Habeck will den Ökostrom-Anteil auf 80 Prozent und mehr verdoppeln
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sieht Fortschritte beim Ausbau des Ökostroms in Deutschland. Zugleich verkündet er noch ambitioniertere Ziele. Der Grünen-Politiker sagte kürzlich der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Ich bin nicht unzufrieden, wie das mit dem Ausbau der Erneuerbaren gerade läuft. Noch nicht zufrieden, das ist alles noch ein zartes Pflänzchen, und wir kommen hier wirklich aus dem Tal der Tränen. Aber die sind getrocknet und ein erstes Lächeln kann man sich schon wieder zutrauen.“
Dieses Jahr habe gezeigt, dass man wirklich vorangekommen sei, sagte Habeck. „Wir sind noch lange nicht durch. Aber wir haben große Gesetze gemacht, etliche große und kleine Stellschrauben gedreht, um Verfahren zu vereinfachen, Bürokratie schrittweise hinter uns zu lassen und schneller zu werden. Überall haben wir Bremsen gelöst.“
Zu viel Bürokratie ist sicherlich hinderlich, da sind sich die meisten einig. Sie allerdings, wie Habeck es formuliert, „hinter sich zu lassen“ wäre das andere Extrem. Bürokratie dient dazu, dass man nicht nach „Gutdünken“, sondern nach „klaren Vorgaben handelt“, beschreibt ein Bericht der Wirtschaftszeitschrift „Capital“. Zudem sorge Bürokratie für Sicherheit, Struktur und „faire Bedingungen am Markt“. Bürokratie und Dokumentationen sorgen demnach auch für eine „Vermeidung von Fehlern“.
Länder sollen mehr Flächen bereitstellen
Ein Ziel der Bundesregierung beim Ökostrom-Ausbau ist es, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Stromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf mindestens 80 Prozent zu steigern. In diesem Jahr waren es nach ersten Branchenberechnungen rund 47 Prozent, im dritten Quartal 44,4 Prozent.
Die Bundesregierung hat umfangreiche Gesetzesänderungen für einen schnelleren Ausbau beschlossen. So sollen zwei Prozent der gesamten Bundesfläche an Land für Windräder ausgewiesen werden. Die Länder sollen in den kommenden Jahren mehr Flächen bereitstellen. Für die einzelnen Länder gelten unterschiedliche Ziele, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie gibt.
In diesem Jahr würden die Zielvorgaben erfüllt, sagte Habeck. „Die sind nicht so hoch wie die Jahre danach, aber es ist ein guter Ausgangspunkt fürs nächste Jahr. Und das, nachdem es in den letzten Jahren kaum vorangegangen ist. Im nächsten Jahr muss es dann mehr werden, und dann noch mal mehr. Aber die Entwicklung zeigt in die richtige Richtung.“
Sind 10 Gigawatt Windenergie pro Jahr realistisch?
Habeck verwies auch auf ein Maßnahmenpaket mit Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Dadurch seien zusätzliche Flächen durch eine bessere Vereinbarkeit von Windrädern mit Anlagen zur Funknavigation und Wetterradar geschaffen worden. Dies mache kurz- bis mittelfristig den Weg frei für bis zu fünf Gigawatt (GW) zusätzliche Windleistung. Die Windenergiebranche rechnet im gesamten Jahr 2022 mit einem Ausbau von 2,3 bis 2,4 GW.
Wo gibt es noch freie Flächen? Je nach Festlegung der Abstandsflächen zu Siedlungen und Gebäuden ist der Raum begrenzt. Hier eine Karte zum Zoomen von Datenanalyst Michael Kreil: rot markiert sind die Abstände um Wohngebäude und Ortschaften, die nicht bebaut werden dürfen. Weiß die Flächen, auf denen ein Zubau möglich ist.
Um die Klimaziele zu erreichen, hält Habeck einen Zubau von 10 Gigawatt pro Jahr für notwendig. Dazu müssten an jedem der 250 Arbeitstage im Jahr acht moderne Windräder mit je 5 GW Leistung aufgestellt werden, 2.000 große Windräder pro Jahr.
Laut „Handelsblatt“ war das Bau-Maximum in Deutschland zwischen den Jahren 2014 und 2017. In dieser Zeit wurden jährlich rund 1.500 Windräder errichtet. Damals hatte die Windenergiebranche jedoch noch nicht die heutigen Probleme wie Lieferschwierigkeiten, Personalmangel oder die enorm hohen Energiekosten.
