Habeck sieht deutsche Wirtschaft in einer „strukturellen Krise“ – und will mit Elektrofahrzeug Geld verdienen
Am Mittwoch kam Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beim Jahrestreffen des World Economic Forum (WEF) in Davos (Schweiz) an. Wie es in einer Pressemitteilung seines Hauses hieß, wollte er Vor-Ort-Gespräche mit seinen Amtskollegen aus Großbritannien (Jonathan Reynolds), der Ukraine (Julija Swyrydenko) und Moldau (Dumitru Alaiba) führen.
In Davos diskutierte Habeck am Mittwoch in einem öffentlichen Panel mit der EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Vertretern aus der Wirtschaft darüber, wie Europa auf die momentan vielfältigen Herausforderungen reagieren sollte, damit der Kontinent wieder zu neuer Dynamik gelangt.
Deutschland muss sich „ökonomisch neu erfinden“
Bevor er vor den globalen Wirtschaftseliten spricht, tritt Habeck allerdings noch einmal für ein Statement vor die Fernsehkameras. Vor dem Hintergrund des Amtsantritts von Trump macht der Vizekanzler, der auch Kanzlerkandidat seiner Partei ist, deutlich, dass ein unabhängiges Europa wichtig sei. „Wir müssen Deutschland auf Vordermann bringen und uns ökonomisch neu erfinden“, so Habeck. Weiter geißelt Habeck „Unflätigkeiten“ von Kabinettsmitgliedern, die er allerdings nicht weiter nennt, die an die neue US-Regierung gerichtet seien. „Klarheit heißt nicht, dass man sich danebenbenehmen muss“, stellt Habeck fest.
Auf dem Podium mit EZB-Chefin Lagarde, den Konzernchefs der Unternehmen L’Oréal und Merck im Davoser Kongresszentrum gibt sich Habeck dann sehr demütig. Offen gibt er im Gespräch zu, dass er die Probleme der deutschen Wirtschaft am Anfang missverstanden habe. „Ich musste es selbst erst lernen“, so Habeck. „Wir übersahen, dass dies nicht eine kurzfristige zyklische Krise ist, sondern eine strukturelle Krise.“ Seit 2019 wachse die Wirtschaft nicht mehr. Deutschlands Wachstumspotenzial, so Habeck, sinke aber seit anderthalb Jahrzehnten, weil man die Chancen, die man hat, nicht ausreichend nutzt. Man sei risikoscheu, so der Grünen-Politiker.
Neue Unternehmen, die in Deutschland gegründet werden, müssen für Wachstum ins Ausland gehen, meistens in die USA. In Deutschland erhielten sie keine Investitionen, so Habeck. Deutschland müsse sein Geschäftsmodell neu erfinden. Früher habe dieses auf dem Bezug von billigem Gas aus Russland und auf offenen Märkten beruht. „Das russische Gas fließt nicht und, ich glaube, wird nicht mehr fließen.“ Die USA und andere Länder würden nun dazu neigen, ihre Märkte zu schließen.
China drängt aggressiv in die Märkte
Weiter machte Bundeswirtschaftsminister Habeck darauf aufmerksam, dass gerade China sich anschicke, in Märkte zu drängen, in denen „wir glauben, technologisch führend zu sein.“ China nutze Subventionen und agiere sehr aggressiv. Habeck nannte in diesem Zusammenhang die deutsche Autoindustrie, die zunehmend bei der Elektromobilität den Anschluss verliere. Die Moderatorin fragte Habeck daraufhin, wie er der deutschen Automobilindustrie helfen möchte, um sie wettbewerbsfähig zu machen.
Habeck schmunzelte, wie die „Berliner Zeitung“ schreibt: „Das ist eine lustige Frage“, sagt er, denn „ich werde normalerweise dafür kritisiert, dass ich der Industrie zu viel helfe.“
Um der deutschen Autoindustrie helfen zu können, müsse sie selbst günstige Elektrofahrzeuge produzieren, betonte Habeck. „Das können wir nicht übernehmen. Wir können jedoch bessere Rahmenbedingungen schaffen. Insbesondere die Idee, die Batterien in Elektrofahrzeugen als Teil des Energiesystems zu nutzen, sodass man mit einem Elektrofahrzeug Geld verdient, indem es als Speicherkapazität im Netz dient.“ Habeck arbeite an diesen regulatorischen Rahmenbedingungen.
Einen weiteren Schritt sieht Habeck darin, „den Strom wirklich günstig zu machen“, indem man die Preise „von Steuern und Netzgebühren befreit“. Aber dafür müsste Deutschland erst neue Wege finden, die Netzinfrastruktur zu finanzieren. Generell sieht Habeck Deutschland auf einem guten Weg, die Energie grün und klimaneutral zu machen. Je grüner der Strom, desto günstiger sei er auch, glaubt der Grünen-Politiker.
Eigene Plattformen in Europa machen
Als Robert Habeck dann auf den, wie es Habeck in Davos selbst nennt, „European way of life“ und die europäischen Werte zu sprechen kommt, da verfällt der Vizekanzler in die Rolle des Belehrenden, wie die „Welt“ schreibt. Ihm sei auch die „Selbstkontrolle“ abhandengekommen, so „Welt“ weiter. „Austria is a mess, I would say“, befindet er. „Mess“ kann man als „Chaos“ oder „Schlamassel“ übersetzen oder auch als „Katastrophe“.
Dann knüpft sich Habeck die USA unter dem neuen Präsidenten Trump vor. Mit dem Satz „Drill, Baby, drill“ hatte Trump in seiner Rede zur Amtseinführung am Dienstag einen neuen Boom der fossilen Energien in den USA versprochen. In Davos macht Habeck deutlich, dass er dieses Trump-Versprechen für gleichbedeutend mit „Burn, planet, burn“ hält.
Dann kommt Habeck auf die großen Techplattformen in den USA zu sprechen. „Wir sollten nicht ihre Technik regulieren, sondern unsere eigenen machen“, sagte Habeck mit Blick auf die großen Techplattformen wie X, Google, aber auch TikTok. „Wo ist das deutsche oder das europäische Google oder Amazon? Es ist nicht da, es ist nicht da.“
Europa, so Habeck, müsse nun seine eigene Big-Tech-Landschaft bekommen. „Dies ist so wichtig, dass wir jetzt mehr dieser Techniken erfinden in Europa und Deutschland.“ Und weiter: „Wir müssen es hier in Europa tun, und wir müssen es jetzt tun, wir haben nicht viel Zeit.“ Wie das aber konkret funktionieren soll, das erläuterte Habeck in Davos nicht.
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