Hanf: Neben THC auch CBD als Betäubungsmittel eingestuft
Die Ampel-Koalition möchte Cannabis legalisieren. Zwar haben sowohl die Grünen als auch die FDP zum Jahresanfang Druck auf Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ausgeübt und zur Eile gedrängt – im Moment tritt das Projekt aber auf der Stelle.
Für viele Beobachter war daher eine kürzlich gefällte Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) in Leipzig spannend. Zwar konnten die Richter nur nach Maßgabe der geltenden Gesetze entscheiden. Trotzdem schwang bei manchem Befürworter der Legalisierung die Hoffnung mit, dass die aktuellen Diskussionen auf Bundesebene nicht gänzlich ohne Einfluss auf die Richter bleiben würden.
Missbrauch muss ausgeschlossen sein
Ganz unberechtigt war die Hoffnung dann auch nicht. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2021. Hier hatten die Richter über die Strafbarkeit von Hanftee und Nutzhanfblüten zu entscheiden. Das Urteil des Landgerichts Braunschweig wurde damals aufgehoben. Dieses hatte die Angeklagten wegen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Bei den Verurteilten handelte es sich um die Betreiber eines Ladenlokals in Braunschweig. Diese verkauften dort unter anderem auch Hanftee aus EU-zertifiziertem Nutzhanf gewonnene Cannabispflanzenteile mit geringen THC-Gehalten (0,08 bis 0,33 Prozent). Nachdem die Polizei ihren Laden daraufhin durchsucht hatte, verkauften die Betreiber ihr Produkt trotzdem weiter.
Der BGH hatte sich im Fall der Braunschweiger Hanfbar der Auffassung der Braunschweiger Richter angeschlossen, dass es sich bei dem Tee aus Nutzhanfblüten um ein Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG) handele. „Entgegen der Auffassung des Landgerichts verbietet diese Ausnahmevorschrift zwar nicht grundsätzlich den Verkauf an Endabnehmer zu Konsumzwecken. Jedoch muss ein Missbrauch des Cannabisprodukts zur Berauschung ausgeschlossen sein”, hieß es damals in der Pressemitteilung des BGH. Allerdings sei es weiterhin strittig, ob die Betreiber der Hanfbar vorsätzlich handelten. Deshalb wurde das Urteil des Landgerichts aufgehoben.
Urteil von Anwälten unterschiedlich interpretiert
Anwälte hatten das Urteil damals sehr unterschiedlich interpretiert. Kai Friedrich Niermann, der sich als Anwalt schon seit langer Zeit für die Legalisierung von Cannabis starkmacht, schrieb auf seinem LinkedIn-Account:
Solange der Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen ist, und Händler keinen Vorsatz im Hinblick auf einen möglichen Missbrauch haben, ist Abgabe und Besitz von jeglichen, unverarbeiteten Nutzhanf-Produkten an Endkonsumenten nicht vom Betäubungsmittelgesetz erfasst.“
Deutlich zurückhaltender gab sich Werner Siebers, einer der Anwälte der Hanfbar, in einem Blogbeitrag nach der Urteilsverkündung:
Na ja, die Revisionen gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (Verkauf von Hanftee) durch meinen Kollegen Jan Funck und durch mich waren für unsere Mandanten durchaus erfolgreich, zumal der 6. Strafsenat in Leipzig durchaus den Argumenten der Verteidigung gefolgt ist – allerdings nur auf der Vorsatzebene. Das bedeutet, unsere Mandanten können weiter auf einen Freispruch hoffen, aber alle anderen, die spekuliert haben, mit diesem Urteil sei zukünftig der Verkauf von Tee aus Nutzhanf legal, müssen eine herbe Enttäuschung hinnehmen.”
Jüngste BGH-Entscheidung eindeutig
Das jüngste Urteil des Strafsenats in Leipzig lässt es an Klarheit nun nicht mehr fehlen. Das Gericht hatte eine Entscheidung über die Strafbarkeit des Handels mit sogenannten CBD-Hanfprodukten zu fällen.
Angeklagt waren Teilhaber, Geschäftsführer und ein Mitarbeiter eines Berliner Unternehmens, das verschiedenste CBD-Produkte vertreibt. Das Landgericht Berlin ging davon aus, dass es sich dabei wegen des verbliebenen THC-Gehalts zwar um Betäubungsmittel handelt, dennoch sprach es die Angeklagten frei. Sie hätten ihre Produkte nicht zu Rauschzwecken verkauft. Auch hätten sie nicht absehen können, dass Kunden große Mengen der Produkte beispielsweise in Kekse einbacken, um eine Rauschwirkung zu erzielen. Gegen dieses Urteil des Landgerichts legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Der BGH hob die Freisprüche auf.
Grund für die Entscheidung ist aber nicht die geplante Legalisierung, sondern eine aus Sicht der Bundesrichter fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts in Berlin. Das Gericht in Berlin muss nun erneut entscheiden, ob sich die Männer wegen Drogenhandels schuldig gemacht haben.
