Hamburger Justiz macht Aktenfund aus der NS-Zeit öffentlich

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Das Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg.Foto: istock
Epoch Times24. April 2019

Im Staatsarchiv Hamburg sind erstmals umfangreiche Akten über die Tätigkeit des Oberlandesgerichts (OLG) während der NS-Zeit öffentlich aufgetaucht. 460 Strafverfahren steckten in den Akten, von etwa 300 seien Dokumente aus der Nachkriegszeit überliefert, berichtet die Wochenzeitung „Die Zeit“ unter Berufung auf die Bestände des höchsten Gerichts der Stadt. Mehr als 150 von ihnen enthielten Originaldokumente aus der Nazi-Zeit.

Ihre Existenz überrascht, weil man bislang davon ausging, dass die Bestände des OLG kurz vor Kriegsende weitgehend vernichtet wurden. Es seien Vernehmungsprotokolle und Ermittlungsberichte der Gestapo, Anklageschriften, Urteilstexte, Strafvollzugsakten und Stellungnahmen der NSDAP.

Der Historiker Frank Bajohr, der selbst mehrere Jahre zum Nationalsozialismus in Hamburg geforscht hat, sieht darin „eine Quellengruppe von herausragender Bedeutung“. Viele der Verfahren hätten eine Denunziation als Ausgangspunkt.

Eine Wohnungseigentümerin habe ihre Mieter verpfiffen, weil sie „Kommunisten“ seien, heißt es in den Akten. Kunden hätten in einem Laden gehört, wie jemand ein Schmähgedicht auf die Anführer des Reichs zum Besten gegeben habe, und seien sofort zur Gestapo gelaufen. Ein Werftarbeiter habe seine Arbeitskollegen angezeigt, weil sie sich über angebliche „Judenmorde in Polen“ unterhielten. Eine Tante habe ihre Nichte denunziert, die als Krankenschwester arbeitet, weil diese deprimierende Erzählungen von Kriegsverwundeten weitergegeben habe, heißt es in den Akten weiter.

Akten über einzelne Täter

Die Akten brächten auch Geschichten von Tätern ans Licht, wie die eines Hamburger Staatsanwalts. Er habe auf Todesstrafe gegen einen Kommunisten plädiert. Ihm sei bescheinigt worden, er stehe politisch „unbedingt zu Staat und Bewegung“. Im Oktober 1944 habe ihn Adolf Hitler zum Oberlandesgerichtsrat befördert, heißt es in den Akten, über die die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet.

Nach dem Krieg hätten ihn die Alliierten dennoch entnazifiziert, er sei mit 55 Jahren in den Ruhestand gegangen und habe von der späten Beförderung profitiert – als ehemaliger Oberlandesgerichtsrat habe er eine höhere Pension erhalten. Vor einem deutschen Gericht habe sich kein Hamburger Jurist je verantworten müssen, berichtet die Wochenzeitung weiter. (dts)



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