschaffenburg und München mit vier Toten werden verstärkt Rufe nach Abschiebungen in das Land am Hindukusch laut. Die „Tagesschau“ vermeldete am 25. Januar 2025 – drei Tage nach dem Anschlag von Aschaffenburg –, dass die Bundesregierung noch vor den Wahlen am 23. Februar 2025 einen weiteren Abschiebeflug mit Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan plane.
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte damals: „Die Bundesregierung arbeitet intensiv daran, erneut über einen regionalen Schlüsselpartner eine solche Maßnahme zu ermöglichen.“ Dass die Maßnahme im Zusammenhang mit der anstehenden Wahl stehe, dementierte der Sprecher.
Hebestreit: Kein Abschiebeflug nach Afghanistan vor den Wahlen
Mittlerweile hat sich das Thema schnelle Abschiebung jedoch erledigt. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit Ende der vergangenen Woche mitteilte, sie kein Flug vor den Wahlen mehr geplant. Dazu könne er keine „übermäßigen Hoffnungen machen“, zitierte ihn „n.tv“ am 14. Februar. Doch arbeite die Bundesregierung aber „intensiv“ an der Vorbereitung.
Hebestreit nannte schwierige Absprachen in dem von den Taliban regierten Land als Grund für die Verzögerungen. „Aufgrund der besonderen Gemengelage ist das nicht ganz einfach“, so der Regierungssprecher. Deutschland sei auch mit internationalen Partnern im Gespräch, doch könne er „nicht genau sagen, wie schnell das dann geht“.
Einen ersten Abschiebeflug nach Kabul nach der Machtübernahme hatte es Ende August 2024 gegeben. Wie Epoch Times berichtete, wurden 28 Straftäter mit einem Handgeld von bis zu 1.000 Euro ausgestattet und zurückgeschickt.
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