Habeck will „ausgewählte“ Industriebetriebe mit „Klimaschutzverträgen“ umrüsten
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will ab dem kommenden Jahr mit milliardenschweren „Klimaschutzverträgen“ die deutschen Industrieunternehmen zur Umstellung auf klimafreundliche Produktionsweisen bringen. Es gehe darum, eine marktfähige „grüne Industrie“ zu entwickeln, sagte Habeck den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Um das zu schaffen, setzen wir im kommenden Jahr Klimaschutzverträge für die Industrie auf.“
Deutschland hatte seine Klimaziele vor dem Hintergrund des Bundes-Klimaschutzgesetzes weiter verschärft. Bis 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen um 65 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 sinken. Die Treibhausgas-Neutralität soll bereits im Jahr 2045 erreicht werden. [1]
Bei der Erreichung dieser Ziele spielt der Industriesektor eine wichtige Rolle. Mit 24 Prozent trug die Industrie im Jahr 2020 maßgeblich zu den nationalen Gesamtemissionen bei. Das Sektorziel für die Industrie entspricht einer Emissionsreduktion um 34 Prozent bis zum Jahr 2030. [2].
Die staatliche Förderung rege die nötigen Innovationen an und unterstütze die Unternehmen bei der Umstellung. Zudem helfe sie, die Nutzung von Wasserstoff voranzutreiben.
Mit den Klimaschutzverträgen stoßen wir ein neues Kapitel auf, Deutschland nimmt damit eine Vorreiterrolle ein“, so Habeck.
Förderung für 15 Jahre
Klimafreundliche Produktion sei häufig so kostenintensiv, dass Unternehmen nicht darauf umstellen könnten, weil sie andernfalls einen zu großen Kostennachteil im Wettbewerb hätten. Investitionen in klimafreundliche Produktionsverfahren seien dadurch hoch riskant, heißt es zur Begründung im Entwurf der Förderrichtlinie, die den Funke-Zeitungen vorliegt.
Konkret will Habeck deswegen bei großen Unternehmen mit hohem CO2-Ausstoß die Mehrkosten ausgleichen, die für eine klimafreundlichere Produktion entstehen. Auf diese Weise würde neue, transformative Technologie sehr viel schneller marktfähig. Im Rahmen der Klimaschutzverträge sollen sowohl Investitions- wie auch Betriebskosten über einen Zeitraum von 15 Jahren gefördert werden.
Sobald die klimafreundliche Produktion günstiger werde als die konventionelle, sollen sich die Zahlungen umkehren. Die geförderten Unternehmen sollen dann ihre Mehreinnahmen an den Staat zurückzahlen.
„Klimaschutzverträge sind damit ein sehr effizientes Förderinstrument, das transformative Technologien für Investoren und Finanzierer kalkulierbar macht und gleichzeitig vermeidet, dass der Staat weiter fördert, wenn dies nicht mehr notwendig ist“, heißt es im Richtlinienentwurf.
Voraussetzung für die Förderung durch einen Klimaschutzvertrag ist, dass die jeweiligen Unternehmen ausschließlich mit Strom aus Erneuerbaren Energien produzieren. Sofern Wasserstoff eingesetzt wird, muss dieser strengen Kriterien entsprechen. Aktuell befindet sich der Entwurf in der Abstimmung mit den Verbänden. Habecks Ziel ist ein Inkrafttreten der Förderrichtlinie im ersten Halbjahr 2023.
Thinktank „Agora Energiewende“ beriet in Sachen „Klimaschutz“
Wer berät den Bundeswirtschaftsminister in diesen Themen? Welche Unternehmen profitieren von der Förderung?
Die Transformierung hin zu einer treibhausgasneutralen Industrie werde politisch vorangetrieben und unterstützt. Laut der „Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V.“ schlägt die „Agora Industrie“ besonders große, kosteneffiziente Projekte vor, bei denen die „Klimaschutzverträge“ zum Tragen kommen sollen. Die in Frage kommenden Unternehmen sollen von „strategischer Relevanz“ sein und ein „signifikantes CO2-Minderungspotenzial“ aufweisen. Diese sollen dann zugleich die Transformation der gesamten Industrie vorantreiben.
Unter dem Namen „Agora Industrie“ arbeitet ein Team an Strategien für den Umbau der Stahl-, Chemie- und Zementindustrie zur Klimaneutralität. So lautet die Beschreibung der dahinter stehenden Denkfabrik „Agora Energiewende“, die 2012 gegründet wurde.
Der Gründungsdirektor der Non-Profit-Organisation, Rainer Baake, wechselte 2014 als Staatssekretär ins Bundeswirtschaftsministerium. Seine Nachfolge als Direktor trat Patrick Graichen an, zuvor Referatsleiter im Bundesumweltministerium. Im Dezember 2021 schied auch Graichen wie sein Vorgänger aus dem Amt, um als Staatssekretär ins Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter Minister Robert Habeck zu wechseln.
Geldquelle für deutsche Klimapolitik bleibt im Dunkeln
Wie im 2011 geschaffenen EU-Lobbyregister ersichtlich, erhielt die „Agora Energiewende“ im Geschäftsjahr 2021 die größte Finanzierungshilfe vom „Aspen Global Change Institute (AGCI) sowie der Stiftung „Mercator“. In beiden Fällen betrugen die Zuwendungen damals über vier Millionen Euro.
„Mercator“ sei in der Öffentlichkeit wenig bekannt, spiele aber hinter den Kulissen der deutschen Klimapolitik eine entscheidende Rolle, wie die taz bereits im letzten Jahr berichtete. Keine andere Stiftung investiere so viel Kapital und Arbeit in die deutsche Energiewende und die Debatten zur Zukunftsfähigkeit.
Über die letzten Jahre habe der Einfluss der Stiftung systematisch eine gesellschaftliche Gegenmacht zu Lobbygruppen für fossile Energieträger aufgebaut. Klimaschützer würden die Unterstützung und Transparenz der Stiftung Mercator loben, wenn es um die Umsetzung ihrer Projekte gehe, so die Zeitung damals. Die Finanzspritzen hätten aber einen Makel: Woher das Geld stamme, das die deutsche Klimapolitik vorantreibt, bleibe im Dunkeln.
Quellen:
[1] Deutscher Bundestag (2022): Drucksache 20/1150. Bericht nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung zur Steuerung des Klimaschutzes in Deutschland. https://dserver.bundestag.de/btd/20/011/2001150.pdf (abgerufen am 24.05.2022.)
[2] Bundesministerium für Umwelt; Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) (2021): Klimaschutz in Zahlen – Fakten, Trends und Impulse deutscher Klimapolitik, Ausgabe 2021. https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/klimaschutz_zahlen_2021_bf.pdf (abgerufen am 25.05.2022)
(mit Material der Nachrichtenagenturen)
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