Das Unternehmen Bunte Blüte hatte mehrere Kilogramm Cannabisblüten aus der Schweiz und Luxemburg importiert. Die Produkte hatten einen sehr geringen Gehalt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) und einen hohen Gehalt von CBD. Vertrieben wurden sie online und in Spätverkaufsstellen. CBD wirkt anders als THC nicht berauschend. Eine Lieferung beschlagnahmte schließlich der Berliner Zoll.
Der BGH stufte das Berliner Gerichtsurteil als „lückenhaft“ ein und hob es deshalb auf. Die Bundesrichter beanstandeten, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts in Berlin „rechtsfehlerhaft“ gewesen sei. Die Strafkammer habe sich nicht hinreichend mit den Aussagen der Angeklagten auseinandergesetzt.
Dem Bundesgerichtshof fehlt die Prüfung der Glaubhaftigkeit der Einlassungen der Angeklagten. Das Landgericht habe die Aussagen wörtlich wiedergegeben und ohne nähere Prüfung entschieden. Zudem fehlten Angaben, welche persönlichen Vorerfahrungen die Männer womöglich mit Rauschmitteln hatten.
BGH: CBD-Blüten fallen unter das Betäubungsmittelgesetz
Schon im Oktober des letzten Jahres hatte der Bundesgerichtshof über die Strafbarkeit des Handels mit CBD-Blüten entschieden und die Revision zweier Händler verworfen. In diesem Urteil wurde deutlich, dass der Bundesgerichtshof auch CBD-Blüten als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einstuft.
Bei CBD-Gras und CBD-Blüten handelt es sich um Teile der Hanfpflanze mit einem besonders hohen CBD-Gehalt sowie einem Anteil an weiteren Cannabinoiden und Terpenen. Im Gegensatz dazu ist der THC-Gehalt allerdings eher gering. Trotzdem, das macht auch das BGH-Urteil noch einmal deutlich, ist weder der Erwerb noch der Besitz von CBD-Blüten in Deutschland erlaubt.
In Europa unterschiedliche Regelungen
In anderen europäischen Ländern ist die Rechtslage völlig anders. Belgien ist eines der wenigen Länder, die solche Blüten erlauben. Diese können in Geschäften und Onlineshops problemlos erworben werden. Sie gelten allerdings als Tabakerzeugnis und werden dementsprechend mit 25 Prozent besteuert.
In Frankreich gab es 2021 ein Urteil des Kassationshofs – des höchsten Gerichts –, das den Verkauf von CBD-Blüten legalisiert, solange es aus EU-Ländern stammt.
In Luxemburg können CBD-Blüten ebenfalls legal erworben werden. Eine geplante vollständige Legalisierung von Cannabis bleibt aber wohl vorerst aus, da diese unvereinbar mit EU-Recht sei. So begründet zumindest die Regierung ihren Schritt, vorerst keine Legalisierung auf den Weg zu bringen. Genau das hatte die Regierung allerdings versprochen.
Die Schweiz gilt als „CBD-Zentrum“ in Europa. Blüten und CBD-Produkte, die weniger als ein Prozent THC enthalten, sind legal. Sie fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Nutzhanfprodukte unter der Ein-Prozent-Schwelle dürfen unter Berücksichtigung gewisser Auflagen legal verkauft und gekauft werden.
Eine relativ restriktive Bekämpfungsstrategie gegen illegale Drogen verfolgt Ungarn. Der Verkauf und die Verbreitung von Cannabis sind in Ungarn illegal. Wenn eine Person an der Verbreitung oder dem Handel mit Suchtstoffen (einschließlich Cannabis) beteiligt ist, kann sie mit einer Freiheitsstrafe von zwei bis acht Jahren rechnen.
Anders sieht es hingegen mit CBD aus. Das ungarische Recht besagt, dass CBD, solange es weniger als 0,2 Prozent THC enthält, als Hanf gilt. Somit sind der Konsum, der Kauf und der Verkauf von CBD legal.
Handlungsspielraum in Deutschland sehr eng
Der Spielraum für einen Handel mit Cannabisprodukten ist in Deutschland sehr eng. Das Betäubungsmittelgesetz stuft Cannabis grundsätzlich als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel ein. Ausnahmsweise verkauft werden dürfen Produkte mit einem THC-Gehalt von höchstens 0,2 Prozent. Dabei muss jedoch ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein. Dass die Bundesregierung eine Cannabis-Legalisierung anstrebt, spielt für die Verfahren bisher keine Rolle. Wer also erwartet, dass die politischen Diskussionen Einfluss auf Gerichtsentscheidungen haben würden, dürfte zumindest vom Bundesgericht enttäuscht sein.
Inzwischen hat Gesundheitsminister Lauterbach bekräftigt, den von ihm angekündigten Zeitplan für die Legalisierung von Cannabis einzuhalten. Sein Ministerium werde im ersten Quartal des Jahres eine „sehr gute Lösung“ vorlegen, sagte er der „Rheinischen Post“. Weiter sei er sich sicher, dass die EU seinem Vorhaben „grünes Licht“ erteilen wird.
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