Zehn Gigawatt Zubau pro Jahr sind natürlich eine wirklich hohe Zahl“, gab Habeck zu. „Das haben wir noch nie geschafft in Deutschland, da waren wir noch nie, und das dauerhaft verstetigt.“
Es gebe eine Reihe von konkreten Regelungen, die Windräder für die Anwohner, die Bürger und die Landkreise attraktiver machten, sagte Habeck. „Es gibt eine besondere Förderung noch einmal für Bürgerwindparks. Das ist einer der Fehler der letzten Jahre gewesen, dass man zwar Flächen bereitgestellt hat. Und dann kam irgendeine Firma und hat die Dinger hingestellt. Die Bürger haben die Last getragen, aber nichts davon gehabt, außer dem guten oder nicht so guten Gefühl, Teil der Energiewende zu sein und Klima und Energie zu produzieren.“
Grüne Wortschöpfung: Die „Klimawattstunde“
Die Kommunen hätten nun das Recht bekommen, an den Gewinnen der Windparkbetreiber teilzuhaben. Dazu sagte der Minister:
Diese finanzielle Beteiligung der Kommunen in Höhe von 0,2 Cent pro Klimawattstunde können die Kommunen dann für anderes nutzen, zum Beispiel, um das Schwimmbad oder Freibad zu sanieren. Wir stärken die regionale Wertschöpfung über die erneuerbaren Energien.“
Es stellt sich die Frage, was Habeck mit „Klimawattstunde“ meint. Eine Korrektur oder Klarstellung auf der Website der Bundesregierung gibt es derzeit nicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass Politiker ein Wort erfinden. Auch das Wort „Hochrisikotechnologie“ wurde zwar von vielen Medien zitiert, im Duden ist es aber nicht eingetragen.
Vermeintlicher Standortvorteil ist ein realer Nachteil
Habeck verwies bezüglich der Windparks auf einen angeblichen Standortvorteil: „Die Unternehmen werden Regionen aufsuchen und bevorzugen, die eine hohe Dichte an erneuerbaren Energien haben.“
Was die Energiewende bisher allerdings bewirkte, beschreibt ein Bericht von „Business-Leaders“. Demnach können viele Betriebe, Selbstständige und Unternehmen „die aktuellen Kostenexplosionen nicht mehr tragen. Dazu kommt die Gefahr von Blackouts durch eine Strommangellage.“ Die Folge seien „Insolvenzen oder die Abwanderung der Unternehmen ins Ausland.“
Auch Dr. Benny Peiser von der Global Warming Policy Formation erklärte kürzlich, dass momentan das genaue Gegenteil wie bei der industriellen Revolution geschieht. Damals sei „billige Energie, vor allem Kohle“, die Triebfeder für das Wachstum gewesen. Heute sorge die teure Energie für eine Deindustrialisierung in Europa.
Mit Blick auf eine Einigung auf EU-Ebene kurz vor Weihnachten sagte Habeck, es sei ein „bisher beispielloser“ Booster für den schnellen Ausbau und die Genehmigungen erreicht worden. Er verwies zudem darauf, dass die Vergütung für die erneuerbaren Energien für dieses und das nächste Jahr „inflationsangepasst“ worden sei. Die Bundesnetzagentur werde die Höchstwerte für die Ausschreibungen im kommenden Jahr für Wind und Photovoltaik um 25 Prozent erhöhen.
Wer in Deutschland Wind- oder Solarparks mit staatlicher Förderung bauen will, kann in Ausschreibungen Gebote abgeben. Die Höchstwerte sollen nun deutlich angepasst werden.
„Bei den Genehmigungen Tempo machen“
„Das verbessert die Wirtschaftlichkeit der Projekte deutlich und gibt nochmal mehr Schub“, betonte Habeck. „Und ich hoffe darauf, dass viele Anträge gestellt und genehmigt werden. Wichtig ist da natürlich, dass die Länder mitziehen und das Ihrige tun, um bei den Genehmigungen Tempo zu machen.“
Bisher gibt es beim Ausbau der Windkraft an Land ein Nord-Süd-Gefälle, wie aus einem Bund-Länder-Kooperationsausschuss hervorgeht.
„Ich habe Anfang des Jahres Bayern besucht, ein Land, das beim Windkraftausbau nicht an der Spitze Deutschlands war“, sagte Habeck. „Da sind sie jetzt immer noch nicht.“ Aber Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) rühme sich, dass Bayern Boomland für Windenergie werde. „Das hätte er sich vor Jahren noch nicht getraut, zu sagen.“ Bayern hatte eine strenge Regel zum Abstand von Windrädern zu Wohngebieten gelockert.
(Mit Material von dpa)
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